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DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition)

DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition)

Titel: DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Curran
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waren, wirkten fein und dünn wie Draht, und als sie immer näher aufs Boot zukamen, fand Cook, dass sie eher aufgeweichten Nudeln glichen. Lang, dünn und bleich.
    »Steckt die Messer weg«, sagte Menhaus plötzlich.
    Sanft und freundlich klang er, wie ein Lieblingsonkel oder -schwager. Ein guter Nachbar oder Kumpel, mit dem man gern ein paar Bierchen trank oder grillte oder zum Bowling ging – aber er war ein Weichei, und das wussten sie alle. Als er jetzt in diesem entschiedenen, kompromisslosen Ton einen Befehl erteilte, klang das so untypisch, dass ihm alle gehorchten.
    Auch Saks beobachtete nun den Schatten, der auf das Boot zukam, und es konnte gar kein Zweifel bestehen: Der wurde nicht per Zufall herangetrieben, sondern schwamm gezielt auf das Boot zu.
    »Macht euch bereit, Jungs«, rief Saks.
    Sicher, genau das hatten sie vor – aber keiner wusste so recht, worauf sie sich vorbereiten sollten. Auf See, auf einem normalen Meer, wenn man da einen Hai oder eine Qualle auf sich zukommen sah, da besaß das Gehirn bestimmte Vorstellungen davon, was man tun konnte, denn man wusste ungefähr, womit man es zu tun hatte und wozu der Gegner fähig war. Es gab bestimmte Abwehrmanöver, die man ausprobieren konnte. Aber bei diesem ... Etwas? Wie konnte man sich auf etwas vorbereiten, das nichts ähnelte, das man kannte?
    Cook beobachtete es.
    Es umkreiste das Boot und schien sich ungefähr an die Stelle des Bugs zu bewegen, an der er sich befand. Tangklumpen wurden zur Seite geschoben, und daran ließ sich unschwer ablesen, dass es sich um ein massives Objekt handelte. Aber nach dem, was sie sahen, hätte man es nicht vermutet. Es hob sich jetzt ein paar Zentimeter aus dem Wasser, gerade weit genug, um die Oberfläche dieses algenverseuchten Meers zu durchbrechen. Ein unregelmäßig geformter, grob ovaler Buckel, der aus den drahtigen Strähnen dieses seltsamen Materials zu bestehen schien. Gelb und grün und unglaublich dicht, verflochten wie verfärbtes Engelshaar. Die erstaunlich langen Strähnen gingen von diesem haarigen Buckel in verknäuelten Strängen aus, die an manchen Stellen regelrecht verfilzten und an anderen frei im Wasser trieben.
    »Was ist das, Cook?«, wollte Menhaus wissen. »Was will es?«
    Und Cook dachte, dass es bestimmt nichts Gutes wollte – denn es erweckte eine primitive zitternde Abscheu in ihm, als betrachte man eine Spinne unter einem Mikroskop, einen knolligen, mit feinen Haaren bedeckten Körper. Etwas so Fremdartiges und Abscheuliches, dass es eigentlich gar nicht existieren konnte. Er beobachtete das Wesen, sah, dass es keine Augen hatte – nur diese dünnen, vom Buckel ausgehenden Auswüchse. Und als er diese überdimensionalen Flimmerhärchen beobachtete, die sich im Wasser wanden und zuckten, da sah er seinen Tod. Ganz plötzlich und mit absoluter Gewissheit wusste er, dass es den Tod bedeutete. Seinen Tod. Den Tod, der ihn seit 38 Jahren verfolgte. Er war gekommen, um ihn zu holen.
    Cook sah es und wusste, dass es die Wahrheit war, und dieses Wissen glich einer Rasierklinge, die über seinen Geist kratzte. Schmerzhaft, aushöhlend und vernichtend. Er verspürte das seltsame, fast halluzinogene Bedürfnis, aus seiner Haut auszubrechen und zu fliehen. Er konnte nicht atmen und spürte, wie sein Herzschlag sich verlangsamte, als bereite er sich auf das Unvermeidliche vor.
    »Das gefällt mir nicht, Cook«, sagte Saks. »Erschieß das Mistvieh ...«
    Die anderen bedrängten ihn ebenfalls, und vermutlich hatten sie recht, aber er wusste auch, dass sie diese neue und mystische Gewissheit, die in ihm erblüht war wie eine schwarze Orchidee, nicht verstehen konnten. Die Zeit schien noch nicht reif zu sein für sie.
    »Cook ...«, begann Fabrini.
    Das Wesen erhob sich vor dem Bug aus dem Wasser. Was um alles in der Welt mochte das sein? Es stieg auf aus dem stinkenden, abscheulichen Meer – Wasser, Schleim und Klumpen verwesender Materie tropften herab, Dampfschwaden stiegen auf. Es erhob sich drei oder vier Meter, klebrig und lebendig und ganz und gar unmöglich.
    Menhaus keuchte.
    Es wies eine unklare, fast abstrakte Form auf, bestand aus Buckeln und Erhebungen, die alle mit diesen Haarranken bewachsen waren, diesen verfilzten und verknoteten und wogenden und wabernden Büscheln. Zottelig und haarig, eine durchscheinende Spinne, über und über besetzt mit Haarknoten und filigranen Geflechten. Ein sich windendes Gebilde aus lebenden Spinnweben, die sich in ständiger kriechender

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