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Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition)

Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition)

Titel: Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yvonne Woon
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dieser Nacht kam ich nicht zur Ruhe. Ich hatte Albträume von Fingern, die an Fenstern kratzten, von einem langen Schattenriss, der sein Gesicht auf meines senkte, von Haut mit einem Spinnennetz aus Adern und von eisigem Atem, der gegen meine Lippen schwappte.
    Am nächsten Morgen weckte uns der Leiter der Fährstation durch heftiges Wummern an die Tür. Ich wälzte mich von den Plastikstühlen und machte ihm auf. Draußen war der Winterhimmel weiß und strahlend. Ich starrte auf die verlassenen Straßen und konnte das Gefühl nicht abschütteln, dass die Untoten uns fest im Blick hatten.
    »Es tut mir leid«, sagte ich zu Noah, als wir darauf warteten, dass das Boot ablegte.
    »Du musst dich nicht entschuldigen«, sagte er und lächelte mich halbherzig an. Er tat, als wäre für ihn alles halb so wild, obwohl ich genau wusste, dass er mir etwas vormachte.
     
    Als wir auf dem Campus ankamen, traten wir als echte Wächter durchs Schultor. Wir hatten im Eishof einen Untoten umgebracht. Ich hatte ihm dabei zugesehen, wie er sich auf dem Kellerboden gewunden hatte. Aber als ich neben Noah den verschneiten Pfad entlangging, kam es mir vor wie ein Rückschritt. Je mehr ich über mich herausfand und über die Menschen, die ich liebte, desto stärker änderte sich mein Blick zurück, auf meine Vergangenheit. Seit wann lief alles so falsch?
    »Wo gehst du hin?«, fragte Noah, als ich bei der Weggabelung auf das Mädchenwohnheim zusteuerte.
    »Zurück in mein Zimmer.«
    »Wir müssen zum Rektor. Wir müssen ihm erzählen, dasswir ein ganzes Haus voller Untote gefunden haben und vielleicht einen Bruder des Liberum.«
    »Nein«, sagte ich schnell. »Das können wir nicht.«
    »Was? Wieso nicht?«
    »Weil sie uns dann fragen, wie wir das Haus entdeckt haben, und dann muss ich ihnen von meinen Visionen erzählen und dann   …«
    Noah wartete darauf, dass ich weiterredete. »Und dann was?«
    »Und dann   …« Aber je länger ich nach einer Antwort suchte, desto deutlicher wurde mir, dass ich gar keine hatte. Meine Arme sackten schlaff herunter. »Keine Ahnung.«
    »Du kannst ja nichts für diese Visionen. Der Rektor sollte dir dankbar sein. Wenn du nicht wärst, hätten wir die Untoten ja gar nicht entdeckt.«
    Das streute eher Salz in die Wunden, doch ich nickte.
    Aus den Fenstern des Rektorats leuchtete es warm heraus, als wir uns näherten. Das Kopfsteinpflaster lag tief verschneit.
    Eine ältere Dame in Wollpulli und Brosche öffnete die Tür. Seine Sekretärin. Der traurige Zustand unserer schmutzigen Kleidung entging ihr nicht. »Nachtschicht eingelegt?«
    »Wir müssen mit Rektor LaGuerre sprechen«, sagte Noah.
    »Ich fürchte, er ist noch nicht aus den Winterferien zurück. Ist alles in Ordnung?«
    Noah warf mir einen Blick zu. »Wissen Sie, wann er kommt?«
    »Morgen früh wird er wieder im Büro sein. Möchten Sie ihm eine Nachricht hinterlassen?«, fragte sie und zückte einen Füller.
    »Nein«, sagte ich bestimmt. »Wir kommen morgen wieder.«
    Nachdem wir uns für den nächsten Morgen vor dem Unterricht verabredet hatten, begleitete mich Noah zurück zum Wohnheim. Auf dem Treppenabsatz blieb ich stehen. Die Schneeflocken verfingen sich in meinen Wimpern.
    »Danke«, sagte ich.
    »Sag das bitte nicht«, erwiderte er leise, aber mit angespanntem Unterton. »Sonst frag ich mich nur, ob ich dich hätte überzeugen können.«
    Ich schob mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Nein   – ich   –«
    Aber Noah war schon die Stufen hinunter. »Pass auf dich auf, Renée.«
    Als ich mein Zimmer erreichte, war ich innerlich so betäubt, dass mir die offene Schranktür erst gar nicht auffiel. »Komisch«, meinte ich, knipste das Licht an und sah hinein. Alles beim Alten. Doch als ich zu meinem Schreibtisch ging, knirschte etwas unter meinen Füßen. Ein paar Glasscherben lagen neben meinem Bett verstreut   – die Überbleibsel des Wasserkrugs auf meinem Nachttisch. Ich bückte mich nach einer Scherbe und sah dann in den Mülleimer, wo das übrige Glas lag. Jemand war hier drinnen gewesen.
    Ich ließ alles stehen und liegen, stürzte durch die Badezimmertür und hämmerte an Clementines Tür.
    Zu meiner Überraschung war es der Rektor, der aufmachte.
    »Renée«, sagte er und setzte eine von Clementines Taschen ab. Er trug Mantel und Hut, beide schneebestäubt.Hinter ihm stand Clementine in hohen Pelzstiefeln und Ohrschützern.
    »Rektor LaGuerre«, sagte ich verwirrt, »Sie sind schon da.«
    Er lächelte mich

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