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Days of Blood and Starlight

Days of Blood and Starlight

Titel: Days of Blood and Starlight Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laini Taylor
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sie die Fäuste, und die offenen Blasen brannten von der Arbeit mit der Schaufel. Auf einmal hatte sie das Gefühl, als wäre die Rettung dieses einen Lebens vielleicht so etwas wie … ein Trost. Ein Balsam nicht nur für die Seele dieser Seraphim, sondern auch für ihre eigene, nach dem Horror der Grube und der Schaufel und dem, was sie dort hatte tun müssen, und … nach der Lüge, die sie jetzt zu leben gezwungen war. Sie wollte es tun. Ein Strich auf ihrem Fingerknöchel, als ein Zeichen für ein gerettetes Leben, nicht für ein zerstörtes.
    »Seinen Körper kann ich nicht erhalten«, sagte sie schließlich. »Dafür ist es zu spät. Und ich kann ihm auch nicht sein bisheriges Äußeres zurückgeben.« Vielleicht hätte Brimstone gewusst, wie man diese feurigen Schwingen erschuf, aber diese Aufgabe überstieg ihre Fähigkeiten bei weitem. »Er wird kein Seraph mehr sein.«
    »Das ist unwichtig«, sagte Akiva. Ihre Blicke trafen sich, seine roten, blutunterlaufenen Augen, und sie wollte es tun, für ihn. »Solange er wieder er selbst ist«, setzte er hinzu. »Das ist alles, was zählt.«
    Ja, sagte sie sich und wollte es genauso fest glauben wie er. Auf die Seele kommt es an. Der Körper ist nur ein Gefäß. »In Ordnung.« Sie holte tief Atem und blickte auf Hazael hinunter. »Gebt mir das Turibulum.«
    Ein Schweigen folgte auf ihre Worte, ein Schweigen wie ein langsames Versinken.
    Stille.
    O nein. Nein. Karou starrte in Hazaels totes Gesicht, in seine geöffneten blauen Augen, starrte auf die Lachfältchen, und auf einmal überwältigte sie der Kummer mit Macht. Nein. Sie biss sich auf die Lippen, damit sie nicht zitterten. Sie war ganz starr. Es ging nicht anders. Ihr Kummer … wenn sie ihm freien Lauf ließ, würde er nicht mehr aufhören – ein Kummer würde sich an den anderen reihen, wie eine magische Kette, es würde nie enden. Sie wollte nicht aufschauen, wollte die betroffenen Gesichter in diesem schrecklichen Schweigen nicht sehen.
    »Wir hatten … wir hatten keines.« Liraz. Nur ein Flüstern. »Wir haben ihn hergebracht . Zu dir .«
    »Er ist erst seit einem Tag tot«, fügte Akiva mit heiserer Stimme hinzu. »Karou. Bitte.« Als ginge es darum, sie zu überreden.
    Sie verstanden es nicht. Wie auch? Karou hatte Akiva nie erklärt, wie es funktionierte, wie zerbrechlich nach dem Tod die Verbindung der Seele zum Körper war, wie leicht die Seele weggetrieben werden konnte, wenn sie nicht geborgen wurde. Das hatte sie ihm nie erzählt, und jetzt war nichts mehr zu spüren in der Luft oder Aura um diesen toten Engel – Soldat, Mörder, geliebter Bruder –, keine Anmutung von dem Licht oder dem Lachen, die zu diesen blauen Augen und diesen Lachfalten gehörten, keinerlei Regung streifte Karous Sinne und sagte ihr, wer er war, denn … er war nicht mehr.
    Sie blickte auf, zwang sich, in Akivas blutunterlaufene Augen zu schauen und in die von Liraz, damit sie ihren Kummer sehen und verstehen konnten.
    Und damit sie wussten, dass Hazaels Seele verloren war.

Zu leben
    Als Akiva ihr Gesicht sah und den Kummer darin erkannte, war ihm alles klar. Ein Blick genügte, und er wusste Bescheid. Hazael war nicht mehr.
    »Nein!« Liraz’ erstickter Aufschrei war atemlos, fast tonlos, und auf einmal setzte sie sich in Bewegung.
    Akiva hatte nicht mehr die Kraft, sie aufzuhalten. Auch sie konnte nicht mehr viel Kraft in sich haben, denn nach der Strapaze durch die Hamsas hatte sie auf der Reise hierher nicht nur den größten Teil von Hazaels Gewicht geschultert – und wofür, alles umsonst –, sondern manchmal auch noch Akivas Gewicht, wenn er anfing, in die Dunkelheit abzugleiten, hatte ihn am Arm gepackt und ihn angeschrien, er solle aufwachen. Die Dunkelheit. Auch jetzt noch griff sie nach ihm.
    Was hatte er in Astrae getan?
    Er wusste es nicht. Nur das Dröhnen in seinem Schädel hatte er wahrgenommen und dass etwas sich zusammenbraute, ein Druck, ein Drängen. Er hatte Liraz gepackt, die auf Hazael gestürzt war, und beide an sich gedrückt, hatte seine Geschwister festgehalten, und als die Explosion dann kam – woher nur, woher ? –, da hatte er sie weggetragen. Weit, weit weg, und kein einziger Glasdolch des zerbrochenen Schwerts, nicht ein Splitter hatte sie berührt.
    Sie hatten Hazael auf eine Wiese gebracht, und er war schon tot. Aber was ist der Tod? Akiva hatte an Karou gedacht. Natürlich. Hoffnung , hatte er sich gesagt, während er im Gras kniete, schwach, benommen, wie betäubt.

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