Dead - Ein Alex-Cross-Roman
Gleichgesinnte sein sollen.« Er hatte behauptet, dass er auf andere, die ähnlich dachten wie er, anziehend wirkte.
Jetzt hatte Kyle Craig seine eigenen Vorstellungen davon, wie die Dinge sich weiterentwickeln sollten. Er wusste, dass die Zeit gekommen war, zum Angriff überzugehen, ja, vielleicht war es sogar schon zu spät dafür. Der Mann, der sich DCPK nannte, hatte über Wainwright, seinen Rechtsanwalt, während seines Gefängnisaufenthaltes, mit ihm Kontakt aufgenommen, genau wie andere, ähnlich veranlagte Freaks auch. DCPK hatte vorgegeben, ein Bewunderer und Schüler zu sein - genau wie Wainwright auch -, aber jetzt war es Zeit, dass der Lehrer aus dem Schatten hervortrat und dieses Spiel endlich selbst in die Hand nahm.
Am X-Punkt. Das müsste doch eigentlich leicht rauszukriegen sein, dachte er. Besonders für jemanden, der sich selbst für so brillant hält.
Am Samstagabend kurz vor zwölf war Kyle in Position. Wie versprochen. Er war in verschiedener Hinsicht gespannt, was sich wohl gleich abspielen würde. Zunächst einmal: War DCPK wirklich schlau genug, um zum Treffpunkt zu kommen? Das war eine berechtigte Frage, aber Kyle ging eigentlich fest davon aus. DCPK war eine ziemlich clevere Kanaille.
Zweitens: Würde DCPK ihn tatsächlich sein Gesicht sehen lassen? Dieser Sachverhalt war etwas schwieriger einzuschätzen, und Kyle siedelte die Chancen bei ungefähr fünfzig zu fünfzig an. Es hing alles davon ab, wie viel Risiko der Killer bereit war einzugehen. Wie groß war sein Selbstbewusstsein wirklich?
Würde er in einer seiner theatralischen Verkleidungen erscheinen? Vielleicht kommt er ja als ich. Bei diesem Gedanken musste Kyle lächeln. Dann befasste er sich mit anderen Dingen. Er war aufs Neue tief beeindruckt von der Idee der Freiheit - einfach hier draußen in der Welt sein zu können. Er konnte seinen Herzschlag spüren, gleichmäßig, aber leicht beschleunigt. Es gelang ihm immer besser, seinen Körper und seinen Geist zu beherrschen.
Dann hörte er etwas. Irgendjemand war hier. Eine Stimme ertönte hinter ihm.
»Dir zu Ehren.«
DCPK war gekommen und trat jetzt hinter einer Reihe nur schemenhaft erkennbarer Eichen hervor. Keine Maske, keine Verkleidung. Ein groß gewachsener, gut gebauter Mann, allem Anschein nach etwa Mitte dreißig. Ziemlich unverfroren.
Direkt hinter ihm war Alex Cross’ Haus in der Fifth Street zu sehen. Der X-Punkt . Damit war natürlich das Haus von Cross gemeint.
»Die Ehre ist ganz meinerseits«, sagte Kyle und wusste gleichzeitig, dass sie alle beide logen. Ob DCPK das hier genauso genießen konnte wie er?
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»Schön, dass wir uns endlich persönlich kennen lernen«, sagte DCPK, aber er wirkte doch ein klein wenig nervös und steif. »Alles, was du prophezeit hast, ist eingetroffen. Wirklich alles.«
»Das stimmt. Ich habe dir doch gesagt, dass ich aus Florence entkommen würde, jetzt bin ich hier«, erwiderte Kyle. Auch seine Stimme klang ein klein wenig befangen, aber das war nur vorgetäuscht.
»Da drin schläft er also? Schläft er denn schon?« DCPK deutete auf das Haus auf der anderen Straßenseite der Fifth. Er kannte die Örtlichkeiten bereits sehr gut und besaß Dutzende von Fotos aus jedem Winkel.
»Dachgeschoss. Dort arbeitet er für gewöhnlich, löst seine kriminalistischen Rätsel«, meinte Kyle. »Aber anscheinend ist er gar nicht zu Hause, oder? Da oben brennt ja gar kein Licht.«
»Nein, stimmt, er ist nicht da. Er ist in Montana und sucht nach mir. Du glaubst ja, er hätte unser kleines Spielchen durchschaut. Ich glaube das nicht«, sagte DCPK.
»Dann wäre das ja geklärt. Du solltest dich vorsehen. Dr. Cross sollte man niemals unterschätzen. Er hat einen siebten Sinn in Bezug auf diese Dinge, und er ist absolut besessen von seiner Arbeit. Könnte sein, dass da noch eine Überraschung auf dich zukommt.«
DCPK konnte sich die Andeutung eines Lächelns nicht verkneifen - grausam. »Ist dir vielleicht genau das passiert? Darf ich es wagen, eine solch provokante Frage zu stellen?«
»Aber selbstverständlich. Bei mir war es so, dass mein ärgster Feind letztendlich doch die Oberhand gewonnen hat - mein
Stolz, mein Ego, meine Hybris . Am Schluss habe ich es Cross einfach zu leicht gemacht.«
»Du hasst ihn, nicht wahr? Du willst ihn in aller Öffentlichkeit zur Strecke bringen.«
Jetzt lächelte Kyle. DCPK projizierte seine Wünsche auf ihn und gab dadurch mehr von sich selbst preis, als gut war. »Nun ja, ich möchte ihn auf
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