DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition)
Küstennebel zu durchdringen versucht.
»Ihr glaubt doch nicht, dass es dieser ... dieser Nebelteufel ist, oder?«
»Nein«, sagte Cushing. »Das glaube ich nicht.«
»Elizabeth – haben Sie so etwas schon einmal gesehen?«, fragte George.
»Ein- oder zweimal in den letzten Tagen«, gab sie zu. »Aber vorher noch nie.«
Am Klang ihrer Stimme erkannte George, dass das Licht an ihren Nerven zerrte. Es machte sie nervös und misstrauisch, wenn sie auch nicht genau wusste, weshalb – oder es nicht sagen wollte.
»Okay«, meinte Fabrini. »Ich bin neugierig. Worauf warten wir?«
Cushing zuckte die Schultern. »Na, dann los.«
20
Das blaue Licht stammte von einem Frachter.
Als sie näher kamen und er vor ihnen aus dem Nebel auftauchte, spürten sie es in ihren Eingeweiden wie eine zehrende Krankheit: Dort wartete etwas Bösartiges und Zerstörerisches. Das Schiff schien nur ein altes Wrack unter vielen hier im Nebel gestrandeten zu sein, ein Containerschiff mit großen Löchern in den Seiten und einem verrosteten, von Algen überwucherten Rumpf – aber es war noch viel mehr. Es hatte etwas düster Monolithisches an sich, etwas Unheiliges wie der vermoderte Stein über dem Grab eines Häretikers oder ein antiker Altar, auf dem Menschenopfer dargebracht wurden. Es strahlte ein Gefühl von Unheil und Wahnsinn aus. Nebelschwaden hüllten die Deckaufbauten ein. Sie krümmten und wanden sich wie Finger aus Ektoplasma.
Geht weg, schien das Schiff zu sagen, das hier geht euch nichts an. Geht, solange ihr noch könnt.
Aber sie schlugen die Warnung in den Wind.
Alle kamen mit, nur nicht Crycek, der bei Tante Elsie geblieben war. Sie stakten Elizabeths Boot durch den Algenteppich auf das Wrack zu, spürten dessen Gewicht und den unheilvollen Sog. George fühlte sich, als habe das Schiff ihn gepackt, als halte es ihn mit einer kalten Faust umklammert und lasse nicht los, bevor es alles Gute, Anständige und Menschliche aus ihm herausgequetscht hatte.
»Mein Gott«, stöhnte Pollard schließlich. »Da kriegt man ja das kalte Grausen!«
Keiner widersprach ihm.
Selbst der alte Eisenfresser Saks konnte kaum verhehlen, dass dort etwas Böses lauerte, das man fühlen, riechen und schmecken konnte.
Wenn Schiffe tatsächlich wahnsinnig werden konnten, dann traf es auf dieses sicherlich zu. Etwas stimmte ganz und gar nicht damit. Es mochte vielleicht leer sein, aber nicht unbewohnt. Und wie lange es schon einsam und verfallen im Algenmeer lag, konnte niemand sagen. Aber es würde noch weitere 100 oder gar 1000 Jahre dort treiben, ein wurmstichiger, nebelbekränzter Sarg, der auf dem Tang schaukelte und in seinem Bauch die Dunkelheit wie schwarze Erde festhielt. Ein Objekt aus Stille, Nebel und schrecklichen Erinnerungen. Wenn dort etwas hauste, dann konnte es nichts dem Verstand Zuträgliches sein. Nichts, dem man freiwillig gegenübertreten wollte.
»Das Fallreep ist unten«, stellte Saks fest.
»Genau wie bei der Cyclops «, sagte Fabrini.
Sie vertäuten das Sumpfboot und kletterten einer nach dem anderen hinauf. Sie hatten sich mit Laternen und Taschenlampen ausgerüstet. George trug die 45er, die Greenberg gehört hatte, die anderen hatten Äxte und Bootshaken dabei. Menhaus war mit einem Spieß bewaffnet.
Das Deck begrüßte sie mit einem Belag von Schleim und Schimmel, an einigen Stellen so dick wie ein Schwamm. Die Strahlen ihrer Taschenlampen wurden vom dichten Nebel verschluckt, die Laternen warfen bizarre, kriechende Schatten an die Wände. Das blaue Leuchten ging von diesem Schiff aus, so viel stand fest. Sie hatten es gesehen, als sie sich ihm näherten, aber jetzt war es schon seit zehn Minuten oder länger erloschen.
Als hätte jemand das Licht ausgeknipst, dachte George.
Der Gedanke, erneut ein altes Wrack zu erkunden, behagte keinem von ihnen sonderlich, aber da sie nun schon einmal hier waren, wollte niemand von Umkehren reden. Überall an Deck standen dicht an dicht orangefarbene Plastikkisten, offenbar am Boden befestigt. Sie blieben vor einer Reihe dieser Kisten stehen.
»Was glaubt ihr, was das für ein Zeug ist?«, fragte Fabrini.
In den Plastikkisten lagen gelbe Metallfässer. Im Licht des Nebels ließ sich die Schablonenschrift auf den Fässern leicht entziffern. VORSICHT, RADIOAKTIVITÄT! RADIOAKTIVE ABFÄLLE! Darunter prangte das Warnzeichen für radioaktive Strahlung.
»Die sind auf Deutsch beschriftet«, meinte Saks.
Cushing nickte. »Radioaktives Material«, erklärte er. »Das müssen
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