Dead End: Thriller (German Edition)
hin. »Ausgezeichnet.«
»Möchte ich wissen, was in Heckenmarmelade drin ist?« Versuchsweise nahm ich einen Bissen, und der Fairness halber, sie war wirklich ausgezeichnet.
»Hauptsächlich Brombeeren«, erwiderte er. »Ein paar Wildäpfel, Schlehen, Hagedorn und Hagebutte.«
Hagedorn und Hagebutte? Ich würde nicht fragen. »Also, du bist ein toller Typ, du bist Arzt, und du backst dein Brot selbst«, zählte ich auf. »Der Haken muss wohl dein peinlicher Musikgeschmack sein. Haben wir gestern Abend Billy Joel gehört?«
Er machte ein betretenes Gesicht. »Erwischt«, gestand er. »Das haben wir früher zu Hause oft gespielt, als ich noch klein war. Erinnert mich wohl an Mum. Noch eine?«
Und seine Mutter hatte er auch lieb gehabt! Ich ließ mir von ihm eine weitere Scheibe Brot abschneiden; ich hätte den ganzen Laib verdrücken können, wenn er ihn mir angeboten hätte. Wenn der Morgen danach immer so war wie das hier – Mannomann, das war ja richtig schön.
»Ein Glück, dass du geschnarcht hast, bevor Neil Diamond losgelegt hat«, bemerkte er.
Es dauerte eine Sekunde, bis das ankam. »Ich schnarche nicht.«
»Tust du doch«, entgegnete er. »Ich hab dich vom Flur aus gehört. Aber nur so ein ganz süßes kleines Schnuffelschnarchen.« Er hob das Handgelenk und schaute auf seine schmale, elegante Männerarmbanduhr. »Wir müssen uns ranhalten«, verkündete er. »Ich ruf dich heute Abend an, ja?«
Er fand meinen Mantel und meine Stiefel und lotste mich zur Haustür hinaus und in meinen Wagen. Die beiden Pointer begleiteten ihn und sprangen hinten in seinen Range Rover. Er fuhr los, den von Schlaglöchern übersäten Weg hinunter, und ich folgte ihm etwas langsamer. Ich war mir nicht sicher, wie viel meine Stoßdämpfer aushielten oder wie ich mit der Wendung umgehen sollte, die die Dinge genommen hatten.
Ich hatte diese Ermittlungen ohne klare Vorstellung davon begonnen, was mir dabei bevorstand; womit ich jedoch wirklich nicht gerechnet hatte, war, dass ich mir einen Freund anschaffen würde.
Oder, im Alter von fast achtundzwanzig, mit der Offenbarung, dass ich schnarchte.
63
Ich fuhr zum St. John’s College zurück, parkte das Auto und sprang hinaus. Wenn ich die Beine nicht in die Hand nahm, würde ich zu spät zu meiner ersten Vorlesung kommen. Überall um mich herum dachten andere dasselbe. Fahrräder rasten vorbei, Studenten hasteten durch die Tore auf der Rückseite der Gebäude. Nur eine einzige einsame Gestalt rührte sich nicht von der Stelle. Ein Mann, dessen wattierte Jacke seinen muskulösen Körperbau verbarg, die Wollmütze über die Ohren gezogen, lehnte an einem der Torpfeiler.
Ich musste mich unbedingt bei Evi melden, ehe ich wieder loszog, musste herausfinden, was es Neues von Jessica gab. Außerdem wollte ich nach meinen E-Mails sehen.
Der Mann in der wattierten Jacke richtete sich auf, als er mich kommen sah, und trat vor. Ich wurde langsamer.
Türkisblaue Augen blickten unverwandt in meine. Gib ihm gar keine Chance, sagte ich mir. Fang zuerst an. Frag ihn, wo zum Teufel er gesteckt hat, wie er dich hier einfach so hat sitzen lassen können. Ich brachte kein Wort heraus. Alles, was ich tun konnte, war, in seine Augen starren und mir wünschen, dass irgendetwas Großes, Schweres von einem der alten Gebäude fallen und mich plattmachen würde. Einen Meter von ihm entfernt blieb ich stehen und wartete darauf, dass er loslegte. Es würde schlimm werden. Er würde Dinge sagen, die ich nie wieder würde vergessen können.
»Guten Morgen«, sagte Joesbury. »Wie geht’s Ihnen?«
»Gut«, antwortete ich und war noch immer auf die Breitseite gefasst. »Und Ihnen?«
Er lächelte tatsächlich. »Könnte nicht besser sein«, erwiderte er. »Neue Befehle, Flint. Gehen Sie in Ihr Zimmer, packen Sie Ihre Sachen, und fahren Sie zurück nach London. Melden Sie sich morgen früh um neun zur Abschlussbesprechung im Yard.«
Ich brauchte eine Sekunde, um das zu verarbeiten. »Ich weiß nicht, ob ich …«
»Nehmen Sie keinerlei Kontakt zu Ihrer Mitbewohnerin, zu Dr. Oliver oder zu irgendjemand anderem im College auf. Vor allem versuchen Sie nicht, mit Nick Bell Kontakt aufzunehmen. Wir werden es wissen, wenn Sie das tun.«
Ich hatte damit gerechnet, dass es schlimm werden würde. Das hier hatte ich nicht erwartet.
»Was ist denn los?«
Er seufzte und schaute auf die Uhr. »Sie sind von dem Fall abgezogen«, sagte er. »Ich will, dass Sie innerhalb einer Stunde aus Cambridge
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