DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition)
schüttelte den Kopf. »Aber es ist tatsächlich ein Kriegsschiff.«
»Wie um alles in der Welt ist ein Schiff der Navy hier gelandet?«
»Was glaubst du wohl?«
Cook betrachtete die feine, krakelige Schrift, die sich im Laufe der Zeit kupfern verfärbt hatte. Die meisten Seiten zerrissen, als er versuchte, sie voneinander zu trennen, und er konnte nur Textfragmente zwischen den Stockflecken entziffern. Cook blätterte es durch und stellte fest, dass die Seiten im hinteren Teil relativ unversehrt wirkten, wenn auch wellig und braun von Wasserflecken.
»Mein Gott, diese Einträge – die letzten – datieren alle aus dem Ersten Weltkrieg! 1917, 1918. Danach kommt nichts mehr.« Er sah Fabrini in dem gelben Licht an. »Die Cyclops muss schon sehr lange hier sein.«
Fabrini schluckte, sagte aber nichts.
Cook las weiter und versuchte, sich ein Bild von den letzten Wochen zu machen, bevor das Schiff hier in diesem toten Meer gestrandet war. Fabrini wurde ungeduldig, aber er wusste, dass dieses Logbuch wichtige Informationen enthielt – wenn sie sie nur fanden.
»Wie es aussieht«, sagte Cook nach einer Weile, »wurde die Cyclops als eine Art Kohlenschiff eingesetzt. Sie war lange im Südatlantik unterwegs und versorgte britische Schiffe mit Brennstoff. Mitte bis Ende Februar 1918 lag sie unten in Rio de Janeiro. Offenbar hatte sie Maschinenprobleme. Es wurden Reparaturen vorgenommen. Sie nahm 11.000 Tonnen Manganerz an Bord und nahm Kurs auf Baltimore. Anscheinend gab es irgendwelchen Ärger an Bord. Der Erste Offizier, ein Bursche namens Forbes, wurde vom Kapitän unter Arrest gestellt. Worley hieß der. Die meisten Einträge stammen von ihm, und sie ergeben nicht viel Sinn.«
Cook las weiter und berichtete Fabrini, was er dabei in Erfahrung brachte. In Brasilien hatte das Schiff um die 300 Passagiere an Bord genommen, hauptsächlich Marinepersonal von anderen Schiffen auf dem Weg nach Hause. Aber auch sechs Militärgefangene wurden übernommen, die in ein Marinegefängnis in New Hampshire überstellt werden sollten. Zwei von ihnen waren am Mord an einem anderen Matrosen beteiligt gewesen, einer von ihnen sollte deswegen gehängt werden.
»Offenbar legten sie in Barbados an und es gab dort ein Bankett mit irgendwelchen Würdenträgern. Hier fehlt einiges ... aber am 4. März fuhren sie weiter in Richtung Baltimore. Verdammt, die nächsten Seiten sind völlig ruiniert. Ich wüsste gern, was dann passiert ist ...«
Cook las weiter, jetzt immer interessierter, während Fabrini zunehmend ungeduldiger wurde. Trotzdem ignorierte Cook die drängenden Vorschläge von Fabrini, zurück zum Rettungsboot zu gehen, und stöberte noch zehn oder 15 Minuten lang in den Aufzeichnungen.
»Es gefällt mir nicht, dass Menhaus da unten mit diesen beiden Verrückten allein ist«, erklärte Fabrini.
»Warte noch«, sagte Cook. »Okay, das Nächste, was ich halbwegs erkennen kann, stammt vom 13. März. Offenbar steckte die Cyclops da schon in diesem Nebel fest. Es kam zu Unruhen auf dem Schiff. Ab hier stammen alle Einträge von diesem Ersten Offizier, Forbes.«
Was danach geschah, las sich wie eine Seifenoper. Während der Woche, deren Einträge unleserlich waren, schien sich alles Wichtige ereignet zu haben. Cook konnte es sich nur aus Andeutungen in späteren Einträgen zusammenreimen. Das Schiff verirrte sich im Nebel, und die Besatzung meuterte entweder oder stand kurz davor. Captain Worley ignorierte die Warnungen des Chefingenieurs, dass sich die Motoren in schlechtem Zustand befanden. Mit voller Kraft lief das Schiff mitten in eine riesige Insel aus Seetang. Die Schrauben verfingen sich darin, sie konnten nicht mehr heraus. Die Cyclops strandete in diesem Algenmeer – demselben, in dem sie auch jetzt noch festhing, wie Cook annahm –, und die Stimmung auf dem Schiff geriet allmählich außer Kontrolle. Nach allem, was man sich zusammenreimen konnte, musste Worley brutal und irrational und an seinen besten Tagen ein miserabler Navigator gewesen sein. Häufiger betrunken als nüchtern verbrachte er einen großen Teil seiner Zeit damit, die Besatzung verbal und körperlich zu drangsalieren.
»Anscheinend war dieser Kerl schon vor Fahrtbeginn nicht diensttauglich«, erkannte Cook nachdenklich. »Irgendwann während dieser fehlenden Woche muss er es dann zu weit getrieben haben. Worley, kaum noch zurechnungsfähig, genervt von seiner Crew und ihrer »abergläubischen Angst« und ihrem »Mangel an Standhaftigkeit«, wie er es
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