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Days of Blood and Starlight

Days of Blood and Starlight

Titel: Days of Blood and Starlight Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laini Taylor
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konzentrieren können, und den Gedanken an die Schraubzwingen konnte sie sowieso nicht ertragen. Ihr ganzer Körper schmerzte, brannte und schrie vor Schmerzen.
    »Du machst wunderschöne Blutergüsse«, hatte Thiago ihr einmal gesagt. Du aber nicht, dachte sie grimmig, während sie den Blick über die hässlichen Flecke gleiten ließ, die ihre Arme bedeckten, die Fingerspuren, die bezeugten, was er ihr angetan hatte.
    Was er versucht hat, mir anzutun , erinnerte sie sich.
    Sie fragte sich, ob Ellai den Sonnengott auch rechtzeitig erstochen hatte. Oder hatte er seinen Willen bekommen? An dieser Stelle war die Geschichte nicht eindeutig. Karou beschloss zu glauben, dass Ellai sich erfolgreich geschützt hatte, genau wie sie. Sie hielt eine gebogene Polsternadel über eine Kerzenflamme, um sie zu sterilisieren. Ein Handspiegel stand vor ihr auf dem Tisch, und sie stellte ihn so, dass sie nur ihr Ohr sehen konnte. Den Rest ihres Gesichts wollte sie nicht anschauen.
    All die Jahre Kampfsport-Training, dachte sie, als die Nadel zu glühen begann. Wenn es doch so wäre wie im Film: jede Menge Raum für elegante Bewegungsabläufe, gezielte Kicks, coole stechende Blicke. Ha. Da hatte es keinen »Raum« gegeben, nichts als wildes Handgemenge, Rauferei und Panik, und Thiagos körperliche Überlegenheit hatte viel mehr gezählt als ihr ganzes Repertoire schicker Kicks.
    Sicher, am Ende hatte sie es geschafft, ihn zu töten. Vielleicht sah sie aus wie ein Opfer, aber sie war keines. Sie hatte den Wolf besiegt.
    Wenn das nur auch tatsächlich das Ende gewesen wäre.
    Ein Geräusch, ganz nah. Flügel.
    Es hallte in ihrem Kopf wider, das Flügelschlagen, der Aufprall, der dumpfe Schlag, den Erde macht, wenn man sie von der Schaufel schleudert. Und die Fliegen. Wie schafften es die Fliegen nur, die Toten immer so schnell zu finden?
    Sie hatte das Gefühl, noch immer am Rand der Grube zu stehen, dort, wo die stinkende Finsternis drohte, sie zu sich hinabzureißen. Mit einem Ruck stach sie die Nadel durch ihr Ohrläppchen, heftig, um die Erinnerung zu verdrängen, aber sie wusste, dass Erinnerungen waren wie Fliegen – man konnte sie verscheuchen, aber nichts konnte sie daran hindern zurückzukommen – und der Stich schmerzte. Ihr kurzes, scharfes Luftschnappen reichte, um Issa zu wecken.
    Issa. Das war der einzige Segen jener Nacht. Issa war noch bei ihr.
    »Was machst du denn da, Süße?« Die Schlangenfrau richtete sich auf. Als sie die Nadel entdeckte, die Karous Ohrläppchen durchbohrte wie ein Angelhaken, stieß sie ein leises Zischen aus. »Komm, lass mich das lieber machen.«
    Karou überließ ihr die Nadel. Was, wenn sie Issa nicht hätte? Wenn sie ihr auch noch Issa weggenommen hätten? »Ich konnte nicht schlafen«, flüsterte sie.
    »Nein?« Issas Stimme war sanft, genau wie ihre Hände. Vorsichtig führte sie die Nadel durch Karous Ohrläppchen und zog den ersten Stich fest. »Mein armes Kind, das ist doch kein Wunder. Ich wollte, ich könnte dir ein bisschen Traum-Tee verabreichen.«
    »Oder Requiem-Tee«, sagte Karou.
    Jetzt war Issas Stimme überhaupt nicht mehr sanft. »Sag so etwas nicht!«, rief sie. »Du bist am Leben. Solange du am Leben bist, und er …« Sie verstummte. Wen meinte sie? Was immer sie hatte sagen wollen, sie überdachte es noch einmal. »Solange du am Leben bist, gibt es Hoffnung.« Sie atmete tief ein, stabilisierte ihre Hand und fragte: »Bereit?«, ehe sie die Nadel erneut einstach.
    Karou zuckte zusammen und wartete, bis die Nadel wieder herauskam. »Tut mir leid«, sagte sie dann. »War es …? Ist es das gewesen, wie du und Yasri …?«
    »Ja«, antwortete Issa. »Es war ganz friedlich, Kind, sei nicht traurig.« Sie seufzte. »Aber ich wünschte, sie wäre hier. Sie würde wissen, was man dir geben könnte. Sie hatte jede Menge Tricks, um Brimstone beim Schlafen zu helfen.«
    »Wir werden sie finden«, sagte Karou, fragte sich, wann, fragte sich, wie, und fragte sich, wie es dort jetzt wohl aussah. Thiago hatte den Tempel und den Requiem-Hain in Brand gesteckt. Vor achtzehn Jahren. Ob die Bäume wohl inzwischen nachgewachsen waren? Der Hain war uralt gewesen. Sie erinnerte sich, wie sie angekommen war und die Baumwipfel im Mondlicht gesehen hatte, das Tempeldach hatte durch die Blätter geschimmert, und ihr Herz hatte wild geklopft, weil sie wusste, dass Akiva dort unten auf sie wartete. Akiva, der darauf wartete, sie aus der Luft zu sich herabzuholen. Akiva, der neben ihr lag, ihre

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