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Dead: Band 1 - Roman (German Edition)

Dead: Band 1 - Roman (German Edition)

Titel: Dead: Band 1 - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig DiLouie
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dem zweiten Kopf des Wurm-Ungeheuers. Ihm ist auch die Idee mit den Molotow-Cocktails gekommen. Ethan leistet echt einen Beitrag. Aber wenn er durchdreht, ist er eine Belastung für sie. Er wird im Bradley Raum belegen, knappe Ressourcen verzehren. Und noch schlimmer: Er wird ihnen nicht den Rücken freihalten.
    Sie werden als Gruppe einen harschen Beschluss fassen müssen. Anne würde mit dem Beschluss lieber nicht so lange warten, bis Menschen ums Leben kommen. Hätte sie zu bestimmen, wäre Ethan am Abend zuvor im Krankenhaus zurückgeblieben. Was traurig gewesen wäre. Aber notwendig.
    Eineinhalb Kilometer den Highway runter steigt ölig schwarzer Rauch aus einem brennenden Fahrzeug auf, das mitten auf der Straße nach Westen liegengeblieben ist. Anne lugt durchs Zielfernrohr und sieht zwei olivgrüne Fahrzeuge, einen Humvee mit eingeschalteten Scheinwerfern, und dahinter einen militärischen Pritschenwagen, dessen Führerhaus in Flammen steht und Rauch ausstößt. Anne kneift die Augen zusammen, bemüht sich mehr zu erkennen, doch alles ist mit Asche bedeckt. Die Sichtweite wird immer geringer. Über der ganzen Landschaft regnen Tonnen schwarzflockiger Asche aus rasch ziehenden Wolken zur Erde herab und erzeugen schnell ein höllisches Gestöber, das durch die Bäume fegt und den Himmel verdunkelt.
    Anne hängt die Waffe an ihre Schulter, vergräbt die Hände in den Taschen und geht in Richtung Westen.
    Sarge, Paul und die anderen Überlebenden werden ihrer Meinung nach sentimental. Sie lernen sich besser kennen. Werden gar zu Freunden. Sie vergessen aber, dass Sentimentalität in Zeiten wie diesen ein Luxus ist. Sie vergessen, dass sie sich diesen Luxus nur leisten können, weil sie bisher knallhart agiert haben. Weil jeder seinen Beitrag leistet.
    Sie hat das Gefühl, die anderen lassen sie zurück. Aber sie gehen nicht voran. Sie gehen zurück. Sie werden so, wie sie vor dem Ende der Welt waren.
    Anne kann nicht zurück.
    Als sie den Humvee erreicht, nimmt sie die Waffe in die Hand, hält sie schussbereit und geht vorsichtig näher.
    Sie stolpert fast über die erste Leiche. Vier tote Soldaten liegen rußbedeckt zwischen kaputten Waffen und verstreuten Patronenhülsen am Boden. Grauenhafterweise sind ihre Köpfe nicht mehr vorhanden. Irgendwas hat sie geköpft und den Rest für die Vögel zurückgelassen.
    Im Inneren des Humvee versucht ein Gewirr von Stimmen, sich durch den Äther miteinander zu verständigen. Nach und nach kann sie eine einzelne drängende weibliche Stimme heraushören: » Patriot 3-2, Patriot 3-2, hier ist Patriot. Empfangen Sie uns? Ende. «
    Dann: Zehn Sekunden lang nur Rauschen. Schließlich wird die Botschaft wiederholt.
    Irgendetwas raschelt seufzend in den Bäumen.
    Wendy geht wie benommen durch die Asche die Straße entlang und begutachtet die graue, von schillernden Hitzewellen verzerrte Landstraße. Der gewaltige Rauchwall erhebt sich weiterhin wie ein fernes Gewitter über den schwelenden Ruinen Pittsburghs. Schwerer Feinstaub fliegt ständig zum Himmel hinauf, reitet auf Hitzeimpulsen. Der Highway rast in einer langen geraden Linie ostwärts, die sich in rauchigem Dunst auflöst. Gestalten schleppen sich in der Ferne voran – wahrscheinlich dem Inferno entkommene Flüchtlinge. Winzige Scheinwerfer leuchten in der niedersinkenden Asche. Wendy fragt sich, wie es wohl wäre, in der warmen Asche im Graben hinter der Leitplanke zu liegen und sich der Erde zu ergeben. Philip, fällt ihr ein, hat es getan. Er war ein harter Knochen, doch eines Tages fand er ein altes Wall Street Journal und setzte sich in die Asche, und damit war es aus. Auch er hatte alle Empfindungen verloren. Er konnte mit dem Tod seiner Welt nicht umgehen. Wenn man feststellt, dass man die Toten beneidet, sehnt man sich nicht mehr nach der Welt.
    Sie weiß, dass es ein Fehler war, am Krankenhaus anzuhalten. Sie haben ihre Hoffnungen darauf gesetzt, einen Ort gefunden zu haben, an dem man sich zumindest sicher fühlen kann. Aber das ist nicht die Welt, in der sie leben. All diese Hoffnungen – zu leben, statt nur gerade so zu überleben; nach dem Ende der Seuche eine Zukunft zu haben; fähig zu sein, wieder zu träumen – waren blindlings und grausam zerschlagen worden. In dieser Welt suchen riesige gesichtslose Dinge verlassene Gebäude heim und duellieren sich im Dunkeln mit gepanzerten Kampffahrzeugen. In dieser Welt brennen ganze Städte bis auf die Grundmauern nieder, und alles, was man je gekannt und

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