Daylight oder wie der Tag zur Nacht wird
als der Regen laut und hart gegen die Fensterscheiben klopfte.
Anschließend hatten wir Sozialkunde. Unsere Lehrerin Mrs. Harley trat herein und fing sofort an, uns irgendetwas zu lehren, das ich nicht verstand.
Mit einem Ruck wurde die Tür aufgestoßen und Tess taumelte herein. Sie war ganz bleich und ihre Lippen waren rissig. An was das liegen mochte? Normalerweise pflegte sie sich gründlicher, als die schlimmste Zicke unserer Klasse. Heute waren ihre Haare durcheinander und sie sah so aus, als wäre sie nur kurz zu Besuch vorbei gekommen.
Ihr Lächeln war gespielt, aber das fiel nur mir auf. Mrs. Harley schüttelte verwirrt den Kopf und erwiderte das Lächeln ohne jeglicher Freude. Warum war Theresas Lächeln so gezwungen? Normalerweise war sie die Fröhlichkeit in Person. Ich kannte niemanden, der mehr lachen konnte.
"Setz dich."
Eilig huschte Tess auf ihren Platz neben mir.
"Mann Tess, was war das eben?"
Fragend blickte ich sie an. Ein kurzer seltsamer Gesichtsausdruck huschte über ihre Züge. Doch so unerwartet der Ausdruck kam, genauso schnell wurde er wieder von Gleichgültigkeit verdrängt. Sie zuckte mit den Schultern.
Was soll das? War das vorhin Angst gewesen?
Nein, ich musste mich geirrt haben. Tess war hart im Nehmen, egal was geschah. Tess war ein Fels im Fluss, der das Wasser zerteilte, ohne mit der Wimper zu zucken. Meine Freundin hat nie Angst. Zumindest wollte ich nichts anderes glauben.
"Komm schon Tess, bitte. Du weißt so gut wie ich, dass du mir vertrauen kannst."
Unsere hintere Banknachbarn warfen mir finstere Blicke zu. Ich ignorierte sie und sah Tess eindringlich an. Doch sie antwortete nicht. Ich stöhnte genervt auf.
Auf einmal beugte sich Tess vor, um die richtigen Hefte aus ihrer Tasche zu holen. Dabei rutschten ihre Haare von den Schultern. Dahinter blitzte etwas Weißes auf. Allem Anschein nach musste es ein Verband sein. Mein Atmen stockte. Ängstlich fragte ich Tess danach. Doch was bekam ich für eine Antwort?
"Verdammt Sandy, es ist nichts Schlimmes geschehen. Mich hatte eine Katze gekratzt, die ich auf den Armen hielt, als ein Hund mit seinem Herrchen vorüberging. Dieser fing an zu bellen. Die Katze hatte sich erschreckt und hatte wie wild gestrampelt. Dabei hatte sie mir tiefe Kratzer zugefügt, die bluteten. Ein Pflaster reichte nicht aus. Fertig, und jetzt hör bitte auf so blöde Fragen zu stellen.“
„ Psst. Seid verdammt nochmal still. Ich verstehe überhaupt nicht, was Mrs. Harley uns versucht zu erklären.“ Susi funkelte uns an.
„ Bitte!“, fügte sie energisch hinzu.
Ich tat mich schwer, keinen blöden Kommentar zurück zu fauchen, doch mit einiger Mühe gelang es mir. Eigentlich war es die Sorge um Tess, dass ich den Mund hielt.
Ich glaubte ihr nicht. Nein. Ich konnte nicht verstehen, warum sie mich anlog. Ich kannte sie seit dem Kindergarten und wir waren seit jeher beste Freunde gewesen. Niemals hatten wir einander etwas verschwiegen. Und nun das.
Ich glaubte es einfach nicht.
„Tess?!“
Das Fürchterlichste überhaupt kam. Sie warf mir einen vernichtenden Blick zu. Innerlich erschauerte ich und etwas Wut wurde in mir entfacht. Ich wollte mich wehren. War das noch meine Freundin? Mir kamen sobald die Zweifel.
Den Rest des Unterrichts döste ich vor mich hin, ließ jedoch Tess nicht aus den Augen. Ihre Bewegungen waren abgehakt und danach holte sie tief Luft. Als würde sie etwas stark schmerzen, so dass sie den Atem anhalten musste. Das konnte nicht ein Kratzer von einer Katze sein. Auch wenn er stark blutete.
Manchmal zuckte ihre Hand zum Verband, hielt jedoch mitten in der Bewegung inne und starrte mich wachsam an. Was konnte so schlimm sein, um verborgen werden zu müssen? So verging die restliche Unterrichtsstunde und die nächste war nicht besser.
Chemie bei Mr. Black, der von uns heimlich Blacki genannt wurde. Darauf hatten wir Englisch bei. Mrs. Mix. Sie war eine dicke pummelige Frau mit kurz-geschorenem Haar, die ihr braun und stachelig abstanden.
Ihr Merkmal war ihr Hintern. Dieser schwang beim gehen wahnsinnig hin und her. Doch diesmal lachte ich nicht. Heute war einfach nicht der Tag dafür.
Auch Tess lachte nicht.
Mir schien es, als wäre sie geistig schon lange fort. Ihr Blick war weit in die Ferne gerichtet. Tess wirkte wie ferngesteuert. Sollte ich noch einen Versuch riskieren oder sollte ich es lieber lassen? Ich versuchte es.
"Tess, bitte."
Ich flehte sie direkt an. Noch nie hatte ich jemanden richtig um
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