Dead Cat Bounce
Ural.
»Großer Gott, Schätzchen, ich habe doch nur drei Flaschen von dem Zeug hinter der Bar. Du Armer. Ich bin sicher, dass Kim uns helfen wird. Ich werde mit ihr reden.«
Der Baron ging wieder in den Klub und tat so, als wäre er völlig betrunken und könnte nur noch mit Mühe stehen. »Scrot … ycz, ich muss gehen. Es war ein ausgesprochen netter Abend«, lallte er, um das Ganze noch etwas glaubhafter zu machen. »Doch jetzt … muss ich … mich verabschieden. Ich habe ein kleines Problem in den US … USA … um das ich mich kümmern muss.«
Scrotycz blieb sitzen, je eine Blondine auf jeder Seite und eine dritte auf den Knien. »Mein lieber Baron, nett ist eine Unter … treibung. Ich habe noch nie … eine dritte Flasche … bestellt. Ich würde ja aufstehen … wenn ich könnte, aber ich glaube … das geht nicht.«
»Schcrot. Kim –« die Chinesin schob sich unter den Arm des Barons – »hilft jedem beim Aufstehen. Ich sch … schlage vor, dass Sie sich von ihr helfen lassen.« Er winkte theatralisch und die Augen des Russen leuchteten trotz des Alkohols auf. »Für Sie hat sie sowieso mehr übrig.« Er hob den Arm und ließ Kim los.
»Wir werden … gut zusammenarbeiten«, lallte Scrotycz. Er hob sein Glas und sagte etwas, das sich wie »ipa« anhörte.
»Ipa, mein russischer Freund, ipa«, erwiderte der Baron, der jedoch nur seine Hand hob. Er drehte sich um, ging durch den Ausgang zur Straße, wo sein Wagen geparkt war, und ließ sich auf den Rücksitz fallen, während ihm nur ein Gedanke im Kopf herumging: Wo zum Teufel war der Junge?
35
Samstag, 20. September
»Der Junge« war schließlich gegen drei Uhr morgens todmüde ins Bett gefallen, ohne dass er den Link zu den privaten Dateien des Barons gefunden hatte. Um acht Uhr wurde er von seinem Vater mit Kaffee und Croissants geweckt und setzte sich sofort wieder an den Laptop. Seinem Dad war seine Nervosität deutlich anzumerken, was auch keine große Hilfe war. Jonah hörte mit halben Ohr, wie sein Vater sich mit allem Möglichen beschäftigte und ein Auto und Flüge für den Nachmittag organisierte. Trotzdem fragte er alle fünf Minuten nach, ob Jonah etwas entdeckt hatte. Es war eindeutig einfacher gewesen, als er noch geschlafen hatte. Schließlich holte Jonah seinen neuen iPod aus dem Aktenkoffer, zog ihn aus der flauschigen blauen Hülle und steckte sich Kopfhörer mit Rauschunterdrückung in die Ohren.
In London bekamen der Baron und Amelia gleichzeitig eine Nachricht, auf die sie schon gewartet hatten. Der Absender war das Global-Positioning-Kontrollzentrum in Greenwich. Jetzt wussten sie, dass Jonah in Amsterdam war. Sie hatten sogar die Adresse des Hotels.
Der Baron fieberte fast vor Neugier, als er Amelia und Kim in sein Arbeitszimmer führte – sie waren gekommen, um ihn bezüglich Scrotycz auf den neuesten Stand zu bringen – und Jez von der IT-Abteilung ins Wohnzimmer verbannte, wo dieser seinen Laptop reparieren sollte, der am Vormittag, als er ihn einschalten wollte, abgestürzt und eingefroren war. Der Baron setzte sich an seinen Schreibtisch, den beiden Frauen gegenüber. »Was ist das für eine Sache mit Scrotycz und dem Jungen?«, verlangte er von Kim ohne weitere Umstände zu wissen. Er fragte sich, ob sie unter ihrem kurzen Pelzmantel tatsächlich nichts anhatte. Nichts deutete darauf hin, dass sie darunter irgendetwas am Leib trug.
»Der Junge steckt in Schwierigkeiten. Er ist vermutlich zu Tode erschrocken«, berichtete Kim, als würde sie eine kleine Wetteränderung melden. »Scrotycz hat zu ihm und seinem Vater gesagt, dass er sie umbringen wird, wenn sie ihm nicht innerhalb von dreißig Tagen einhundert Millionen Dollar geben.«
Das würde sein Verschwinden erklären, dachte der Baron. Es war unmöglich, innerhalb von dreißig Tagen einhundert Millionen Dollar zu beschaffen. Kein Wunder, dass der Junge die Flucht ergriffen hatte. Die große Frage war allerdings, ob das das Einzige war, vor dem er davonrannte. »Glaubst du, er würde sie tatsächlich töten?«, fragte er.
»Bestimmt«, antwortete Kim sofort. »Scrotycz ist kein netter Mann. Ihm gefällt es, anderen Leuten wehzutun.« Kim schüttelte den Kopf, als würde sie sich an ein Detail der letzten Nacht erinnern, das zu schrecklich war, um darüber zu reden. Amelia beugte sich zu ihr und legte eine Hand auf das Knie des Mädchens, um es zu trösten. »Nein, nein, nicht ich«, fügte Kim schnell hinzu. »Zu mir war er nett. Er will, dass ich heute
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