Dead - Ein Alex-Cross-Roman
los. Das werden Sie auch merken, ganz bestimmt. Früher hieß ich übrigens Stephen , nicht Steve.«
Wir folgten Mills nach Süden auf der US-89 in Richtung Süden, am Blackfeet-Reservat vorbei bis zur Spitze des Lower St. Mary Lake.
Von dort ging es weitere zweieinhalb Kilometer über einen nicht gekennzeichneten Feldweg, bis rechts eine praktisch überwucherte Fahrspur abzweigte.
Sie war durch zwei Polizeigatter abgesperrt. Eines davon war allerdings umgekippt. Was hatten sie wohl gegen die Leute von CNN und Gott weiß wen sonst noch ausrichten können?
Hohe Weizengrashalme streiften etliche hundert Meter lang die Seiten unseres Autos, bis wir auf eine gut 4000 Quadratmeter große, gerodete Fläche gelangten.
Tyler Bells Hütte war sicherlich alles andere als luxuriös, aber sie war auch kein Verschlag wie beispielsweise der Unterschlupf des Unabombers. Er hatte sie mit einheimischem, rotem Zedernholz verkleidet, das sich wunderbar in die Landschaft einfügte. Sie war klein und schmiegte sich in die Biegung eines nach Westen fließenden Flusses, mit einem fantastischen Blick auf die in der Ferne aufragenden Berge.
Mir war absolut klar, dass man sich so einen Ort zum Leben aussuchen konnte - solange man kein Bedürfnis nach zwischenmenschlichen Kontakten hatte und seinen Lebensunterhalt womöglich als Mörder bestritt.
109
Die Eingangstür besaß kein Schloss. Deputy Mills blieb draußen, und nachdem wir eingetreten waren, rochen wir auch, wieso. Hier drin faulte irgendeine Mischung aus Essen und Abfall vor sich hin. Es war unbeschreiblich ekelhaft.
»Ich habe gedacht, das wäre hier so was wie ein kleines Stückchen Himmel auf Erden«, sagte Bree und hielt sich ein Taschentuch vor die Nase, als befänden wir uns am Schauplatz eines Mordes. Vielleicht war es ja auch so.
Das größte Zimmer war der Koch-, Ess- und Wohnbereich mit einem Panoramafenster, das den Blick nach hinten auf den Fluss freigab. An der Seitenwand zog sich eine lange Werkbank entlang, auf der allerhand Werkzeuge und etliche Dutzend mehr oder weniger fertige Köderfliegen lagen. An der Wand hing eine kleine Auswahl an Angelruten.
Abgesehen von zwei Ledersesseln schien Tyler Bell das Mobiliar, darunter auch zwei Bücherregale aus Tannenholz, selbst angefertigt zu haben.
»Bücher sagen viel über einen Menschen aus«, sagte Mills, der sich schließlich doch entschlossen hatte, zu uns zu stoßen. Er stand vor einem Regal und betrachtete die Buchrücken. »Biographie, Biographie. Kosmologie. Lauter Sachbücher. Können Sie damit was anfangen?«
»Welche Biographien? Das wäre meine erste Frage«, sagte ich und stellte mich neben ihn, um selbst einen Blick darauf zu werfen.
Da standen etliche Werke über US-Präsidenten - Truman, Lincoln, Clinton, Reagan, Bush senior und Bush junior. Auch andere bedeutende Politiker waren vertreten: Kaiser Hirohito,
Margaret Thatcher, Osama Bin-Laden, Ho Chi Minh, Churchill.
»Größenwahn, vielleicht?«, fragte ich. »Würde in DCPKs Profil passen. Zumindest in das, was wir von ihm zu wissen glauben.«
»Sie scheinen ja nicht allzu viel Vertrauen in Ihre Ermittlungsergebnisse zu haben«, sagte Mills schnippisch. Er war sowieso der schnippische Typ.
»Habe ich auch nicht. Von Anfang an hat er uns nur an der Nase herumgeführt. Er ist ein Spieler.«
Bells Schlafzimmer war kleiner und dunkler - feuchtkalt, um genau zu sein. Im Zimmer befanden sich eine Toilette und ein Waschbecken, die durch ein weiteres Bücherregal vom restlichen Raum abgetrennt waren. Eine Badewanne oder eine Dusche konnte ich nicht entdecken, es sei denn, man rechnete das Flüsschen mit dazu. Der Raum erinnerte eigentlich eher an eine Gefängniszelle - ich musste wieder an Kyle Craig denken. Was, zum Teufel, hatte Kyle mit alledem zu tun?
Der einzige Zimmerschmuck bestand in drei gerahmten Fotografien, die senkrecht untereinander an der Wand hingen. Die Anordnung war so ähnlich wie auf der neuen Webseite. Ganz oben hing ein altes schwarz-weißes Hochzeitsbild, vermutlich Mom und Dad. In der Mitte waren zwei Golden Retriever abgebildet.
Darunter fünf Erwachsene vor ebendem roten Pickup, der jetzt einsam und verlassen draußen vor der Hütte stand.
Drei Personen erkannte ich sofort, und ich erschrak: Tyler Bell, Michael Bell und Marti Lowenstein-Bell, die später von ihrem Ehemann umgebracht worden war. Die beiden anderen, ein Mann und eine Frau, kannte ich nicht. Eine der Frauen hielt hinter Tylers Kopf zwei abgespreizte Finger
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