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DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition)

DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition)

Titel: DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Curran
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war, Funksignale abzuhören, ganz sicher nicht menschlicher Herkunft sein konnte.
    Und das jagte ihm eine Scheißangst ein.
    Er seufzte. Wahrscheinlich stand er kurz davor, millimeterweise seinen Verstand zu verlieren. Nachdenklich blickte er auf die träge See hinaus. Hin und wieder erblickte er einzelne Wrackteile – angekokelte Holzreste, zersplitterte Balken, die eine oder andere Kiste, aber nie mehr als das. Es sei denn, man zählte die vorbeiziehenden Tangklumpen mit, dieses halb untergetauchte Gestrüpp, das dampfte, als hätte man es gerade aus dem Kochtopf gezogen.
    »Ich denke, wir lassen uns einfach treiben.« Die Worte strömten aus Crycek heraus wie Luft aus einem angestochenen Reifen. »Lassen uns treiben und warten.«
    Aber auch das gab Cook nicht viel Hoffnung. Von Natur aus war er weder Optimist noch Pessimist. Er bewegte sich irgendwo in der Mitte, seine Mutter hatte ihn immer einen Realisten genannt. Er und Crycek konnten wochenlang von den Vorräten des Rettungsboots überleben, aber Hupp war verloren, wenn nicht bald Hilfe eintraf. Womöglich käme sie schon jetzt zu spät für ihn.
    Zu spät für sie alle.
    Noch nie im Leben hatte Cook sich so allein gefühlt.
    Er hatte schon immer als Einzelgänger gegolten. So war er nun einmal, war er immer gewesen. Er traute anderen nicht. Schon früh entschied er, dass es sich bei anderen Menschen grundsätzlich um bösartige Kreaturen handelte, die sich hinter einer Fassade aus Zivilisiertheit versteckten – wenn sie sich überhaupt die Mühe machten; viele taten nicht einmal das.
    So verrückt es zum jetzigen Zeitpunkt auch klang, aber er träumte immer noch davon, an einen verlassenen tropischen Inselstrand gespült zu werden. Er ganz allein. Niemand, der ihn störte, der ihm Ärger oder Stress machte. Nur die Natur und er. Seine Nahrung würde er sich aus dem Meer holen und nach essbaren Pflanzen und Beeren suchen. Ein einfaches Leben, für das er exakt die richtigen psychologischen Voraussetzungen mitbrachte.
    Hupp begann zu stöhnen und um sich zu schlagen.
    »Ruhig, ruhig«, sagte Crycek. »Ich halte dich fest. Alles ist gut.«
    Beim Klang seiner Stimme entspannte sich Hupp. Crycek konnte gut mit ihm umgehen, dachte Cook. Die geborene Krankenschwester. Man musste schon die richtige Sorte Mensch sein, um sich so um andere zu kümmern. Und für Crycek war es genau das, was er brauchte. Etwas braute sich in ihm zusammen, etwas Brennendes, Ätzendes, das ihn von innen heraus zerfraß. Dass er sich um seinen Kollegen kümmerte, gab ihm einen Anker, hielt ihn im Hier und Jetzt fest.
    Aber ohne das? Darüber wollte Cook lieber nicht nachdenken.
    »Du solltest es noch mal mit dem Funkgerät probieren, was meinst du?«, schlug Crycek vor. Cook war ziemlich sicher, dass etwas hinter diesen Worten lauerte, womöglich so etwas wie Sarkasmus.
    »Ja, wahrscheinlich.«
    Aber eigentlich wollte er das nicht. Es war so ziemlich das Letzte, was er wollte. Und da wurde ihm klar, dass es nur ein krankes, perverses Spiel zwischen ihnen beiden war. Sie wussten beide, dass es keine Hoffnung gab, dass die Küstenwache keine Rettungsmission ausschicken konnte, selbst wenn sie es wollte. Aber das würden sie niemals offen zugeben. Etwas hielt sie davon ab. Denn es gab kein Zurück mehr, wenn man diese Tatsachen erst einmal in Worte fasste. Wie bei der Anrufung eines Dämons aus den gestaltlosen schwarzen Tiefen des Universums – sobald man seinen Namen laut aussprach, erkannte man seine Realität an.
    Also hockte Cook sich wieder hin und setzte einen Notruf ab, und ihm fiel auf, wie verändert seine Stimme klang. War sie vorher laut und klar und nachdrücklich gewesen, so murmelte er jetzt die Worte praktisch nur noch ins Mikro, als wollte er nicht, dass ihn jemand hörte.
    »Hörst du was da draußen?«
    Cook schüttelte den Kopf. Nur toter Äther. Ein wütender Sturm aus Rauschen, das er sich als weiß und wirbelnd vorstellte, wie ein elektrischer Schneesturm. Ein gewaltiger und wirrer Laut voller Unschärfe und Reibung und Leere. Ein Laut, mit dem das menschliche Gehirn nicht zurechtkam. Es rang verzweifelt darum, etwas aus dem Rauschen herauszufiltern, etwas, womit er es identifizieren konnte. Und nach einer Weile, wenn es nichts fand, erschuf es selbst etwas, bevor es wahnsinnig wurde.
    Cook lauschte weiter, er konnte nicht anders.
    Allmählich nahm er seltsame Muster wahr. Das Rauschen klang in sanften Schwingungen auf und ab, wie ein Atmen, etwas, das Luft in die

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