Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition)

DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition)

Titel: DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Curran
Vom Netzwerk:
Wasseroberfläche, seine stacheligen Bauchflossen gespreizt wie chinesische Fächer und scharf genug, um Holz zu zerschneiden. Cook hielt sich am Rand des Boots fest und beobachtete, wie er mit der eisernen Schnauze gegen den Rumpf stieß und weiterschwamm. Die dicken Knochenplatten, die von der Nasenspitze bis zum Brustkorb verliefen, bestanden aus einzelnen, gegeneinander versetzten Stücken, die dem Fisch eine unglaubliche Beweglichkeit verliehen.
    Cook zog die Pistole.
    Eigentlich wollte er nicht schießen, aber er wusste nicht, was er sonst tun sollte.
    Mit weit aufgerissenem Maul stieß der Fisch gegen das Boot – einem Maul, groß genug, um einen Menschen buchstäblich in der Mitte durchzubeißen. Seine knöchernen Zahnplatten, die wie lange, gezackte Glasscherben aussahen, kratzten am Fiberglasrumpf entlang. Er konnte den Rumpf nicht zerbeißen, hauptsächlich deshalb, weil er ihn nicht zu packen bekam. Wäre das Boot aus Holz gewesen und nicht aus Fiberglas, hätte der Fisch die Planken vermutlich mit dem Kopf durchstoßen.
    Cook beobachtete ihn weiter.
    Er glaubte nicht, dass ein 9-Millimeter-Geschoss auch nur das Geringste gegen die gepanzerte Hülle ausrichten konnte. Aber etwa im Zentrum des Brustkorbs endeten die Knochenplatten und gingen in glatte Haut über, die der eines Hais oder Rochens ähnelte.
    Der Fisch verschwand für einige Sekunden außer Sicht.
    Das Rettungsboot schoss noch immer mit dem Schwung des Heckstoßes durch das Tanggestrüpp vorwärts.
    »Er kommt zurück«, sagte Fabrini verzweifelt. »Ich sehe ihn ...«
    Und er kam.
    Er kam direkt auf sie zu. Mit weit aufgerissenem Maul und schaumspritzend schoss er wie ein Torpedo auf das Boot zu.
    Der Aufprall ließ Crycek, Menhaus und Fabrini übereinanderpurzeln. Das Rettungsboot schwang in einem trägen Bogen herum. Einen Moment lang glitt es auf seinem Dollbord dahin, dann richtete es sich wieder auf. Saks schrie und brüllte wie ein wildes Tier.
    Ein weiteres Mal kam der Fisch längsseits. Cook hob die Browning und feuerte drei Schüsse aus nächster Nähe ab. Erst wusste er nicht recht, ob er etwas ausgerichtet hatte – doch dann erhob sich der Fisch ohne Vorwarnung wie ein Lachs an der Angel aus dem Wasser, und sie konnten erkennen, dass er noch länger war, als sie bisher vermutet hatten. Mindestens acht Meter. Senkrecht wie ein Baumstamm stieg er auf, und einen entsetzlichen Moment lang glaubten sie, dass er wie ein gefällter Baum auf das Boot stürzte. Doch er verfehlte es um wenige Zentimeter, brachte es nur gefährlich zum Tanzen.
    Sein riesiger Schwanz klatschte auf das Wasser, und dann verschwand er.
    Zehn angespannte, erwartungsvolle Minuten später war er immer noch nicht zurückgekehrt.
    »Ich glaube, wir haben’s geschafft«, sagte Cook.
    Die anderen enthielten sich jeden Kommentars.
    Das Boot bewegte sich weiter vorwärts, schnitt durch die Algen und die Dampfschlieren, die von dem Grünzeug aufstiegen. In großen leuchtenden Fetzen trieb der Nebel über sie und um sie herum, und unvermittelt steckten sie mitten in einer Nebelbank fest. Sie konnten in alle Richtungen keinen Meter weit sehen. Sie hörten nur, wie sich der Bug einen Weg durch die glitschigen Hindernisse bahnte, mittlerweile so dick wie Dornensträucher.
    Doch dann wich der Nebel ein Stück zurück.
    »Großer Gott im Himmel«, keuchte Fabrini. »Seht ihr das? Seht ihr das, verdammt?«
    Sie sahen es.
    Aus dem Nebel löste sich ein Frachter.

Teil Drei:
Das Wrack
    1
    Und so trieb das Floß dahin, getragen von den unbekannten Strömungen dieser miasmatischen, zähflüssigen See. Immer tiefer trieb es in die Teppiche aus blassgrünen Algen, die dick und faulig waren und ein übel riechendes Kondensat in die feuchte Luft ausdünsteten. Der Nebel ließ nie nach, doch manchmal wirkte er dünn und diesig, fast schon durchsichtig. Und dann wieder dick und erdrückend und seltsam aufgewühlt, als hätte ihn jemand mit einem Quirl umgerührt.
    In seinen poetischeren Momenten erkannte Gosling in diesem Meer einen Ozean aus Blut. Eher rosa als rot, manchmal auch schmutzig gelb, aber nie so klar wie das Wasser auf der ... nun, dort, wo er herkam. Ein merkwürdiges, fremdartiges Meer. Eine miefige, schleimige Absonderung von wässrigem Protoplasma, wie etwas, das man aus einem bösartigen Tumor abgesaugt oder aus einer entzündeten Plazenta herausgepresst hatte. Er verglich das Meer mit einer Petrischale, warm und feucht und vollgestopft mit einer organischen

Weitere Kostenlose Bücher