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Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition)

Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition)

Titel: Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yvonne Woon
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das bleibt unter uns. Wenn die Verwaltung davon Wind kriegt, schmeißen die mich noch raus.« Er zwinkerte mir zu und blätterte sich durch die Akten, bis er ein Blatt Papier gefunden hatte.
    »Ich habe neulich übrigens kurz beim Einstufungstest vorbeigeschaut. Abgesehen von Madame Goût und Mr Pollet waren Sie die Einzige, die noch in der Turnhalle war. Ich habe Sie beobachtet. Sie standen in der Mitte der Halle und haben geschrieben.«
    Er schob mir den Zettel über den Tisch. Es war die Karte, auf der ich meine Markierungen gemacht und acht der neun Tiere identifiziert hatte.
    »Das hier ist unfassbar«, sagte er.
    Ich spürte, wie mein Gesicht rot anlief. War es das?
    »Verzeihen Sie«, sagte er. »Ich bringe Sie in Verlegenheit. Lassen Sie mich erklären. Ich habe Sie hergebeten, weil ich Ihnen zu Ihrem Ergebnis gratulieren wollte. Doch um ehrlich zu sein   – nachdem ich Sie beobachtet und mir Ihre Ergebnisse angeschaut habe, wird Ihnen selbst dieser erstePlatz gar nicht gerecht. Ihrer Fähigkeit, den Tod zu orten, ohne sich zu bewegen, ohne auch nur einen
einzigen
Schritt zu machen.« Er legte seinen Finger auf die Mitte der Karte. »Das ist eine Fähigkeit, nach der viele von uns trachten, die aber kaum einer je erwirbt, auch nicht nach Jahren der Übung. Wie haben Sie das gemacht?«
    Wie
hatte
ich es gemacht? Lag es daran, dass ich ein kleines bisschen untot war, eine bessere Ausgabe meiner selbst? Das war meine Theorie, doch die erklärte noch lange nicht,
wie
ich es gemacht hatte. Am Gottfried war ich die Beste im Gartenbauunterricht gewesen, aber dort hatte ich nie gespürt, wie sich die Luft zu einem Pfad teilte, geschweige denn den genauen Fundort toter Lebewesen auf einer Karte einzeichnen können, ohne sie wirklich vor mir zu haben. Ich war einfach tumb in eine Richtung marschiert, bis ich dann irgendwann über ein totes Tier stolperte und mich durch Gekreische zum Gespött machte. Jetzt war alles anders. Die toten Tiere waren wie Gegenstände, die ich verloren hatte. Ich musste nur meine Schritte zurückverfolgen, bis mir einfiel, wo ich sie abgelegt hatte. Dabei hatte ich vorher noch nicht einmal gewusst, dass sie sich dort befanden. »Ich   – ich   –«
    Der Rektor musste lachen. »Schauen Sie doch nicht so verschreckt drein. Ich erwarte mir gar keine Antwort. Ich wollte nur das Mädchen kennenlernen, das die Landkarte des Todes zeichnen kann.«
    Ich lächelte ihn verlegen an. »Ich hoffe, das war jetzt keine Enttäuschung.«
    Zwischen seinen Augenbrauen bildete sich eine kleine Falte. »Natürlich nicht«, sagte er und stand auf. »Also, vielen Dank, dass Sie sich Zeit für mich genommen haben.«
    Ich griff mir meine Tasche und ging zur Tür, aber dann hielt ich inne. »Darf ich Sie mal was fragen?«
    »Selbstverständlich.«
    »Bei der Prüfung, welches Tier war das am Schluss?«
    Rektor LaGuerre legte die Hände übereinander. »Ein Kanarienvogel.«
    Meine Verwirrung musste offensichtlich gewesen sein, denn er fragte: »Stimmt was nicht?«
    »Ich kapier das nur nicht. Wie konnte ich Erste werden, wenn ich noch nicht mal alle Tiere identifizieren konnte?«
    »Weil das unmöglich gewesen wäre«, sagte er. »Von allen Tieren hat der Kanarienvogel die leichteste Seele. Seine Seele ist zerbrechlich, hohl, wie seine Knochen. Er stirbt derart schnell und plötzlich   – fast, als wäre er kaum am Leben gewesen. Als wäre er kaum vorhanden in dieser Welt. Noch nie hat ihn ein Wächter richtig bestimmen können. Es ist schon ungeheuer eindrucksvoll, dass Sie ihn überhaupt orten konnten.«
    Auf dieses Kompliment wusste ich keine Antwort und senkte den Blick. Eindrucksvoll fühlte ich mich nicht im Mindesten, nur völlig planlos.
    Durchs Fenster kam ein Luftstoß und wirbelte die Papiere auf dem Rektorenschreibtisch durcheinander. »Sie sind als Einzige über das fünfte Tier hinausgekommen«, sagte er und musterte mich, als wollte er mein Geheimnis lüften. »Die meisten Schüler haben nur drei geschafft, dann war die Zeit um. Ist Ihre Frage damit beantwortet?«
    Ein
Kanarienvogel
? Ich wiederholte das Wort im Kopf und musste daran denken, wie ich es im Flugzeug völlig grundlos herausgeblökt hatte, einfach so. War es Zufall, dassder Kanarienvogel das letzte Tier bei der Prüfung gewesen war? Nein, dachte ich. Auf keinen Fall.
    »Gibt’s noch was?«, bohrte der Rektor nach.
    Ich schüttelte den Kopf. »Ja. Ich meine nein«, sagte ich und rang mir ein Lächeln ab. »Danke schön.«
     
    Als

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