Dead Cat Bounce
du mich bei Laune hältst. Eher das Gegenteil. Vielleicht kann ich helfen. Ich bin gerade dabei, das Büro zu verlassen, also nimm dir ein Taxi und fahr los. Wir treffen uns dann bei mir.«
Jonah zögerte immer noch. »Creedence, ich will dir nicht …«
»Oh, jetzt hör endlich auf, so britisch zu sein. Ich erwarte dich in einer halben Stunde bei mir zu Hause. Weißt du noch, wo das ist? Ich schicke dir eine SMS mit meiner Adresse, und wenn du nicht kommst, lasse ich dich von der Polizei suchen. Ciao!«
Zehn Sekunden später hatte er die Adresse auf dem Display.
Als Jonah die Nachricht anstarrte, wurde ihm plötzlich klar, dass er mit jemandem reden wollte, und zwar mit einer ganz bestimmten Person: Creedence. Er ging zu der Garage, holte die Vespa und fuhr zur Wohnung des Mädchens, wobei er nur einmal kurz haltmachte, um Blumen und etwas zum Anziehen zu kaufen.
Um sechs Uhr klingelte er an der Tür zu Creedences Wohnung. Sie lag im Erdgeschoss eines alten Reihenhauses, das irgendwann zu einem Zweifamilienhaus umgebaut worden war. In der Hand hielt er seinen Helm, die Tüte mit den neuen Sachen und einen Blumenstrauß. Die Blumen schienen irgendwie passend zu sein, allerdings wusste Jonah nicht so genau, was für welche es waren. Rosen hatte er jedenfalls nicht gekauft, die wären wohl nicht das Richtige gewesen. So oder so, Jonah war nervös. Es fühlte sich an wie ein Date, obwohl es gar keines war.
Creedence öffnete die Tür.
»Die sind für dich«, sagte er, während er ihr den Strauß vor die Nase hielt.
Sie lächelte. »Ich hätte nicht gedacht, dass du unter diesen Umständen noch an so was denkst. Das ist wirklich nett von dir.« Sie bemerkte den Helm. »Bist du mit einem Motorrad gekommen?«, fragte sie mit einem Blick über seine Schulter.
»Mit einem Roller.« Er trat einen Schritt zurück, damit sie die Vespa sehen konnte.
»Die ist toll!«, rief Creedence aus. Jonah freute sich, weil ihr die Vespa gefiel. »Aber du solltest sie nicht auf der Straße stehen lassen. Schieb sie hinters Haus, dort steht auch mein Fahrrad … Moment, ich nehme dir deine Sachen ab … und dann hole ich den Schlüssel zum Tor.« Sie griff sich seine Tüte und verschwand kurz. Eine Sekunde später war sie wieder da, den Schlüssel in der Hand.
Jonah schob die Vespa über einen schmalen Weg, der neben dem Haus verlief und direkt zu einem kleinen, verwilderten Hofgarten auf der Rückseite führte. Die Küche der Wohnung hatte zwei Fenstertüren zum Garten hin und Creedence wartete schon auf ihn. »Komm rein«, bedeutete sie ihm. »Und entschuldige, dass es bei mir so unordentlich aussieht.«
Jonah folgte ihr hinein.
Die Wohnung war hell und luftig, mit einer modernen, offenen Küche und einem daran angeschlossenen Essbereich, der ins Wohnzimmer überging. Die Wände waren in einem gebrochenen Weiß gestrichen, die Küche im Shaker-Stil und die Möbel ein Mischmasch aus Farben und Textilien: ein großes dunkelblaues Sofa, ein cremefarbener Sessel, ein kleiner gelber Zweisitzer aus Leder und ein schmiedeeiserner Couchtisch mit einer Glasplatte. An einer Wand des Wohnzimmers standen Bücherregale und überall lagen Tragetaschen, Magazine und CDs herum. Jonah fand nicht, dass es unordentlich war, eher bewohnt und gemütlich – ganz anders als in ihrem Haus, oder besser gesagt, in dem seines Vaters, mit seinem sachlichen weißen Minimalismus und den vielen harten Kanten.
»Gehört die Wohnung dir?«, fragte Jonah, der mit den Fingern über den Baumwollstoff des Sofas fuhr. Ihm gefiel, dass alles so warm und einladend wirkte.
»Sozusagen.« Creedence nickte. »Eigentlich gehört sie meiner Großmutter, aber ich kann darin wohnen, und wenn meine Eltern aus den Staaten zu Besuch kommen, was allerdings nicht sehr oft vorkommt, bleiben sie auch hier.«
»Sie ist toll«, meinte Jonah sehnsüchtig. Er wünschte, er hätte auch eine eigene Wohnung.
»Danke.« Creedence wurde rot. »Das Haus wurde vor ein paar Jahren vollständig entkernt und modernisiert. Ich gebe mir Mühe, hier nicht alles völlig zu demolieren.« Das Mädchen ging zum Kühlschrank. »Setz dich an den Tisch, dann können wir uns unterhalten, während ich das Abendessen mache.« Sie öffnete die Kühlschranktür und nahm eine Flasche Champagner heraus. Dann holte sie zwei Gläser aus einem Schrank. »Aber zuerst trinken wir etwas!«, verkündete sie, während sie sich zu ihm umdrehte. »Meine Großmutter sagt immer, Champagner heilt alle Wunden, und
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