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Dawning Sun (German Edition)

Dawning Sun (German Edition)

Titel: Dawning Sun (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt
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der Pause auf ihn zusteuerte, stand Tom auf und ging davon. Deutlicher konnte man nicht ausdrücken: „Lass mich in Ruhe!“
Es tat weh. Josh war sich sicher, dass er nicht verliebt war – so schnell verliebte man sich doch nicht, oder? – und trotzdem riss es ihn in Stücke, von dem Menschen zurückgewiesen zu werden, dem er sich anvertraut hatte. Zum zweiten Mal in solch kurzer Zeit.
Josh suchte sich eine stille Ecke, wo er die Pause verbringen konnte, ohne belästigt zu werden.
Dass das ein schwerwiegender Gedankenfehler war, wurde ihm klar, als sich ohne Vorwarnung Nico vor ihm aufbaute. Josh sprang auf die Füße, aber Entkommen war unmöglich.
„Wir müssen reden“, zischte Nico, die Hände beidseitig von Joshs Kopf aufgestützt. Nico war größer als er und verbrachte seine Zeit mit Fußball und Krafttraining, was man ihm ansah. Josh war selbst kein Schwächling, bloß half ihm das jetzt nicht.
„Warst du bei der Polizei?“
„Was? Nein!“
„So soll es auch bleiben. Die Nummer mit der Flasche geht keinen was an, klar?“
„Lass mich einfach in Ruhe“, stammelte Josh, in dem die Panik aufwallte. Das Gefühl gefangen zu sein, bedroht zu werden, war unerträglich!
Nico grinste breit, er schien die Macht zu genießen, die er über ihn hatte.
Mit einem Mal wurde er fortgerissen. Josh starrte von Nico, der fluchend auf dem Boden lag, zu Tom, der gelassen über ihm stand, und zurück. Was zur Hölle …?
Nico sprang auf und ging mit geballten Fäusten auf Tom los. Der schien sich kaum zu bewegen, trotzdem lag Nico einen Atemzug später wieder auf dem Bauch.
„Er hat dich gebeten, dass du ihn in Ruhe lässt“, sagte Tom mit sanfter Stimme. Kein Spott, kein Triumph. Einfach nur entspannte Gelassenheit.
Nico schrie auf. Seine sorgsam gestylten dunklen Haare waren verwüstet, die weiße Jeans verdreckt. Bebend vor Zorn griff er Tom erneut an, versuchte sich dabei gedeckt zu halten. Vergeblich – ein kurzes Handgemenge und schon prallte er schwungvoll gegen die Wand, den Arm auf den Rücken gedreht.
„Wie machst du das, du Penner?“ Atemlos keuchend hielt Nico still, das sonst so hübsche Gesicht vor Schmerz verzerrt. Seine heiseren Flüche waren kaum zu verstehen.
„Elf Jahre Taekwondo helfen weiter.“ Tom gab ihn frei und klopfte ihm freundlich auf die Schulter.
„Lass ihn in Frieden. Das ist besser für dich, für ihn und für alle anderen auch.“
Schnaubend vor Wut starrte Nico ihn an, dann wirbelte er herum und rannte davon.
Josh hatte die ganze Zeit staunend zugesehen.
„Danke“, murmelte er, als er Toms Blick begegnete.
„Alles in Ordnung?“ Tom berührte ihn leicht an der Taille.
„Hmja. Nichts passiert. Danke noch mal“, sagte Josh.
Tom nickte ihm stumm zu – und ging weg.
Josh blieb zurück mit seiner Scham über die unkontrollierte Panik, seinem Hass auf Nico und viel zu vielen Fragen. Es fühlte sich nicht gut an, dass Tom ihn gerettet hatte. Besser wäre es gewesen, hätte er sich allein gegen dieses Arschloch durchgesetzt, statt sich wie ein Kleinkind einschüchtern zu lassen. Der Gedanke, dass Tom wie ein Schutzengel über ihn gewacht hatte, fühlte sich hingegen sehr gut an. Wenn er bloß wüsste …
     

7.
     
Mittagessen daheim war bislang jener Teil des Tages gewesen, den Josh am meisten geliebt hatte. Sein Vater versuchte dabei zu sein, wenn es irgendwie möglich war, da das Kantinenessen im Rathaus nicht mit den Kochkünsten von Joshs Mutter mithalten konnte. Sascha fuhr die über zwanzig Kilometer eine Tour von der Uni her, da das Mensaessen eine Zumutung war. Sie alle vier sprachen sich ab, damit ihre diversen Termine und Stundenpläne überein passten. Manchmal waren diese zwanzig bis dreißig Minuten am Tisch die einzige Zeit, wo sie zusammentrafen.
Seit jenem Tag vor über einer Woche war es eine Quälerei geworden, auf die Josh gerne verzichtet hätte. Bei jedem Bissen hatte er das Gefühl, dass sein Vater und Sascha ihn missbilligend betrachteten. Seine Mutter machte sich spürbar Sorgen um ihn. Er sprach nicht, wenn es nicht unbedingt sein musste und wurde nur selten in die Unterhaltung mit einbezogen. Das Gefühl von Familie war verloren gegangen. Josh war ein Fremdkörper, der geduldet, nicht erwünscht wurde.
Dabei bin ich derselbe wie vorher.
„Du isst ja gar nicht, geht es dir immer noch nicht gut, Schatz?“ Die sorgenvolle Stimme seiner Mutter riss ihn aus den trüben Gedanken.
Josh nickte mit hängendem Kopf, froh, dass er eine Ausrede hatte, den Teller von

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