Dead End: Thriller (German Edition)
viel kleiner als das erste und für kleinere Kinder gedacht. Anstelle von Pferden waren rote, blaue und gelbe Elefanten mit erhobenen Rüsseln darauf aufgereiht, mit schimmernden aufgemalten Juwelen verziert.
Der Strahl meiner Taschenlampe streifte etwas, und ich fuhr herum und erblickte einen fürchterlich gruseligen Clown, der mich unverwandt anstarrte. Schon öffnete ich den Mund, um loszuschreien, doch dann wurde mir klar, dass es nur ein Bild war. Mit Krallenhänden und einem Gesicht, das halb Wolf und halb Dämon war, glich diese Gestalt keinem Clown, den ich jemals gesehen hatte. Hinter ihm waren noch mehr seinesgleichen: grässliche Sperrholzclowns, die für jemanden, der sie bei schlechtem Licht flüchtig zu Gesicht bekam und unter halluzinogenen Drogen stand, sehr real wirken würden.
Clowns waren das, wovor Jessica sich am meisten fürchtete. Diese Freakshow war wahrscheinlich ausschließlich zu dem Zweck erschaffen worden, ihr Todesangst einzujagen. Unwillkürlich fragte ich mich, was sie hier in dieser psychologischen Folterkammer wohl für Nicole, Bryony, Jackie und all die anderen inszeniert hatten.
Und was sie für mich geplant hatten.
Am anderen Ende des Lagerraumes fand mein Taschenlampenstrahl eine schmale Treppe, die zu einer Zwischenebene hinaufführte. Oben befand sich eine geschlossene Tür. Zehn Stufen, und die Tür war nicht abgeschlossen. Das hier war keine gute Idee. Wenn irgendetwas geschah, war ich weit von meinem Fluchtweg entfernt. Andererseits würde ich es hören, wenn sich ein Wagen näherte.
Der Raum hinter der Tür war dunkel. Er hatte vier Fenster, doch Rollos hielten das Licht fern. Ich musste mich auf die Taschenlampe verlassen.
Ein großer Fernseher stand auf einem niedrigen Glastisch an der gegenüberliegenden Wand, und davor befand sich ein einziger Stuhl mitten im Zimmer. An den beiden anderen Seiten des Raumes zogen sich Schreibtische entlang, das Computerequipment darauf schien auf dem allerneuesten Stand zu sein. Auf einem der Schreibtische standen zwei große Gegenstände unter dünnen Plastikabdeckungen. Ich hatte das Gefühl zu wissen, was das war, doch ich wollte sicher sein, also ging ich hin und hob die erste Abdeckung an. Unter der zweiten fand ich das Gleiche. Filmkameras. Keine einfachen Handycams, wie sie sich heutzutage in fast jedem Haushalt finden, sondern solche, wie ich sie bei Nachrichtenteams gesehen hatte, wenn sie Außenaufnahmen machten. Schwere, leistungsstarke Geräte mit riesigen Objektiven.
Auf dem kleinen staubbedeckten Fernsehtischchen lag eine DVD . Das Foto darauf zeigte eine junge Frau mit langem dunklen Haar in einer Art Keller, Hände und Füße gefesselt. Es hätte das Cover eines kommerziellen Thrillers sein können. Ich wusste, dass es nicht so war, denn ich erkannte das Mädchen. Der Titel auf der DVD -Hülle lautete lediglich Nicole.
Plötzlich passte das alles logisch zusammen. Gebäude Nr. 33 war ein Filmstudio.
Castell und Evi saßen in der Küche. Sie wusste nicht mehr, wie sie dorthin gekommen war. Hatte John ihren Arm genommen und sie durch den Flur geführt? Möglich. Hatte er einen Stuhl hervorgezogen und sie gestützt, bis sie darauf saß?
»Megan ist tot?«, wiederholte sie.
Castell ließ den Kopf sinken, fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. Als er sie wieder ansah, war seine Miene vollkommen gefasst. »Ich weiß«, sagte er. »Ich kann’s eigentlich gar nicht fassen.«
Er wartete darauf, dass sie die unvermeidlichen Fragen stellte, und sie hatte keine Ahnung, was für Fragen das waren.
»Es ist noch zu früh, um es genau zu sagen«, fuhr er nach ein paar Augenblicken fort. »Aber wir glauben, sie ist oben an der Treppe gestolpert. Der Teppich war nicht richtig befestigt, und sie hatte solche albernen hochhackigen Schuhe an.«
Evi befahl sich, keine Reaktion zu zeigen, sich nichts anmerken zu lassen. Denn Meg war groß und machte beim Gehen lange Schritte. Im Sommer trug sie Sandalen, Riemchendinger im New-Age-Stil. Im Winter Stiefeletten.
Schuhe mit hohen Absätzen trug sie nie.
Eine Bewegung in meinem Augenwinkel. Der Bildschirm eines der Computer hatte soeben in den Schlafmodus geschaltet. Jemand war vor Kurzem hier gewesen und wahrscheinlich bereits auf dem Rückweg. Ein rascher Blick hinter das nächste Fensterrollo zeigte mir jedoch, dass kein Fahrzeug in Sicht war.
Als der Bildschirm wieder zum Leben erwachte, zeigte er ein Videostandbild. Eine halbnackte junge Frau legte Make-up auf und beugte sich
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