Dead Man's Song
Überraschung.
Sie wühlte in ihrer Schultertasche herum und holte eine einzelne Zigarette und ein Feuerzeug heraus. Sie ließ das Feuerzeug aufflammen und zündete die Zigarette an. Sie atmete eine Rauchwolke aus und seufzte zufrieden. Brown öffnete hinten ein Fenster.
»Ich weiß, wie es aussieht«, sagte sie. »Haie weigert sich, uns die Rechte zu verkaufen, also wird er umgebracht. Die Frau schreibt einen Brief, der für die Produktion gefährlich werden könnte, und auch sie wird umgebracht. Jemand wollte den Tod der beiden, weil die Show weitergehen muß«, sagte sie und hob dramatisch die Stimme. »Nun, ich habe Neuigkeiten für Sie. Die Show muß nicht weitergehen. Wenn es zu schwierig oder zu kompliziert wird, geht sie eben nicht weiter, und das ist eine Tatsache.«
»Aber die Show geht weiter«, sagte Brown. »Und auch das ist eine Tatsache.«
»Ja. Aber wenn Sie glauben, daß einer der Profis, die an diesem Projekt beteiligt sind, einen Mord begehen würde, um den Fortgang der Produktion zu gewährleisten …« Sie schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte sie, »tut mir leid.«
»Und wie steht es mit den Amateuren?« fragte Carella.
Manchmal war es besser, wenn man es mit Profis zu tun hatte.
Ein Profi wußte, was er tat, und wenn er die Regeln übertrat, dann nur, weil er sie gut genug kannte. Der Amateur sah ein oder zwei Morde im Fernsehen, kam zu dem Schluß, daß er die Regeln nicht zu kennen brauchte, er ganz einfach losziehen und selbst einen kleinen Mord begehen konnte. Der Amateur glaubte, er könne ungeschoren davonkommen, selbst wenn er nicht wußte, was er tat. Der Profi glaubte, daß er besser genau wissen sollte, was er tat, sonst würde er erwischt. Und der Profi wußte auch ohne jeden Zweifel, daß er immer besser werden mußte, sonst würden sie ihm am Ende auf die Schliche kommen. Die Ironie an der Geschichte war, daß es da draußen mehr Amateure als Profis gab und jeder es immer wieder aufs neue versuchen würde. Den Rest konnte man sich denken.
Wie Carella und Brown es sahen, waren vier Amateure an der Produktion von Jennys Zimmer beteiligt, und drei von ihnen hielten sich noch immer in dieser geschäftigen kleinen Stadt auf. Der vierte war irgendwo in Tel Aviv, lenkte sein Taxi durch die dicht bevölkerten Straßen und hoffte, daß auf seinem Weg keine Bombe explodierte. Nichts sprach dagegen, daß ein israelischer Taxifahrer einen Jamaikaner aus Houston hätte engagieren können, um einen alten Mann in seinem Badezimmer zu erhängen und später einer alten Dame das Genick zu brechen, aber das klang nach einem Stoff, den sich ein Anfänger ausgedacht hatte. Die Entfernung hätte ebensogut Felicia Carr aus Los Angeles und Gerald Palmer aus London in diesem Punkt für ungeeignet erscheinen lassen können, wären die beiden nicht ebenfalls in der Stadt gewesen, als Martha Coleridge das Genick gebrochen wurde.
Cynthia Keating stand auf der Liste der Verdächtigen noch immer an erster Stelle.
Die mausgraue kleine Cynthia, die ihren Vater vom Türhaken genommen und zum Bett rübergeschleppt hatte. Die liebe kleine Cynthia, die sich Sorgen wegen einer Selbstmord-Ausschlußklausel gemacht hatte, die sie vielleicht um jämmerliche fünfundzwanzigtausend Dollar gebracht hätte, wo doch Hunderttausende mit einem Musicalerfolg zu verdienen waren?
Sie wußten längst, wo sie Cynthia Keating finden konnten. Sie wußten, daß Palmer im Piccadilly abgestiegen war, denn das hatte er auf Connie Lindstroms Party verlauten lassen. Von dem stets hilfsbereiten Norman Zimmer erfuhren sie, daß Felicia Carr bei einer Freundin in der Stadt wohnte. Weil Felicia und Palmer an diesem Wochenende in ihre jeweilige Heimat zurückkehren wollten und die Zeit knapp wurde, bildeten sie drei Teams und teilten sich die Lauf arbeit.
Ganz gleich, ob jemand schuldig oder unschuldig war, er oder sie schien immer überrascht - und ein wenig erschrocken - zu sein, einen Polizisten vor der Tür stehen zu sehen. Felicia Carr öffnete die Tür des Gartenapartments ihrer Freundin in Majesta, sah zwei stämmige Männer, die ihr blitzende Dienstmarken vor die Nase hielten, riß ihre grünen Augen weit auf und fragte, ob es Probleme gebe, Officers?
»Wir ermitteln in einem Mordfall«, sagte Meyer, denn das brachte Amateure oft dazu, sich die Hosen naß zu machen.
»Genaugenommen geht es um zweifachen Mord«, fügte Kling freundlich hinzu. »Dürfen wir vielleicht eintreten?«
»Nun ja… klar«, sagte
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