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Dead: Band 1 - Roman (German Edition)

Dead: Band 1 - Roman (German Edition)

Titel: Dead: Band 1 - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig DiLouie
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sich eine Zigarette an, wirft das Zündholz zu Boden und hustet.
    Gott, wo bist du?
    Paul hat seit Wochen nicht mehr gebetet, seit dem Tag, an dem Sara mit ausgestreckten Krallen auf ihn losgegangen ist. Früher hat er in Gesprächen mit Gott immer einen direkten Weg zu innerem Frieden und zur Lösung von Problemen gesehen.
    Warum hast du uns verlassen?
    Er fragt sich, ob dies irgendeine Prüfung ist, der die Menschheit sich stellen muss. Und auch er persönlich. Wenn es so ist, ist sie nicht gerecht. Man stelle sich eine Schule vor, in der die Schüler erraten müssen, wie die Aufgabe lautet, die sie zu beantworten haben.
    Lieber Gott, hilf mir, dein Diener zu bleiben. Ich möchte dir nur dienen und dich durch gute Arbeit preisen und die frohe Botschaft der Auferstehung deines Sohnes verbreiten.
    Er denkt darüber nach. Was hat er getan, um zu helfen, außer endlos das Gewehr sprechen zu lassen? Er fragt sich, ob er im Himmel noch willkommen ist. Jesus’ Lehren scheinen irgendwie nicht zu diesem Inferno zu passen. Jene, die wörtlich die göttlichen Gebote gegen das Töten befolgt haben, sind schnell gestorben.
    Er war so nahe dran, völlig aufzugeben. Er erinnert sich, dass er an einer Mauer im Regierungsbunker gestanden hat, als die anderen Flüchtlinge evakuiert wurden. Die Menschen scharten sich um die Tür, während Paul so tat, als betete er vor den Reihen der an der Mauer sauber aufgereihten Leichensäcke. Er wollte, wenn die anderen gegangen waren, zurückbleiben. Er wollte zurückbleiben, weil er sich selbst in einen Leichensack legen und totstellen wollte, bis Gott ihn holte.
    Stattdessen hatte Anne seine Hände das Kriegführen gelehrt.
    Ein anderes übles Zeitalter hat Gott schon mit Wasser beendet; mit einer gewaltigen Springflut, die die Erde bedeckt und ersäuft hat. Dann ging das Wasser zurück, und Noah, der seine Arche verließ, sah die überspülten Ruinen der großen Städte mit Tangfetzen bedeckt und Tausende und Abertausende aufgeblähter Leichen halb im Schlamm begraben.
    Noah war geprüft worden. Aber Gott hatte auch mit Noah gesprochen.
    Sprich zu uns, Herr. Sag uns, was du möchtest.
    Er tritt seine Zigarette aus und denkt verbittert, dass da draußen vielleicht irgendwo ein Noah ist, der seine Festung für die Rechtschaffenen baut und Paul einfach nur nicht eingeladen ist.
    Er ist kein Noah. Das weiß er. Er hat jedoch den Eindruck, dass er viel mit Hiob gemein hat.
    Gott fragt Satan, was er von Hiob hält, einen wahrhaft frommen Menschen. Satan antwortet, dass Hiob Gott nur deswegen liebt, weil Gott ihn mit Reichtümern, Gesundheit und einer Familie gesegnet hat. Gott gibt Satan die Erlaubnis, Hiob zu prüfen. Zuerst wird sein gesamter Besitz vernichtet. Dann tötet ein Sturm all seine Kinder. Hiob fährt fort, Gott zu lobpreisen und beklagt, dass der Herr zwar gibt, aber auch nimmt. Danach schlägt Satan ihn mit der Beulenpest. Hiob, Asche auf dem Haupt, wehklagt zwar, vergibt Gott jedoch.
    Schließlich, als er es nicht mehr aushalten kann, verflucht er den Tag seiner Geburt. Er erkennt, dass sein Leben bedeutungslos ist, und glaubt, dass ihm nichts anderes übrigbleibt, als zu sterben. Er versteht nicht, warum Gott den Menschen zum Leiden erschaffen hat.
    Eine gute Geschichte. Paul kann sie in jeder Hinsicht nachempfinden.
    Gott kommt in einem Wirbelsturm zu Hiob und sagt, es stünde ihm nicht zu, ihn infrage zu stellen, da er der König des Universums ist und seiner Schöpfung gegenüber in keiner Weise rechenschaftspflichtig.
    Paul hat es immer für eine faule Ausrede gehalten, dass Gott Hiob eine schreckliche Antwort gab, die im Grunde nur besagte: Ich bin Gott, du bist nichts, also bitte mich nicht, mich zu rechtfertigen.
    Aber es war immerhin eine Antwort.
    Sprich zu uns, Herr. Wenn du nicht mal in diesen finsteren und sorgenvollen Zeiten zu uns sprechen willst, warum sollten wir dir dann überhaupt Treue schenken?
    Die Juden haben mehr als sechzig Jahre mit dem Inferno gerungen und versucht, ihren Glauben an einen gerechten und gnädigen Gott mit den Millionen Vergasten, Erschossenen und Verbrannten in den Todeslagern in Einklang zu bringen. Paul fragt sich, was die Menschheit aus Gott machen wird, wenn – und falls – diese Pest jemals endet. Wenn Gott die Billigung des Menschen nicht braucht, kann er sie vielleicht opfern.
    Der Gott des Alten Testaments hat derlei Eigensinn mit Pestilenz und Gemetzeln belohnt. Doch wie Hiob im Grunde gesagt hat: Was kannst du mir noch antun,

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