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Dead Beautiful - Deine Seele in mir

Dead Beautiful - Deine Seele in mir

Titel: Dead Beautiful - Deine Seele in mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Y Woon
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normale Zusammenarbeit wie zwischen Arzt und Schwester, das war was Engeres. Als er starb, wurde sie die erste Rektorin, und da ging dann alles los. Darum sterben auch immer Paare. Sie rächt sich an den Verliebten.«
    Bambergers Theorie mag abenteuerlich klingen, und doch gibt es da noch ein beunruhigendes Detail, von dem nicht einmal die Dorfbewohner wissen – nämlich die Todesart einer Mehrzahl der Opfer. Nach vertraulichen Polizeiakten, deren Inhalt ein ehemaliger Lehrer des Instituts unter dem Siegel der Anonymität bekannt gegeben hat, wurde in mehr als der Hälfte der Todesfälle am Gottfried Herzversagen festgestellt.
    Ich ließ das Buch sinken und sah Nathaniel an. »Das ist es«, sagte ich und tippte nervös auf die Seite vor mir. »Das ist der Beweis, der meine Eltern mit dem Gottfried verbindet. Mit Benjamin. Mit allem.«
    Nathaniel erwiderte nichts und gönnte mir den Moment des Triumphs.
    »Aber warum?«, sagte ich mehr zu mir selbst. Ich musste sofort Eleanor davon erzählen. Und Dante.
    »Ich weiß nicht«, sagte Nathaniel.
    »Wie spät ist es?«
    »Halb fünf.«
    Noch eine halbe Stunde, bis ich Dante traf. Es schien noch eine Ewigkeit. Ich blätterte um.
    Wie also konnten so viele junge Schüler an Herzanfällen sterben? Und vertuschte die Schule diese Tode, indem sie Krankheiten, Kriege und Naturkatastrophen vorschob? Darauf haben viele eine Antwort parat – es gibt zahlreiche Verschwörungstheorien, Geschichten, die ans Übernatürliche grenzen. Und doch können auch deren eifrigste Verfechter nicht erklären, warum der Fluch plötzlich seine Wirkung verlor.
    Das zweite Herbstfeuer, das diesen Mai wütete, stellt die erste unerklärliche Tragödie seit dem Jahr 1789 dar. Sogar Rektor Brownell Winters, seit fast 17 Jahren im Amt, war sprachlos und weigerte sich, zu Ursache und näheren Umständen des Brandes Stellung zu nehmen. Das Feuer verschlang den ganzen Nordwald, heute der »Tote Wald« genannt, und das leuchtende Orange der Baumwipfel verlieh dem Brandseinen Namen. Es überwand die Mauer und griff auf die Gottfried-Bibliothek über, die völlig zerstört wurde. »Eine wahre Tragödie«, äußerte sich der örtliche Buchhändler Conrad Porley. »So viele Bücher – für immer hin.« Zu den verbrannten Werken zählen auch die wenigen Studien und Chroniken über das Institut selbst.
    Zur Überraschung der Mitglieder der Gottfried-Gemeinde hat sich Winters weder an der Untersuchung beteiligt noch um den Wiederaufbau der Bibliothek bemüht. Anfang Juni, nur wenige Wochen nach dem Brand, ist er von seinem Amt zurückgetreten und hat die Schule verlassen. Auf den Gottfried-Fluch angesprochen, antwortete er: »Es gibt keine Flüche – nur Menschen und ihre Entscheidungen.« Was er damit gemeint haben mag, bleibt – wie auch die Ursache des Brandes – ein Rätsel.
    Ich blätterte um, um mehr zu lesen, aber es kamen nur noch Illustrationen und Fotos. Die erste zeigte eine Zeichnung, auf der kleine Kinder in den See geworfen wurden – derselbe See, der noch immer in der Mitte des Schulgeländes lag. Die Bildunterschrift lautete: Masern- und Mumps-Epidemie 1736 . Ärzte reinigen erkrankte Schüler.
    Darunter war ein Foto meines Großvaters. Er stand vor dem Haus Archebald, ein gezwungenes Lächeln auf den Lippen. Rechts und links von ihm standen zwei Frauen in steifer Pose, die Hände auf dem Rücken verschränkt. Sie waren jünger als mein Großvater. Die eine Frau erkannte ich nicht, die andere schon. Sie war hochgewachsen, mitschmalem Gesicht, scharf gezogenen Augenbrauen und ergrauendem Haar. Sie trug ein Hauskleid. Darunter stand: 1988 : Professor Cordelia Milk, Rektor Brownell Winters, Professor Calysta van Laark (v.l.n.r.) .
    Das Foto war ein Jahr vor dem Brand aufgenommen worden. Ich starrte auf das Gesicht meines Großvaters und versuchte mir vorzustellen, dass er einmal Rektor des Gottfried gewesen war.
    Die Buchstaben verschwammen vor meinen Augen. Was war die Ursache all dieser Herzanfälle am Gottfried gewesen? Und was hatten sie mit meinen Eltern zu tun, die fünftausend Kilometer entfernt gestorben waren? Auf der Suche nach mehr Informationen blätterte ich den Rest des Kapitels durch, aber Interessantes kam nichts mehr. Frustriert, dass hier keine weiteren Antworten zu finden waren, nahm ich mir den Rest des Buches vor. Die anderen Kapitel handelten von Attica Falls – Wetter, geografische Lage, Demografie der Bevölkerung. Kein Wunder, dass dieses Werk nicht mehr aufgelegt

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