Dead - Ein Alex-Cross-Roman
hätte. Die Schlange der Interessenten würde die ganze Straße verstopfen. Ich bin dir gefolgt. Seit dem Tag, als wir uns vor Cross’ Haus getroffen haben.«
»Du glaubst wohl, ich kapiere deinen Sarkasmus nicht«, keifte DCPK.
»Dann wäre er ja vollkommen verschenkt. Pass gut auf Herrn Dr. Cross auf. Behalte ihn immer im Auge. Wenn er eine Möglichkeit bekommt, dann schlitzt er dich auf. Er ist ein raffinierter Typ.«
»Er kann mir nichts anhaben«, stellte DCPK sachlich fest. »Er spielt nicht in meiner Liga. Genauso wenig wie du.«
»O je«, erwiderte Kyle. »Jetzt hast du aber mir einen Stich versetzt, bildlich gesprochen.«
Ich sagte gar nichts. Irgendwo musste ich doch den Hebel ansetzen können. Ich konnte nicht so besonders gut mit Messern
umgehen, aber ich hatte schnelle Beine. Vielleicht würde mir das ja helfen, vielleicht konnte es mich irgendwie retten. Jetzt musste ich mir zusätzlich noch um Kyle Gedanken machen. Wie war er überhaupt hierhergekommen, und in welchem Verhältnis stand er zu DCPK? Hatte sich an diesem Verhältnis gerade eben etwas verändert?
»Er konzentriert sich voll und ganz auf den Kampf. Du nicht«, rief Kyle DCPK von der Seitenlinie aus zu - ganz der Trainer. »Mehr will ich doch gar nicht sagen. Fang damit an, was du willst.«
DCPK richtete den Blick wieder auf mich. »Also gut. Dann lass mich jetzt Cross erledigen. Dir zu Ehren.«
Dir zu Ehren? Was sollte das denn schon wieder heißen? Dann stieß er erneut mit dem Messer nach mir und verfehlte mich. Aber dieses Mal machte er ernst. Noch ein schneller Schwung, und aus meinem Arm rann Blut, breitete sich auf meinem Hemd aus und tropfte dann zu Boden.
»So ist es besser, DCPK«, feuerte Kyle ihn an, seine Stimme klang plötzlich kehliger als zuvor. »Und jetzt, hau ihn weg! Mach ihn fertig! Bring ihn um, den Scheißkerl!
DCPK fing an mit geöffnetem Mund zu keuchen. War das vielleicht ein Vorteil für mich? Ich umkreiste ihn, erst links herum, dann änderte ich die Richtung. Nicht aufgrund irgendeiner Logik, es war reiner Instinkt.
Ich hatte gerade wieder die Richtung gewechselt, da stieß er mit dem Messer nach mir. Daneben! Dafür erwischte ich ihn am Arm. Blut spritzte aus der Wunde. Schlimme Sache, solche Messerspielchen.
Kyle applaudierte. Langsam, ganz langsam klatschte er in die Hände, ließ aber keine Anfeuerungsrufe mehr hören.
Erneut umkreiste ich meinen Gegner, bewegte mich aber schneller als zuvor. Änderte abrupt die Richtung.
Unvermittelt heulte DCPK mit tiefer Stimme auf und stürzte sich auf mich. Ich machte eine Linksdrehung und wandte ihm für einen kurzen Augenblick den Rücken zu. Er war immer noch in die andere Richtung unterwegs. Und das bedeutet ... was? Ich vollendete meine Drehung und stemmte den rechten Fuß fest auf den Boden. Dann rammte ich mein Messer mit voller Wucht nach oben, unterhalb seines Arms. Die Messerspitze traf auf Fleisch, auf Muskeln und bohrte sich schließlich in seine Brust.
Sein Stöhnen war fast so laut wie sein Gebrüll vor wenigen Sekunden. »Du beschissenes Arschloch!« Dann sank er zu Boden, lag auf dem Rücken, und seine Augen starrten ins Nichts. Ich wandte mich von DCPK ab und richtete den Blick auf Kyle.
Ich hatte ein Messer.
Er hatte eine Pistole.
»So gut war er auch wieder nicht, oder?«, fragte Kyle und grinste.
124
Er redete ununterbrochen weiter, fast so, als hätte ihn unsere Begegnung aufgewühlt. Vielleicht war er ja gar nicht DCPK gefolgt, sondern mir . »Es hat mich sehr verletzt, dass du mich nicht öfter in Florence besucht hast, Alex. Du hast ja keine Ahnung. Da stecken sie dich in eine winzige Zelle und lassen dich dreiundzwanzig Stunden am Tag da drin schmoren. Das ist unmenschlich und bewirkt wirklich gar nichts Gutes. Das ist mein voller Ernst.
Wer weiß, vielleicht drehe ich ja einen extrem aufwühlenden Film wie zum Beispiel Al Gores Eine unbequeme Wahrheit oder The Road to Guantánamo . Der Titel lautet vielleicht Die nie wieder die Sonne sehen, und er wird überall in den Programmkinos hier im Osten laufen. Damit ziehe ich dann all die zarten Seelen auf meine Seite.«
»Du hast sehr viele Menschen umgebracht, Kyle. Und seitdem du wieder draußen bist, hast du schon wieder etliche Morde begangen. Wie viele waren es dieses Mal?«
Kyle zuckte mit den Schultern, dann verzog er das Gesicht zu einer Grimasse. Als Schauspieler war er nicht so gut wie Anthony, aber als Killer raffinierter. »Ganz ehrlich, ich hab sie nicht gezählt.
Weitere Kostenlose Bücher