Days of Blood and Starlight
achten Unseligen mit Namen Akiva geben; Bastarde zu zeugen war nur eines von den vielen Dingen, die Joram nicht mehr tun würde, wenn diese Nacht vorüber war. Genauso wie er auch keine Kriege mehr anfangen würde. Und er würde nicht mehr atmen.
»Leg deine Waffe ab«, ordnete Byon an.
Das war nicht anders zu erwarten gewesen. In der Gegenwart des Imperators waren nur die Waffen seiner Palastwache erlaubt. Akiva trug nicht einmal seine beiden üblichen gekreuzten Schwerter auf dem Rücken – der Umhang, der zu seiner offiziellen Uniform gehörte, war dafür ohnehin nicht geeignet. Aber er hatte ein kurzes Schwert seitlich am Gürtel befestigt, nur um es demonstrativ abzulegen, wenn er dazu aufgefordert wurde – was er jetzt tat.
Genau wie er entledigten sich auch Hazael und Liraz ihrer Waffen.
Zumindest der sichtbaren.
Denn an Akivas Hüfte befand sich auf der anderen Seite ein weiteres Schwert. Es war unsichtbar, aber wenn jemand ihn genau beobachtet hätte, wäre ihm vielleicht ein leichtes Zucken in dem Schattenspiel an dem Bein aufgefallen, wo es hing, und natürlich konnte jeder, der ihm zu nahe kam, ihn durchsuchte oder umarmte, es fühlen – kalter Stahl. Doch in Akivas Augen war das Risiko dafür äußerst gering – zumindest, was die Umarmung anging. Im Falle einer Durchsuchung würde sich zeigen, dass der Imperator einen Verdacht gegen ihn hegte.
Hatte er den Bastardprinzen herbestellt, um ihn zu benutzen oder ihn bloßzustellen ? Akiva hielt dem prüfenden Blick des Seneschalls stand. Eine Leibesvisitation gab es nicht. Mit einem kaum wahrnehmbaren Nicken wandte Byon sich ab, und als er sich auf den Weg in den Turm der Eroberung machte, ging Akiva ihm nach, dicht gefolgt von Hazael und Liraz.
Ins Allerheiligste des Imperators. Hazael hatte Nachforschungen angestellt, daher wussten sie ungefähr, was sie erwartete – die ineinandergreifenden Gänge aus dickem, honigfarbenem Glas, ein bewachtes Tor nach dem anderen. Sorgsam prägte Akiva sich jede Biegung ins Gedächtnis ein, denn dieser Weg würde ihr Fluchtweg sein. Sie würden sich unsichtbar machen; so lautete der Plan. In dem Tumult, der auf das Attentat folgen würde, in der Hektik und dem Gewimmel der Wachen würden sie verschwinden und den Rückzug antreten. Und entkommen.
Hoffentlich.
Noch ein Gang, noch eine Biegung, noch ein Tor, noch ein Gang. Immer tiefer hinein in das Allerheiligste. Akivas Spannung wuchs.
Wie satt er Jorams brutale Reaktion auf alle Probleme hatte: Töte deinen Feind. Töte, töte. Aber jetzt war die brutale Reaktion die einzig mögliche. Zum Wohle von Eretz, für das Ende des Krieges.
Joram musste sterben.
Akiva versuchte, sich in Sirithar zu versetzen – den Zustand innerer Ruhe, in der die Göttersterne durch den Schwertkämpfer wirken –, schaffte es aber nicht einmal ansatzweise. Immerhin gelang es ihm, seinen Herzschlag gleichmäßig zu halten, doch seine Gedanken rasten – Szenarien, magische Manipulationen, sogar Worte. Was würde er sagen, wenn er seinem Vater gegenüberstand und seine Klinge blankzog? Er wusste es nicht. Er wusste nichts. Es spielte keine Rolle. Wichtig war einzig und allein die Tat, die Worte zählten nicht.
Tu es. Töte das Monster. Verändere die Welt.
Die einzige Hoffnung ist die Hoffnung
Amzallag drängte sich nach vorn und warf sich vor Issa auf die Knie. »Wer?«, fragte er, beinahe flüsternd. »Wer ist in die Kathedrale gegangen?« Auch ein paar andere Soldaten beugten sich vor, mit mühsam zurückgehaltener Sehnsucht.
»Tausende«, antwortete Issa mit sanfter Stimme. »Wir hatten keine Zeit, ihre Namen aufzuzeichnen. Es tut mir leid.«
Nun trat Karou vor. »Alle Kinder waren dabei«, erklärte sie und blickte zu Issa, damit diese ihre Aussage bestätigte. »Und alle Mütter. Die Chancen für eure Familien stehen sehr gut.«
Amzallag sah fassungslos aus, was allerdings auf seinem Tigergesicht wirkte wie eine großäugige Version seiner sonstigen Wildheit – Wildheit, die mehr von Karou stammte als von ihm. Seine Seele war ehrlich und so zuverlässig wie ein Arbeitspferd, aber mit dem Körper, den Karou ihm verliehen hatte, blieb ihm kaum etwas anderes übrig, als wild auszusehen. Sein Maul mit den messerscharfen Reißzähnen stand offen, und seine tiefen orangebraunen Augen blinzelten nicht. Obgleich er kniete – die Hirschbeine vor sich eingeknickt, die Tigerhüften in die Hocke gesenkt –, überragte er Issa bei weitem, und seine grauen Arme wirkten
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