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Days of Blood and Starlight

Days of Blood and Starlight

Titel: Days of Blood and Starlight Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laini Taylor
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erstickter Stimme hervor. Ihre Augen wanderten von Issa zu Karou, wild und verzweifelt. »Rette ihn.«
    Zwar hörte Karou die Worte, aber in ihrem benommenen Zustand schienen sie ihr in der Luft zu schweben. Ihr Blick schwenkte zu Akiva. Wie er sie ansah … es war wie eine Berührung. Unwillkürlich trat sie einen Schritt zurück. Sein Gesicht war ein stummes Flehen; er war fast so grau wie die Leiche seines Bruders, die sie auf die Stelle am Boden gelegt hatten, auf der Karou sonst Körper erschuf. Auf den Wiedererweckungs-Boden. Alle sahen sie an. Selbst Issa hatte sich ihr zugewandt.
    Ihn retten?
    Sie waren zu ihr gekommen, damit sie ihnen half ? Nachdem sie Brimstones Portale und … Brimstone selbst verbrannt hatten, nachdem sie Karous Volk ausgerottet hatten, brachten sie nun ihren toten Bruder zu ihr, damit sie ihn auferweckte?
    Und wie weit hatten sie ihn getragen? Sie zitterten beide vor Anstrengung. Akiva lehnte an der Wand, seine Arme hingen schlaff herab. Er sah mehr tot als lebendig aus, mehr tot sogar als bei ihrer ersten Begegnung, als er blutend auf dem Schlachtfeld bei Bullfinch lag.
    »Was ist mit dir passiert?«
    Eigentlich hätte sie ihm diese Frage stellen können, aber Akiva stellte sie ihr und musterte dabei ihre Wange, ihre Lippe und ihr frisch genähtes Ohrläppchen. Verlegen deckte Karou ihre Haare darüber. »Wer hat dir das angetan?«, fragte er. So schwach seine Stimme auch war, brannte sie doch vor Wut. »Das war er , nicht wahr? Das war der Wolf.«
    Er irrte sich nicht, und als Karou den wilden Zorn in seinem Gesicht sah, konnte sie nur an eines denken – an das Schultertuch, das er ihr einmal gemacht hatte, an die unsäglich weiche Berührung der Kolibrimotten-Flügelchen auf ihrer Schulter. Damals hatte Thiago ihr Kleid zerrissen, und Akiva hatte die Tiere von den künstlichen Sternen der Festlaternen herbeigerufen, so dass sie ihr ein lebendiges Schultertuch waren, das sie bedeckte.
    In jener Nacht hatte sie eine Entscheidung getroffen, und es war nicht die falsche gewesen.
    Aber das war damals gewesen. So viel war seither geschehen.
    Zu viel.
    Sie ignorierte seine Frage, denn sie hasste die körperlichen Indizien ihrer Verletzlichkeit, sie wünschte, ihre Arme wären nicht nackt, wünschte, sie hätte sich geheilt. Was schließlich war ein bisschen Schmerz mehr oder weniger? Aber sie durfte keine Schwäche zeigen, jetzt nicht. Also wandte sie ihre Aufmerksamkeit Hazael zu und trat näher an ihn heran. Akiva hatte ihr seinen toten Bruder gebracht? Nun, er hatte auch Issa zu ihr geführt. Und ihr Ziri zurückgegeben, das durfte sie nicht vergessen, was immer seither passiert sein mochte. Sie ging neben Hazaels Körper auf die Knie – langsam, denn alle Glieder schmerzten – und staunte, dass sie ihn so weit getragen hatten.
    Körper sind nur totes Gewicht – schließlich sind wir alle nur Gefäße  –, aber das zu wissen, war etwas ganz anderes, als einen Körper zurückzulassen. Das wusste Karou nur zu gut. Körper sind es, die uns real machen. Was ist eine Seele ohne Augen, durch die sie schauen kann, ohne Hände zum Festhalten? Ihre eigenen Hände zitterten, und sie verschränkte sie, um sie stillzuhalten.
    Die Wunde war unter Hazaels linkem Arm. Sein Herz. Es war wohl ein rascher Tod gewesen.
    »Bitte«, wiederholte Liraz. »Rette ihn. Ich gebe dir alles, was du willst. Nenn mir deinen Preis.«
    Preis? Karou musterte sie scharf, konnte aber keine Spur von der einstigen Grausamkeit und Strenge entdecken, nur Angst, Kummer und Schmerz. »Es gibt keinen Preis«, antwortete sie. Sie sah zu Akiva. Wenn es einen gibt, hätte sie hinzufügen können, hast du ihn bereits bezahlt .
    »Du wirst es also tun?« Hoffnung bebte in Liraz’ Worten.
    Würde sie es tun? Karou wusste, dass sie die einzige Hoffnung der Geschwister war – ausgerechnet sie. In Prag hätten die beiden Engel sie ohne weiteres getötet, nur weil sie Hamsas auf den Handflächen trug. Welche Ironie des Schicksals, aber Karou fand kein Vergnügen daran. Sie konnte den Anblick von Liraz’ Händen kaum ertragen – sie waren so schwarz –, aber sie hielten den Kopf ihres Bruders so zärtlich, ihre Finger lagen so sanft auf seiner toten Wange. Natürlich wusste Karou, dass sie kein Mitgefühl für die Mörder ihres Volkes haben durfte, aber sie hatte es trotzdem. Wer von ihnen konnte die Hände in Unschuld waschen? Sie selbst ganz gewiss nicht. Oh, Ellai, meine Hände werden niemals wieder rein sein. Abrupt ballte

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