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Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition)

Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition)

Titel: Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yvonne Woon
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irgendetwas. »Wer war sie?«, fragte ich und zermarterte mir das Hirn, woher ich sie wohl kennen mochte.
    »Sie ist die Marie Curie unter den Wächtern. Die Mutter Teresa der Wächter. Der Kolumbus der Wächter!«, rief Noahs Vater und fuchtelte derart herum, dass er Wein verschüttete.
    »Aber was hat sie denn gemacht?«, beharrte Noah.
    »Viele, viele Sachen. Sie hat als Erste die Wirkung des Wassers auf die Toten untersucht.«
    Ich runzelte die Stirn. Daher kannte ich sie ganz bestimmt nicht.
    »Ihre Karriere hat sie als Schulkrankenschwester am St. Clément begonnen. 1894 ist sie dann ans Royal-Victoria-Krankenhaus gegangen, kurz nachdem es die Plebejer übernommen hatten. Dort wurde sie dann Oberschwester der Kinderabteilung.«
    »Das Royal Victoria?«, wiederholte ich und mein Blick traf Noahs. »Die Kinderabteilung?«
    »
Oui
. Sie hat das ganze Krankenhaus revolutioniert.«
    Ich hustete und die Gedanken rasten in meinem Kopf. Noah sah mich wissend an. »Und dann?«
    Noahs Vater tunkte ein Brotstückchen in den Bratensaft und stopfte es sich in den Mund. »Ein paar Jahre darauf hat Ophelia Cœur die Krankenpflege an den Nagel gehängtund ist in den Dienst der Wissenschaft getreten«, fuhr er mit vollem Mund fort. »Sie hat jedes Gewässer in ganz Nordamerika abgeklappert, um Ertrunkene zu untersuchen   – und die Art, wie Seele und Körper auf das Untertauchen in verschiedenen Arten von Wasser reagieren. Sie war die Erste, der auffiel, dass Wasser eine ›dämpfende‹ Wirkung auf tote Lebewesen hat.«
    Noahs Mutter hatte sich inzwischen wieder zu uns gesetzt und wischte Luc einen Essensrest vom Kinn. Er strahlte sie an und drückte ihr die Hand.
    »Die meiste Zeit hat sie damit verbracht, die Großen Seen zu studieren, vor allem den Eriesee. Sie hat behauptet, dass das Wasser dort die Toten noch besser abdämpft als anderswo.«
    »Der Eriesee?«, hakte ich nach.
    »Oui   …«
, sagte Luc, von meinem Interesse sichtlich verwirrt. »Viele der kleinen Inseln in diesem See hat sie als Erste betreten. Einige wurden sogar von ihr benannt.«
    Die Kleinschwesterinsel. Hier war Miss LaBarge gefunden worden. Tot.
    »Aber ich glaube, ihr größtes Verdienst bleibt die Verzeichnung aller Seen mit einem gewissen Salzgehalt, aller Seen, die die gleichen Eigenschaften wie Salzgewässer aufweisen. Das war, äh, um 1900   …«
    »Wo liegt sie begraben?«, fragte ich und fuhr dann zurück, als ich merkte, wie fordernd das klang.
    Noahs Eltern schien das nicht aufzufallen. »Wahrscheinlich auf See, wie alle anderen auch«, sagte Noahs Mutter, die an einer grünen Bohne knabberte.
    »Ach so«, machte ich. Irgendwie hatte ich wohl erwartet, dass der namenlose Grabstein ihrer war.
    »Aber ehrlich gesagt habe ich zu ihrem Tod keinerlei Quellen gefunden«, stellte Luc klar. »Damals war eben das Aktenwesen noch nicht so ausgereift wie heute. Obwohl einige ihrer Werknotizen in Archiven erhalten sind, wissen wir sogar heute noch relativ wenig über ihren Hintergrund. In ihre Vergangenheit hat sie kaum Einblick gewährt. In Erscheinung getreten ist sie auch kaum und ihre Forschungsergebnisse hat sie nur sehr gelegentlich veröffentlicht. Über ihre Vergangenheit wissen wir nur, dass sie irgendwann bei einem Brand schlimm verletzt wurde.«
    Noah und ich dachten nicht mehr ans Essen.
    »Merkwürdig,
non?
«, fragte Noahs Mutter und wedelte mit dem Sägemesser.
    »Woher wissen Sie von dem Feuer?«, fragte ich.
    »Weil ein großer Teil ihres Gesichts von Brandnarben entstellt war.«
    »Haben Sie Bilder?«, fragte ich etwas zu übereifrig.
    Noahs Vater schien ein wenig befremdet von meinem plötzlichen Wunsch, aber dann strahlte er. »Du hast den richtigen Forschergeist«, zwinkerte er mir zu. »Das gefällt mir. Nach dem Essen suche ich eins heraus.«
    Unter dem Tisch strich Noahs Fuß gegen meinen und ich errötete gleich wieder.
    Es war ein ausgiebiges, herzhaftes Abendessen. Einen weiteren Gang und zwei Flaschen Wein später war Noahs Vater ziemlich rosa um die Nase, aber sein Verstand arbeitete noch genauso wie vorhin, als er uns die Tür geöffnet hatte. Wir beendeten das Mahl mit einer Platte voll stinkender Weichkäsesorten, die Noahs Mutter wie einen Nachtisch aß. Sie fuhr mit dem Finger in den Camembertund leckte ihn dann ab, als wäre es Tortenguss. Voller Bewunderung lächelte Noahs Vater sie an.
    »Also, du interessierst dich für Geschichte?«, fragte er durch einen Mund voller Blauschimmelkäse.
    »Das war mal mein

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