Dead Cat Bounce
sah ganz anders aus als die übrigen Tische in der Gruppe, aus denen Monitore herausragten wie Satellitenschüsseln an einem Funkturm. Auf dem Doppelschreibtisch standen zwar ebenfalls mehrere Tastaturen, aber kein einziger Monitor, und zudem war er mit kleinen Figuren übersät.
»Willkommen im Bunker!«, verkündete der Baron.
An den Schreibtischen saßen fünf Männer und eine Frau, die Kaffee tranken und sich angeregt unterhielten. Keiner von ihnen telefonierte. Alle hatten einen Bürstenhaarschnitt, bis auf die Frau, deren platinblonde Haare zu Zöpfen geflochten und hochgesteckt waren. Als Jonah und der Baron ankamen, nahm die ganze Gruppe Haltung an, indem sie die Hacken zusammenknallten und den rechten Arm mit der flachen Hand nach vorn ausstreckten, wie Polizisten, die Autofahrer zum Anhalten zwingen wollen. Der Baron blieb stehen, erwiderte den Gruß und knallte seinen Aktenkoffer auf den Doppelschreibtisch. Er landete mit einem lauten Knall auf der Tischplatte und nur durch viel Glück ging dabei keine der zahlreichen Figuren zu Bruch.
Jonahs Augen wurden so groß wie Untertassen – war das eben wirklich passiert?
Von der anderen Seite der Schreibtische drang eine Stimme zu ihnen. »Was hast du denn da, Baron? Einen neuen Rekruten?«
Jonah suchte nach dem Eigentümer der Stimme und fand einen Mann mit blasser Haut und einem Gesicht wie ein Wiesel, das höhnisch zu grinsen versucht.
»So ungefähr, Dog«, erwiderte der Baron, während er Jonah um die Schreibtische herumführte, sodass sie auf der gleichen Seite wie die Händler waren. »Das hier ist Jonah Lightbody, Biffs Sohn. Ich habe ihn aus der Höhle der Weicheier gerettet, damit er hier bei uns die raue See der Finanzgeschäfte kennenlernt.«
Die anderen fingen sofort zu grinsen an. »Zieht die Säbel, Piraten!«, rief der Mann von eben. Jonah unterdrückte ein Lachen. Hier ging es eher zu wie im Aufenthaltsraum seiner Schule und nicht wie am Arbeitsplatz seines Vaters.
Der Baron fand das jedoch alles andere als witzig. Seine Augen blitzten vor Wut und forderten den Mann – Dog, wie er ihn genannt hatte – auf, noch etwas zu sagen. Aber Dog brachte kein Wort mehr heraus.
Erst als klar war, dass er den Kampf gewonnen hatte, wurde der Baron sichtlich lockerer. Der verkniffene Zug um seinen Mund verschwand wieder und er legte Jonah wie ein freundlicher Onkel den Arm um die Schultern. »Jonah wird mir heute Morgen helfen, also passt auf, was ihr sagt. Wir wollen doch nicht, dass er einen schlechten Eindruck bekommt, oder?«
»Nein, auf gar keinen Fall«, warf ein Mann in einem rosafarbenen Hemd ein, dessen Lippen sich zu einem breiten Grinsen verzogen hatten.
»Gut«, erwiderte der Baron mit unbewegtem Gesicht. Offenbar war er davon überzeugt, dass Jonah bei seinen Leuten einigermaßen gut aufgehoben sein würde, denn er fügte noch hinzu: »Zeigt ihm alles, ja? In zehn Minuten bin ich wieder da. Ich muss ein paar Anrufe machen.« Und damit drehte er sich um und ging.
Als der Baron weg war, wurde es sonderbar still in dieser Ecke des Saals. Die ausgelassene Stimmung von eben war verschwunden und Jonah auf sich allein gestellt.
Ein Kugelschreiber klickte. Ein Bürostuhl wurde herumgedreht.
Jonah suchte nach einem freundlichen Gesicht, doch die Händler starrten ihn mit einer Mischung aus Neugier und Abneigung an, als wüssten sie nicht so genau, was sie von dem Neuzugang halten sollten.
Ein groß gewachsener Mann sah aus, als könnte er ein Verbündeter werden. Allerdings nur so lange, bis er sich mit der Zunge über die Lippen fuhr, als wäre Jonah ein Leckerbissen, auf dem man eine Weile herumkaute, bis man ihn schließlich ausspuckte. Auch die Frau schien nett zu sein, vielleicht war sie ja so warmherzig und hilfsbereit wie Mrs Humphries, Jonahs Englischlehrerin? Doch kaum war Jonahs Blick in ihre Richtung gehuscht, kniff sie die Augen zusammen, und ihm war klar, dass sie ganz anders war als seine Lehrerin.
»Kann er sprechen?«, fragte ein Mann mit einer Fliege.
»Nein, sieht nicht so aus«, meinte der Mann, den der Baron »Dog« genannt hatte.
Nervös warf Jonah einen Blick hinter sich, zu der Stelle, an der sein Vater mit den beiden »Neandertalern« saß. So hatte der Baron sie doch genannt, oder? Er fragte sich, ob es ein Fehler gewesen war, die Steinzeit zu verlassen.
»Na ja, das war’s dann wohl«, folgerte der Mann in dem rosa Hemd. »Der Baron hat uns einen Stummen gebracht.«
»Schade«, sagte der Große. »Und ich
Weitere Kostenlose Bücher