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Dead End: Thriller (German Edition)

Dead End: Thriller (German Edition)

Titel: Dead End: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
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höchstwahrscheinlich überzeugt war, dass sie genau das trotzdem tun könnte.
    »Patientin A hat von Albträumen und Schlafproblemen berichtet, und sie hatte Angst, dass jemand nachts in ihr Zimmer kommt«, sagte Evi. »Eines Nachts ist sie zur Polizei gegangen. Sie war überzeugt, vergewaltigt worden zu sein. Es gab keinerlei greifbare Beweise dafür. Sechs Wochen später hat sie sich umgebracht.«
    Laura schrieb etwas auf ihren Block.
    »Ein paar Monate davor hat Patientin B, eine Medizinstudentin, ganz ähnliche Ängste geschildert«, fuhr Evi fort. »Sie hatte schlimme Träume sexueller Natur und ist völlig verkatert und benommen aufgewacht, obwohl sie felsenfest behauptet hat, sie hätte nichts getrunken oder geschluckt. Patientin B hat nie das Wort Vergewaltigung benutzt. Sie hatte das Gefühl, dass ihr wiederholt Gewalt angetan worden wäre, aber sie hat gedacht, das Ganze spiele sich in ihrem Kopf ab.«
    »Das ist ja gruselig«, meinte Laura. »Hat sie sich auch umgebracht?«
    Evi nickte. »Zu Beginn desselben Studienjahres hat ein anderes Mädchen, Patientin C, der Polizei von ihrer Angst erzählt, immer wieder vergewaltigt zu werden«, sagte sie. »In ihrem Blut wurde eine exzessive Menge Ketamin nachgewiesen, obwohl sie geschworen hat, sie hätte das Zeug nicht genommen. Abgesehen davon, keinerlei Beweise. Die Polizei hatte Mitleid mit ihr, aber sie hatten nichts in der Hand.«
    »Sie haben von vier Fällen gesprochen«, hakte Laura nach.
    »Patientin D hat vor fünf Jahren versucht, sich das Leben zu nehmen«, antwortete Evi. »Ganz ähnlicher Verlauf. Albträume, Schlafprobleme, undeutliche Erinnerungen an sexuellen Missbrauch.«
    »Versucht? Sie meinen, sie lebt noch?«
    Evi schwieg. Gleich darauf stand Laura auf und ging zum Fenster hinüber. »Mit den Selbstmordversuchen ist unsere Liste auf neunundzwanzig Fälle angewachsen«, sagte sie.
    »Das stimmt«, bestätigte Evi.
    Laura drehte sich wieder zu ihr um. »Wissen Sie, wer die alle sind?«, fragte sie.
    Evi nickte.
    »Aber Sie werden es mir nicht sagen?«
    »Ich bin noch nicht bereit, mir die Zulassung entziehen zu lassen«, entgegnete Evi. »Außerdem gibt es andere Möglichkeiten, wie Sie an diese Informationen rankommen können. Zu den eigentlichen Selbstmorden gibt es bestimmt gerichtsmedizinische Untersuchungsberichte. An die kommt die Polizei ohne Weiteres heran, solange man nachweisen kann, dass man einen guten Grund dafür hat.«
    Laura sah nicht aus, als wäre sie überzeugt. Sie schürzte die Lippen und blickte zu Boden. Dann schien ihr ein Gedanke zu kommen. Sie schaute auf und setzte ein höfliches Lächeln auf.
    »Ich verstehe«, sagte sie. »Danke, dass Sie mir das alles erzählt haben. Ich bespreche das mit meinen Vorgesetzten. Wenn die denken, es sei wichtig, verfolgen sie es bestimmt weiter.«
    Laura Farrow führte irgendetwas im Schilde. Jetzt war da ein Funkeln der Erregung in diesen Augen. Und sie schaute zur Tür hinüber, wo ihre Jacke hing.
    »Sie lassen es mich doch wissen, wenn irgendetwas dabei herauskommt, nicht wahr?«, fragte Evi.
    Laura versicherte, dass sie das tun würde, doch sie war im Geist bereits woanders. Sie ging zur Tür, zerrte ihre Jacke vom Haken und zog sie an. Gleich darauf war sie verschwunden.

43
    Die Besuchszeit hatte gerade begonnen, doch in dem kleinen Einzelzimmer mit dem tropischen Mikroklima war außer Bryony niemand. Als ich auf das schützende Zelt zutrat, konnte ich erkennen, dass das Leichengesicht mit zentimeterlangen metallenen Heftklammern an Bryonys Fleisch befestigt war. Sie zogen sich um Augen und Mund, über den Scheitel. Frankenstein, dachte ich unwillkürlich, Frankenstein hat Tote zusammengenäht, um ein lebendes Wesen zu schaffen.
    Bryonys Atemgerät war abermals abgehängt worden. Nur ein kleines Plastikröhrchen vorn an ihrem Hals war noch übrig, für den Fall, dass die Schwestern sie irgendwann wieder anhängen mussten. Fürs Erste atmete sie ohne Hilfe.
    Ich wäre lieber tot. Ich wäre viel, viel lieber tot, als einen einzigen Tag lang so auszusehen.
    Die Tür fiel hinter mir ins Schloss, und auf das leise Geräusch hin öffneten sich Bryonys Augen. Sie sah mich an und blinzelte.
    »Hallo«, sagte ich.
    Ihre Augen waren leuchtend blau. Wunderschöne Augen, kaum vom Feuer berührt, doch zu sehen, wie sie sich unter der toten Haut bewegten, war, als sähe man einen lebenden Leichnam vor sich. Ich zog den Stuhl neben dem Bett ein kleines Stück zurück und setzte mich. Ich

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