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Days of Blood and Starlight

Days of Blood and Starlight

Titel: Days of Blood and Starlight Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laini Taylor
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Wirklich. Sie war ja keine Märchenprinzessin. Aber jetzt fühlte sie sich irgendwie, als wäre sie doch eine, und das war gar kein so schlechtes Gefühl. »Nein«, antwortete sie und hörte auf, sich gegen seine Umarmung zu wehren. »Ich hab keine Witze gemacht, und hier ist deine zweite Prüfung. Sorg dafür, dass die Klimaanlage wieder funktioniert, damit du mich endlich von meiner Langeweile kurieren kannst.«

Ein Geräusch, ganz nah. Flügel.
    Karou war in ihrem Zimmer. Es war Nacht. Wieder. Seit dem Vorfall an der Grube war ein ganzer Tag vergangen. Irgendwie.
    Die Tür war geschlossen, aber Miks Barrikadenbretter waren nicht mehr da. Die Chimären hatten alles weggenommen: die Bretter, die Riegel an den Fensterläden und damit auch den letzten Rest von Karous Sicherheit, die ja sowieso nie mehr als eine Illusion gewesen war.
    Sie stellte sich vor, wie der Mond um die Erde raste und die Welt um die Sonne sauste, dachte an das Glitzern der Sterne auf ihren Bahnen – aber … nein. Auch das war eine Illusion. Genau wie das Auf- und Untergehen der Sonne nur ein Trick war. Es war die Welt , die sich drehte, nicht die Sterne, nicht die Sonne. Der Himmel bewegte sich, schwenkte über diese unendliche Weite, während er durch den Weltraum rollte, kopfüber, kopfunter, und diese Bewegung war es, die sie hier festhielt. Als eine von Milliarden, die hier lebten.
    Es spielt keine Rolle, was mit mir passiert , sagte sie sich. Ich bin nur eine von vielen. Sternenstaub, der sich flüchtig zu einer Form zusammengefunden hat und eines Tages wieder auseinanderfallen wird. Irgendwann wird sich der Sternenstaub zu etwas anderem zusammensetzen, und dann bin ich frei. Wie Brimstone jetzt frei ist.
    Sternenstaub. Das war Wissenschaft, sie hatte darüber gehört und gelesen – alle Materie hatte ihren Ursprung in der Explosion von Sternen – aber es klang wie die Menschenversion der Mythen von Eretz. Vielleicht ein bisschen trockener: Keine Vergewaltiger-Sonne, kein weinender Mond. Keine Mondschwester, die sich mit dem Messer verteidigte. Das war die Kirin-Geschichte: Der Sonnengott hatte versucht, Ellai mit Gewalt zu besitzen, und sie hatte ihn erstochen, genau wie Karou Thiago erstochen hatte. Nitid hatte geweint, und aus ihren Tränen entstanden die Chimären. Kinder des Bedauerns.
    Karou fragte sich: Hatte Ellai auch geweint? Hatte sie im Meer gebadet, um sich wieder sauber zu fühlen? Das könnte auch ein Teil der Geschichte gewesen sein: Ihre Tränen brachten das Salz ins Meer, und alles auf der Welt war geboren aus Gewalt, Verrat und Leid.
    Karou hatte im Fluss gebadet. Ihre Tränen würden es nicht bis ins Meer schaffen, sie würden die Dattelpalmen in irgendeiner Oase bewässern, sie würden zu Früchten, würden aufgegessen und vielleicht durch andere Augen erneut geweint.
    So funktioniert es nicht.
    Doch. Nichts geht jemals verloren. Nicht einmal Tränen.
    Und was ist mit der Hoffnung?
    Sie war so sauber, wie es ohne warmes Wasser und Seife möglich war. Sie war im rauschenden Wasser untergetaucht, bis ihre Arme und Beine ganz taub waren, hatte das Blut von ihrer mit blauen Flecken und Quetschungen und Kratzern übersäten Haut geschrubbt – ihr Blut und … nicht nur ihr eigenes Blut. Nicht einmal überwiegend ihr eigenes Blut.
    Und auch nicht nur das von Thiago.
    Ein Geräusch, ganz nah. Flügel.
    Sie riss ihre Gedanken von der Erinnerung los, als wären sie ein Gesicht, das sie ohrfeigen konnte.
    Denk an etwas anderes.
    Schmerz. Das würde sich anbieten. Aber welchen davon? Es gab so viele Schmerzen, und sie war zu sehr zur Expertin geworden, um sie ineinander verschwimmen zu lassen. Jeder Kratzer, jeder blaue Fleck war eine eigene Einheit, wie Sterne in einem Sternbild. Ein Sternbild mit welchem Namen? Das Opfer?
    Jedenfalls sah sie aus wie ein Opfer. Wund. Brutal zugerichtet. Die rechte Seite ihres Gesichts war übers Geröll geschleift worden. Ihre Lippe war aufgesprungen, ihre Wange war lila, zerkratzt und fing an zu verschorfen. Offene Blasen nässten auf ihren Handflächen, sie stammten vom Schaufelgriff. Die Schaufel. Denk nicht dran. Ihr Ohrläppchen. Das war der Schmerz, für den sie sich entschied, auf ihn wollte sie sich konzentrieren. Hier konnte sie etwas ausrichten. Von Thiagos Biss war das Ohrläppchen zerfetzt und geschwollen; womöglich hätte sie es flicken können, wie sie Ziris Hände und seine Mundwinkel geflickt hatte, aber sie war ziemlich sicher, dass sie sich nicht lange genug würde

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