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Dawning Sun (German Edition)

Dawning Sun (German Edition)

Titel: Dawning Sun (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt
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Schon seit Tagen stocherst du nur im Essen herum. Du willst nicht mit uns reden. Du grenzt uns aus, Josh, warum? Wir sind deine Familie. Warum schaltest du dein Handy aus und drückst zudem deine Mutter mitten im Gespräch weg? Was haben wir dir getan?“
„Gar nichts.“
„Dann hör gefälligst auf, uns wie deine Feinde zu behandeln!“
Josh fühlte sich zum Heulen. Diese Vorwürfe waren unfair!
Sein Vater kam auf ihn zu und fasste ihn an den Schultern. Es war kaum erträglich für Josh, berührt zu werden, doch wegschlagen konnte er die Hände, die ihn gefangen hielten, auf gar keinen Fall.
„Ich weiß, dass du im Moment in einer schwierigen Phase steckst. Bitte vergiss nicht, du bist nicht allein. Egal was passiert, du bist unser Sohn. Wir lieben dich, auch wenn du … anders bist.“
„Ja, Papa.“ Auf diesen Zusatz hätte Josh gerne verzichtet. Es klang nach wir lieben dich, auch wenn du Lepra, Cholera, Pest oder Homosexualität hast .
„Geh jetzt bitte auf dein Zimmer und denk darüber nach, was wir besprochen haben. Du wirst dich bei deiner Mutter entschuldigen.“
„Ja, Papa.“
Folgsam drehte er sich um und schlich die Treppe hoch. Rebellion. Ja, es war dringend Zeit für Rebellion. Nicht heute, nicht morgen, aber bald. Er hörte seine Eltern in der Küche reden. Über ihn. Über das schwule Sorgenkind.
Und morgen haut das schwule Sorgenkind wieder ab zu seinem schwulen Freund und macht dort lauter schwule Sachen!, dachte er sarkastisch.
Es klopfte an der Zimmertür. Wahrscheinlich hatte sein Vater etwas vergessen, was er ihm noch dringend vorwerfen wollte. Seine Mutter kam ganz gewiss nicht, bevor Josh sich nicht entschuldigt hatte.
Doch es war Sascha, der dort vor der Tür stand. Er war leichenblass, regelrecht verstört. Er hielt ein Netbook in der Hand.
„Was ist?“ Josh sprang alarmiert auf und wollte zu ihm, aber sein Bruder winkte ab.
„Setz dich“, sagte er mit unnatürlich hoch klingender Stimme.
„Was ist los?“ Josh taumelte zum Bett hinüber und versuchte sich für alles zu wappnen. Gab es eine Hetzkampagne im Internet gegen ihn? Fotomontagen, die irgendetwas Widernatürliches beweisen sollten? Oder schickte man Sascha Drohmails, weil der es wagte, einen Homo in der Familie zu haben? Herrgott im Himmel, in welchem Mittelalter lebten sie, dass solch eine Hexenjagd auf ihn veranstaltet wurde?
Sascha sank in den Schreitischstuhl und reichte Josh das Netbook. Seine Hände zitterten, fast hätte er das Gerät fallen gelassen.
„Sieh dir das Video hier an und sag mir, dass du das nicht bist“, presste er nach mehreren Anläufen hervor.
Joshs Denken setzte aus. Er spürte das gewaltsame Pochen seines Herzens, sonst nichts mehr. Nicht einmal Angst oder Fluchtreflex. Es war ein Youtube-Video. Eine wacklige Handyaufnahme. Zu sehen war ein nackter Junge, der schreiend am Boden lag, während Fäuste und Tritte auf ihn niederhagelten. Minutenlang.
Der liegt da, als wolle er gefickt werden, quäkte eine blecherne Stimme.
Guck mal, da hat einer `ne Flasche stehen lassen. Wollen wir dem Homo einen Gefallen tun und es ihm so richtig nett besorgen?
Bitte nicht, nein!
Halt still, du Wichser!
In grauenerstarrter Faszination sah Josh zu, wie er mit dem Gürtel gepeitscht wurde. Ihm war gar nicht bewusst gewesen, wie viele Schläge das tatsächlich gewesen waren, er zählte mindestens dreißig Hiebe. Eher mehr. Die Attacke mit der Flasche war ihm ebenfalls nicht so lang erschienen, das waren fast zwei volle Minuten! Man hörte ein fernes:
„Hört auf!“, von Leon, dann brach das Video ab. Kein einziger Angreifer war deutlich sichtbar gewesen. Auch Joshs Gesicht war nicht zu erkennen, die wenigen Male, wo er sich Richtung Kamera gedreht hatte, war er unkenntlich gemacht worden, genau wie bei den anderen auch.
Er legte das Netbook zurück in Saschas schlaffe Hände, der ihn hoffnungslos und flehend zugleich anstarrte.
„Da fehlt mindestens eine Minute“, sagte Josh. „Am Anfang. Vom Ende noch ungefähr eine halbe.“ Josh verstand selbst kaum, wie ruhig er war. Sollte statt Sascha nicht er jetzt im Schock dasitzen, mit flackerndem Blick und kaltschweißiger Stirn?
„Von wem hast du das?“, fragte er, als sein Bruder nicht reagierte.
„Man hat dir … und du konntest danach noch aufrecht gehen?“, flüsterte Sascha kaum verständlich.
„Ja, in mein Bett fliegen konnte ich leider nicht“, knurrte Josh ungeduldig. „Von wem hast du das?“
„Gott … oh mein Gott. Wir – Josh, du musst zur

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