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Days of Blood and Starlight

Days of Blood and Starlight

Titel: Days of Blood and Starlight Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laini Taylor
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Lächeln.
    Es war so scharf wie ihre Mondsichelklingen. Bei Razors nächster Attacke wich sie nicht von der Stelle, sondern biss die Zähne zusammen und zog die eine geschwungene Messerspitze fest über die andere. Das metallische Kreischen lenkte seine Aufmerksamkeit für einen kurzen Moment ab – ein Zögern, das Karou gerade genug Zeit gab, um zu denken: Und was jetzt? Muss ich ihn töten? Kann ich das überhaupt?
    Ja.
    Und dann: ein Aufblitzen von Weiß, und es war vorbei. Thiago stand zwischen ihnen, mit dem Rücken zu Karou, und befahl Razor, sich zusammenzureißen. Und sie musste niemanden umbringen. Der Heth gehorchte, konnte jedoch seinen Reptilienschwanz nicht im Zaum halten, der einen Stuhl nach dem anderen umwarf.
    Lisseth und Nisk nahmen ihn zwischen sich, und Karou stand einfach nur da, schwer atmend, mit ihren Messern in den Händen und wild pochendem Herzen. Für einen Augenblick fühlte sie sich wieder wie Madrigal – nicht die Verräterin, sondern die Soldatin.
    Aber nur für einen Augenblick.
    »Bring sie zurück auf ihr Zimmer«, trug Thiago Ten auf, als wäre Karou eine entflohene Geisteskranke, die dringend wieder in Gewahrsam genommen werden musste. Ihr Lächeln verschwand. »Ich habe noch nicht fertig gegessen.«
    »Anscheinend doch.« Er warf einen kläglichen Blick auf den kaputten Tisch und das auf dem Boden verteilte Essen. »Ich bringe dir nachher etwas aufs Zimmer. Du musst das nicht länger über dich ergehen lassen.« Seine Stimme war besorgt, widerwärtig besorgt, und als er näher kam und ihr zuflüsterte: »Alles in Ordnung?«, da spürte sie plötzlich das dringende Bedürfnis, ihm die Augen auszukratzen.
    »Es geht mir gut. Wofür hältst du mich?«
    »Ich halte dich für unsere wichtigste Verbündete. Und ich denke, du solltest dich wirklich von mir beschützen lassen.« Er griff nach ihrem Arm – sie zog ihn schnell weg, und er hob kapitulierend die Hände.
    »Ich kann mich selbst beschützen«, fauchte sie ihn an und versuchte das flüchtige Machtgefühl, das sie vorhin gespürt hatte, wiederaufleben zu lassen. Ich bin Madrigal , sagte sie sich, konnte aber plötzlich nur noch daran denken, wie Madrigal dem Weißen Wolf zum Opfer gefallen war. »Was immer du über mich denkst, ich bin nicht hilflos!« Aber es klang, als müsste sie sich selbst ebenso überzeugen wie ihn, und ohne nachzudenken schlang sie in einer kindlichen Schutzgeste die Arme um sich. Zwar löste sie sie sofort wieder, wirkte dadurch aber keineswegs selbstbewusst, sondern nur zappelig.
    »Ich habe nie behauptet, du wärst hilflos«, sagte Thiago mit sanfter Stimme. »Aber wenn dir etwas zustößt, Karou, dann sind wir erledigt. Ich muss einfach wissen, dass du in Sicherheit bist. So einfach ist das.«
    In Sicherheit. Nicht etwa vor dem Feind, sondern vor ihren eigenen Leuten, in die sie all ihre Kraft, ihre Gesundheit, ihren Schmerz investierte – Tag für Tag, Nacht für Nacht. Karou stieß ein hartes Lachen aus.
    »Sie brauchen Zeit«, meinte Thiago. »Das ist alles. Bestimmt werden sie dir schon bald genauso vertrauen wie ich.«
    »Vertraust du mir wirklich?«, wollte sie wissen.
    »Natürlich, Karou. Karou.« Er sah traurig aus. »Ich dachte, wir hätten das alles hinter uns gelassen. Wir haben keine Zeit für solche kleinlichen Auseinandersetzungen. Wir brauchen all unsere Energie für unser Vorhaben.«
    Karou hätte argumentieren können, dass ihre Hinrichtung wohl kaum eine kleinliche Auseinandersetzung gewesen war, aber sie wusste, dass er recht hatte. Sie brauchten wirklich all ihre Energie für ihr Vorhaben, und sie hasste sich dafür, dass er sie daran hatte erinnern müssen, als wäre sie ein trotziges Schulmädchen. Und noch mehr hasste sie das unsichere Gefühl, das jetzt, wo der Adrenalinrausch nachließ, von ihr Besitz ergriff. Sosehr es ihr auch missfiel, von Thiago auf ihr Zimmer geschickt zu werden, war das genau der Ort, den sie jetzt brauchte, der einzige Ort, an dem sie ihre Ruhe hatte und sich sicher fühlte. Also steckte sie die Mondsichelklingen zurück in ihren Messergürtel, drehte sich um und verließ den Saal. Aber obwohl sie sich alle Mühe gab, so zu tun, als würde sie aus freien Stücken gehen, wusste sie genau, dass sie niemanden zum Narren halten konnte.

Feinde bitte hier anstellen
    Ten begleitete sie zu ihrem Zimmer, und sie hielt Karous Schweigen offenbar für Resignation, denn sie plauderte den ganzen Weg fröhlich auf sie ein, tat ihre Meinung zu jeder

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