Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition)

Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition)

Titel: Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yvonne Woon
Vom Netzwerk:
erschien eine Frau. Sie war kräftig gebaut, mit dünnem Haar und mächtiger Brust. »Ja?«, fragte sie mit tiefer Stimme. Ihre Hände waren rot gefleckt. Sie wischte sie an ihrer Schürze ab.
    Anya sagte etwas auf Russisch zu ihr. Nachdem sie ausgeredet hatte, musterte mich die Frau von oben bis unten. »Was willst du von mir?«, fragte sie mit schwerem Akzent.
    »Ich habe Träume und ich glaube, sie könnten Vorahnungen sein.«
    Die Frau kniff die Augen zusammen. »Gib mir deine Hände.«
    Nach kurzem Zögern legte ich meine Hände in ihre. Sie drückte ein wenig darauf herum, wie bei einer Massage. Ihre Finger waren feucht und kräftig. Dann ließ sie meine Hände fallen und sagte etwas auf Russisch zu Anya, bevor sie nach drinnen verschwand.
    »Sie macht es«, übersetzte Anya und gemeinsam folgten wir ihr in die Wohnung.
    Der Eingangsbereich war finster und mit Teppichen ausgelegt; die schmutzigen Fenster zeigten auf einen Notausgang und eine Ziegelmauer hinaus. Es stank nach Fleisch. Durch ein Labyrinth von Zimmerchen ging es durch zum hinteren Teil der Wohnung, vorbei an einem Jungen vor dem Fernseher, einer Nähmaschine und zwei nadelgespickten Schneiderpuppen, bis wir es ins Esszimmer geschafft hatten.
    Zinya stützte sich schwer auf einen Stuhlrücken. »Kostet vierzig Dollar. Okay?«
    Anya warf ihre Tasche auf den Boden und stieß wild gestikulierend einen Wasserfall russischer Worte aus. Sie prasselten so schnell, dass ich überrascht war, dass Zinya ihnenfolgen konnte. Nachdem der Handel abgeschlossen war, wandte sich Zinya endlich mir zu und sagte: »Zwanzig.«
    Ich nickte.
    Eine Schmeißfliege brummte an den Fenstern herum. Ohne Vorwarnung griff sich Zinya eine Fliegenklatsche und machte kurzen Prozess. »Aber immer nur eine auf einmal«, fuhr sie fort und sah uns herausfordernd an.
    »Geh du zuerst«, sagte Anya und musterte angewidert eine Gruppe Porzellanfigürchen. Als ich mich zierte, wiederholte sie: »Geh schon.«
    Ich folgte Zinya in die Küche, die einen schmuddeligen Linoleumboden und einen Deckenventilator aufwies. »Wasch deine Hände«, sagte sie und ließ sich an einem runden Tisch nieder.
    Neben der Spüle fand ich die Überreste eines Seifenklumpens neben einer Plastikwanne mit Roter Bete, die dort im Wasser einweichte. Ich drehte den Wasserhahn auf. Darüber hing eine Schwarz-Weiß-Aufnahme von einem stocksteifen alten Ehepaar.
    »Ich sag dir drei Dinge«, hörte ich Zinya hinter mir. »Eins über Vergangenheit. Eins über Gegenwart. Eins über Zukunft. Aber nicht mehr. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, sie sind immer verbunden.« Sie machte eine energische Handbewegung. »Immer. Hast verstanden?«
    Eigentlich hatte ich gar nichts verstanden, aber ich nickte trotzdem. Was blieb mir übrig?
    »Jetzt wähl eine Rübe«, sagte sie und wies zur Wanne.
    Sie war umschwirrt von Fruchtfliegen. Ich wedelte sie fort, tunkte nach einigem Zögern meine Hand in das lauwarme Wasser und zog eine kleine, unregelmäßige Knolle heraus. Sie war warm, wie eben gekocht. Ich brachte siezum Tisch, wo eine Packung Backpapier und eine Schüssel standen. Zinya schob mir die Schüssel hin. »Jetzt schäl.«
    Völlig perplex starrte ich auf die schmutzige Rübe in meiner Hand. Ich hatte ja noch nicht mal ein Messer. »Ich soll das hier schälen?«
    Sie nickte, als wäre das völlig selbstverständlich.
    »Klar.« Ich wendete die Rübe in meiner Hand und suchte nach einer guten Stelle, an der ich beginnen konnte.
    Es war eine Riesensauerei; der Saft rann mir die Arme hinab, während ich dilettantisch Rübenhaut in großen Fetzen abrupfte und in die Schüssel warf, bis mir schließlich nur eine glitschige Kugel blieb.
    »Gut«, sagte Zinya. »Gut.«
    Als ich fertig war, legte sie vor mir ein Stück Backpapier auf den Tisch. »Quetsch Rübe über Blatt.«
    Ich tat wie geheißen. Dunkelrosa Saft rann mir zwischen den Fingern hindurch und tropfte auf das Papier.
    Zinya schob meine Hände beiseite, schnappte sich das Papier, faltete es in der Mitte und drückte es mit ihren Wurstfingern zusammen wie beim Teigkneten.
    Dann legte sie es zur Seite und ließ mich die Rote Bete noch über zwei weiteren Bogen Backpapier ausdrücken. Ich sah zu, wie sie beide behandelte, sie immer wieder faltete und mit der Handfläche platt drückte, bis drei kompakte Quadrate vor mir auf dem Tisch lagen.
    »Vergangenheit.« Sie faltete das erste Papier auf. Es trug ein verwirbeltes Muster, das an Wellen erinnerte. Sie glättete die

Weitere Kostenlose Bücher