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Dead: Band 1 - Roman (German Edition)

Dead: Band 1 - Roman (German Edition)

Titel: Dead: Band 1 - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig DiLouie
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was mir nicht schon angetan wurde?
    Paul setzt die Atemschutzmaske auf und tritt in die von den gewaltigen über den Himmel ziehenden Rauchwolken früh erzeugte Dämmerung hinaus. Er verbringt mehrere Minuten damit, die grüne Landschaft zu begutachten, die sich langsam in eine graue Ödnis verwandelt. Er denkt an die Gefährten, die nun allein und ohne Hoffnung in der Wildnis herumlaufen. Dies ist ein Ort, dem die Menschen sich stellen und an dem sie lernen müssen, was sie wirklich sind. In Krieg und Not lernt der Mensch seinen wahren Charakter kennen. Auf dem Totenbett den Fluch des Menschenwesens. An einem Ort wie diesem blicken wir in einen Spiegel auf unser Bild, das uns in grausamer Ehrlichkeit nackt wiedergibt – so, wie wir als Menschen wirklich sind.
    Mit knackenden Knien geht er in die Hocke und wischt die Asche von den Dingen, um sie zu sortieren und wieder in den Bradley zu packen. Laternen, Coleman-Ofen, Propangasflaschen, Gewehrlaufreiniger und Schmieröl, Erste-Hilfe-Kasten, Klebeband, Schnur, Seil, Kabelbinder, Tüten mit Salz, Vitamintabletten, Toiletteneimer, Kalk, Kaffeekanne, Alufolie, Seife, Ramennudeln, Bohnen, wasserfeste Zündhölzer, Bolzenschneider, Schokoriegel, Schlafsäcke, Taschenlampen, und seine zerfledderte Bibel.
    Herr, hättest du Sodom vernichtet, wenn ich dort gewesen wäre?
    Abraham hadert mit Gott, damit er Sodom und Gomorrha verschont, indem er sagt, er könne die Gerechten nicht zusammen mit den Bösen vernichten. Er fragt Gott, ob er die Stadt auch vernichtet, wenn fünfzig Gerechte in ihr leben, und Gott erwidert: Dann nicht. Abraham fragt Gott, ob er sie vernichtet, wenn dort fünfundvierzig Gerechte leben, und Gott sagt, er würde es nicht tun. Und dann schachert Abraham mit Gott, um vierzig, dreißig, zwanzig Gerechte und bleibt am Ende bei zehn. Paul hat sich immer gefragt, warum Abraham nicht gleich um Gnade für einen einzelnen dort lebenden Menschen gebeten hat.
    Er zieht den Schluss, dass er, um die Welt vor Gottes Zorn zu retten, selbst gerecht werden muss. Er weiß nur nicht wie. Dies ist eine Welt, in der die Gerechten schnell ausgelöscht werden.
    Er betet um Führung, doch auch diesmal antwortet Gott ihm nicht.
    » Oh, Gott « , sagt Ethan.
    Ihm fällt ein, dass er in den Nachrichten Berichte über arme Kinder aus Entwicklungsländern gesehen hat, die in Krankenhäuser in den Vereinigten Staaten geflogen wurden, um ihnen riesige gutartige Tumore zu entfernen. Die Kinder sahen grotesk aus, hatten bis zu zwanzig Pfund schwere Fleischklumpen im Gesicht. Die Tumore waren große Massen von Gewebe, das sich aus Krebszellen gebildet hatte, die sich ungewöhnlich schnell vermehrten.
    Aus Duckys Hüfte wächst so ein Ding hervor, doch es ist kein normaler Tumor. Es ist ein zu einem fötalen Ball zusammengerolltes affenartiges Geschöpf, das atmet und allem Anschein nach schläft. Ethan kann erkennen, wo der Fahrer seine Uniformhose aufgeschnitten hat, um das ständig weiterwachsende Geschöpf freizulegen. Nun versteht er, warum die Soldaten den Fahrer hierhergeschleppt haben, abseits der restlichen Überlebenden. Sie wollen nicht, dass man Ducky so sieht.
    Sarge fragt den Fahrer, wie es ihm geht. Duckys Blick richtet sich zwar auf Sarge, doch ansonsten zeigt sein Ausdruck keine Veränderung.
    Der Richtschütze schüttelt den Kopf. » Er hat jetzt kaum noch genug Kraft zum Atmen « , sagt er.
    Sarge mustert Ethan eingehend. » Also. Du bist doch so gebildet. Was hältst du davon? «
    Ethan untersucht, ohne es zu berühren, das aus Duckys Hüfte wachsende Ding. Es ist wie Krebs, aber auch mehr: ein Parasit. Er traut seinen Augen nicht. Es sieht aus, als wäre Duckys Körper vollständig umgebaut worden, damit alles, was er hat, dem wachsenden Geschöpf zugeleitet wird. Das Ding hat Duckys Organe allem Anschein nach neu geordnet und drückt auf seine Blase, sodass er fast ständig eine ekelhafte, faulig riechende rosafarbene Flüssigkeit ausschifft.
    Von einem rein naturwissenschaftlichen Standpunkt aus betrachtet eine faszinierende, fast wundersame Sache. Vom menschlichen Standpunkt aus gesehen eine grauenhafte und äußerst abstoßende Angelegenheit.
    » Wir haben nicht viel Zeit « , sagt der Richtschütze.
    » Die Zeit ist um, Doc « , sagt Sarge. » Kriegst du ihn wieder hin? «
    » Ich weiß nicht, was du von mir erwartest. «
    Sarge hält Ethan sein Dienstmesser hin.
    » Kriegst du ihn wieder hin? «
    Ethan muss beinahe lachen, doch er unterdrückt es. Sarge ist

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