Dead End: Thriller (German Edition)
hinabrutschen. Sie trug ein enges gelbes Trägerhemd und gelb gestreifte Pyjamahosen. Was sie beim Schlafen immer anhatte. Sie schob die Bettdecke weg und schwang die Beine herum, stellte die Füße auf den kalten Linoleumboden ihres Schlafzimmers. Dann saß sie eine ganze Minute lang da und konnte es nicht ganz glauben.
Sie war in ihrem Zimmer im College. Ihr Körper war steif und tat weh, schien jedoch ansonsten okay zu sein. Im Hinterkopf spürte sie einen Druck, so, als drohten ernsthafte Kopfschmerzen, aber nichts, was mit ein paar Aspirin nicht hinzukriegen wäre. Auf dem Nachttisch stand ihr Radiowecker. Fast sieben Uhr morgens. Gleich würde … Mit einem Klicken ging das Radio an. Heart Radio, damit wurde sie immer wach, sogar am Morgen nach dem allerschlimmsten Albtraum, den man sich vorstellen konnte.
Die Vorhänge waren fest zugezogen, doch draußen konnte sie die üblichen frühmorgendlichen Geräusche des St. Catharine’s College hören. Gelegentlich kam ein Jogger vorbei. Ein Fahrradfahrer. Ein Lieferwagen draußen auf der Straße.
Alles war genauso, wie es sein sollte. Die grauenhaften, kratzenden Wesen, die im Finstern auf sie zugekrochen waren, waren das Resultat von irgendetwas gewesen, das man ihr ins Glas getan hatte. Die formlosen Gestalten, die von innen gegen die Schranktür gehämmert und herausgewollt hatten, hatten nur in ihrem Kopf existiert. Die kalten, klauenartigen Hände, die sie … Großer Gott, sie musste unbedingt duschen.
Jessica erhob sich mit Beinen, die nicht allzu standfest waren. Ihr war flau, als hätte sie eine ganze Weile nichts mehr gegessen, und ein wenig übel war ihr auch. Auf ihrem Unterarm war ein blauer Fleck, an den sie sich vom Vorabend her gar nicht erinnerte. Sie griff nach ihrem Bademantel, der über der Stuhllehne hing. Ihre Hausaufgaben lagen auf ihrem Schreibtisch, wo sie sie zurückgelassen hatte. Ihr Laptop war ausgeschaltet, aber noch aufgeklappt, ihre Bücher standen im Regal, ihre Tasche von gestern Abend lag unter dem Schreibtisch und war halb ausgekippt. Alles normal.
Außer dass die Bücher alle verkehrt herum standen.
Jessica streckte die Hand nach den Büchern aus, nur um sich zu vergewissern, dass sie echt waren. Sie waren echt. Wer also hatte sie alle auf den Kopf gestellt? Fast fünfzig Bücher. Wieso sollte jemand so etwas tun? Der Song im Radio wurde schneller. Wie eine altmodische Schallplatte, die mit der falschen Geschwindigkeit abgespielt wurde. Jessica sah sich nach dem Radio um und hatte plötzlich Angst. Der Song verstummte. Eine Sekunde lang herrschte Stille, dann begann eine neue Melodie. Jahrmarktsmusik.
Nein.
Halb rennend, halb taumelnd stürzte Jessica zur Tür ihres Zimmers. Sie war abgeschlossen, natürlich, sie schloss sie nachts immer ab, aber der Schlüssel steckte da im Schloss, sie brauchte ihn nur umzudrehen, den Knauf zu packen und die Tür aufzureißen. Der Schlüssel drehte sich, der Knauf war schweißnass und glitschig, und die Tür ging nicht auf.
Sie versuchte es noch einmal, überprüfte den Schlüssel – er sah so aus wie immer –, zerrte an dem Knauf, hämmerte sogar ein paarmal gegen die Tür. Dann machte sie kehrt und rannte zum Fenster. Sie fiel halb über ihren Schreibtisch und riss an den Vorhängen.
Das Fenster war nicht da. An seiner Stelle befand sich ein Foto von einem Zirkusclown, groß genug, um den ganzen Fensterrahmen auszufüllen. Jessica hatte sich schon immer vor Clowns gefürchtet, einen wie diesen hier jedoch hatte selbst sie sich niemals vorgestellt. Die riesige rote Nase, der rot-weiß gestreifte Hut und die blaue Halskrause hätten vielleicht gerade noch zu einem normalen Clown gehören können. Doch keine Mutter und kein Vater hätten ihr Kind jemals in die Nähe eines Clowns mit einem so langen, knochigen, alten Gesicht kommen lassen. Sein riesiger, grinsender Mund war voller gelber Zähne, und er hatte milchig weiße Augen, die schwarz und knallrot umrandet waren. Kein Kind konnte diesen Clown erblicken und nicht den Verstand verlieren. Jessica dachte, dass es ihr wahrscheinlich gleich genauso ergehen würde, als sie ein leises Klopfgeräusch hinter sich hörte.
Noch immer halb auf dem Schreibtisch liegend, drehte sie sich um. Die Tür ihres Kleiderschranks knarrte und schwang auf. Im Schrank stand ein weiterer Clown. Dieser Clown war noch schlimmer, viel schlimmer. Dieser Clown trug eine Maske, die so weiß war wie ein Winterfell, mit einem riesengroßen Tierrachen und einer
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