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Days of Blood and Starlight

Days of Blood and Starlight

Titel: Days of Blood and Starlight Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laini Taylor
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wie möglich wiedererwecke. Der Löwenkopf war das Beste, was ich so kurzfristig erschaffen konnte.« Und besser, als er es verdient. Razor war ihr fremd, aber sie hatte einen üblen Charakter gespürt, als sie an ihm gearbeitet hatte. Jede Seele hinterließ einen unverwechselbaren Eindruck in ihren Gedanken, und seine war ihr irgendwie … klebrig vorgekommen. Karou wusste nicht, warum er für Thiago so wichtig war, und wie üblich hatte sie auch nicht nachgefragt. Sie machte ihre Arbeit, und der Wolf machte seine.
    »Na ja, ich schätze, er ist wirklich um einiges hübscher geworden«, räumte Ten ein.
    »Das finde ich auch. Wenn er sich erst mal daran gewöhnt hat, ist er mir bestimmt dankbar.«
    »Aber fahr besser nicht die Krallen ein.« Das war eine alte Redensart der Chimären, die so viel bedeutete wie: Aber bleib besser auf der Hut. Ein echt guter Rat , dachte Karou.
    Sie aß weiter und hatte gerade einen großen Bissen im Mund, als Ten ganz beiläufig meinte: »Thiago hat vorgeschlagen, dass ich dir helfe.«
    Der Couscous fühlte sich auf Karous Zunge plötzlich an wie Knete. Sie konnte nicht antworten und hatte Mühe zu schlucken.
    »Für nur eine Person alleine ist das ein ganz schön großes Unterfangen, findest du nicht?«
    Karou würgte die Knete hinunter. Brimstone war auch nur eine Person , dachte sie, sprach es aber nicht laut aus. Sie wusste, dass sie bei diesem Vergleich ganz und gar nicht gut abschnitt. Und außerdem war Brimstone nie wirklich allein gewesen, richtig?
    »Ich wäre deine Assistentin«, fuhr Ten fort. »Genau wie diese Naja-Frau, wie hieß sie doch gleich?« Die Erwähnung von Issa versetzte Karou einen Stich, und Tens unbekümmerter Tonfall machte sie wütend. Die Wölfin bekam nichts davon mit und wartete auch keine Antwort ab. »Wenn ich die einfachen Aufgaben übernehme, könntest du dich ganz auf die Wiedererweckungen konzentrieren.«
    »Nein!« Karou schüttelte entschieden den Kopf. Du bist nicht Issa. »Sag Thiago vielen Dank, aber ich …«
    »Oh. Ich glaube, er will, dass du sein Angebot annimmst.«
    Natürlich wollte er das – er wollte, dass alle seine Befehle widerspruchslos hingenommen und sofort in die Tat umgesetzt wurden. Und sie brauchte wirklich Hilfe. Aber warum ausgerechnet Ten? Karou konnte den Gedanken nicht ertragen, dass die Wölfin ständig an ihrer Seite war und sie beobachtete.
    Ten und die meisten anderen Soldaten aus ihrer Kompanie hatten etwas Wildes an sich, das Karou nur schwer mit ihren eigenen Erinnerungen an die Chimären vereinbaren konnte – war es möglich, dass sie immer schon so gewesen waren, und sie es nur nicht hatte sehen können? Da war zum Beispiel der Zwischenfall mit dem Azra-Baum gewesen, nicht lange nachdem sie sich ihnen angeschlossen hatte. Wie alles in und um Loramendi war er verbrannt, und mit seinen kahlen, spindeldürren Ästen hatte er ausgesehen wie eine Knochenhand, die sich aus der Erde emporreckte. An den Zweigen baumelten verkohlte kugelförmige Gebilde, und Karou hatte nicht gewusst, was sie waren, bis sie hörte, wie einige Soldaten darüber sprachen, dass sie die »Azra-Früchte« als Zielscheiben für ihre Bogenschießübungen verwendeten.
    Sie hatte nicht einmal nachgedacht – wie dumm von ihr, wie dumm –, bevor sie fragte: »Oh, das sind Früchte? Die sind ja ganz schön groß.«
    Wie sie sie angesehen hatten! Noch bei der Erinnerung wäre sie vor Scham am liebsten im Boden versunken. Es war Ten, die sie aufklärte. »Das sind Köpfe.«
    Karou war totenbleich geworden. »Ihr schießt auf Köpfe ?« Sie konnte nur denken: Aber sie gehören zu uns . Das waren einmal Chimären. »Was sollten wir denn sonst damit machen?«, hatte Ten achselzuckend gefragt.
    Einen Herzschlag lang herrschte ungläubiges Schweigen, dann antwortete Karou: »Wir könnten sie begraben.«
    Worauf Ten mit grausamem Eifer erwiderte: »Ich würde sie lieber rächen.«
    Bei ihren Worten spürte Karou kaltes Grauen in sich aufsteigen – und auch eine gewisse Bewunderung, wie sie zugeben musste –, aber später musste sie immer wieder daran denken, und ihre Bewunderung hielt sich nicht lange. Warum nicht beides? Warum konnten sie ihre Toten nicht rächen und begraben? Es war barbarisch, die Leichen ihrer Kameraden einfach zurückzulassen, und das sagte ihr nicht nur ihr menschliches Empfinden.
    In letzter Zeit wurde sie immer wieder von widerstreitenden Reaktionen heimgesucht. Die von Karou waren die deutlichsten und unmittelbarsten,

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