DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition)
schmierig aussehenden Pusteln so groß wie Teetassen, die den Hüten von Knollenblätterpilzen ähnelten. Und das Seltsamste und Befremdlichste: Es glitzerte darauf eine rote, gallertartige Substanz, die wie Schnodder aussah.
Eventuell völlig harmlos.
Eventuell.
»He, Fabrini«, sagte Saks. »Warum springst du nicht ins Wasser und spielst ein bisschen damit herum? Nimm Menhaus mit. Ihr beiden könntet uns ja ’nen schönen Fisch fürs Abendessen fangen. Der letzte – Mann, was für ein Prachtexemplar!«
»Fick dich doch selbst.«
»Du willst was lutschen?«, fragte Saks.
Menhaus lachte nervös.
Crycek grinste nur.
Cooks und Menhaus’ Blicke begegneten sich für einen Moment, und beide dachten dasselbe: Das wird noch Ärger geben. Es lag eine Spannung in der Luft, die jeden Moment in Gewalt und Blutvergießen umschlagen konnte. Wie eine vergiftete Wunde, die jederzeit aufplatzen und die Infektion im ganzen Körper verteilen konnte – wobei in diesem Fall die Gesamtheit der Männer im Boot den Körper darstellte. Noch versteckten sie es hinter der Fassade ihrer pubertären Sticheleien, aber zwischen Saks und Fabrini brodelte es. Eine explosive Situation braute sich da zusammen. Saks blieb im Heck und Fabrini im Bug, aber früher oder später würde Saks den Mund zu voll nehmen und dann würde Fabrini sich auf ihn stürzen. In Fabrinis Augen konnte man ihn sehen: den schwärenden Hass, der nur wie ein Tiger auf den richtigen Moment lauerte, um seine Krallen auszufahren und jemandem den Bauch aufzuschlitzen.
»Klar«, sagte Crycek. »Warum fasst du das Zeug nicht an, Fabrini? Das wäre bestimmt interessant. Was meinst du wohl, was passiert, wenn du es anfasst?«
Aber Fabrini ging nicht darauf ein. Sein Lächeln wirkte wie ein glatter, gerader Schnitt. Und man konnte es in seinen Augen lesen, dass er auch von Crycek die Nase voll hatte. Vielleicht überlegte er, dass er nach Saks auch gleich Crycek fertigmachen konnte, wenn er schon mal dabei war.
Menhaus sagte: »Ich wünschte, wir würden endlich aus dieser Scheiße heraustreiben.«
»Hast du gehört, Fabrini?«, rief Saks. »Menhaus möchte, dass wir endlich aus dieser Scheiße heraustreiben. Was glaubst du, wie die Chancen dafür stehen?«
»Ungefähr so gut wie dafür, dass du irgendwo ein Stück Charakter findest«, gab Fabrini zurück.
Saks lachte laut. »Du bist großartig, Fuckbrini, du bist wirklich großartig. Warum hat dein alter Herr seine Ladung nicht in die Spüle gespritzt und uns diesen ganzen Kummer erspart?«
Das wäre es fast gewesen. Fabrinis Augen wurden dunkel und schimmernd, wie heißer Teer, der aus einer Erdspalte heraufblubberte. Cook hatte noch nie jemanden gesehen, dem die Mordgier so ins Gesicht geschrieben stand wie ihm. Doch dann verschwand dieser Blick wieder aus seinen Augen, und das Lächeln kehrte zurück, nun scharf genug, um damit eine Kehle durchzuschneiden. »Mach nur weiter so, Saks. Mach nur immer so weiter.«
»Das tue ich immer. Frag deine Mutter.«
Crycek grinste immer noch. Das Grinsen schien auf seinem Gesicht verankert zu sein wie das aufgemalte Lachen eines Clowns. »Ihr seid beide so verdammt kindisch. Ihr sitzt da und streitet, werft euch lächerliche Schimpfwörter an den Kopf, während wir immer tiefer in den Rachen der Hölle treiben. Denn da werden wir alle landen, jeder Einzelne von uns, mitten in der Hölle! Und weißt du was, Menhaus? Wir werden nie wieder rauskommen. Nie wieder!« Er begann in einem hohen, zittrigen Ton zu kichern, der eine ähnliche Wirkung besaß wie Fingernägel auf einer Wandtafel. »Genau wie ... he he ... genau wie Alice im Wunderland, nicht? Wir sind durch den Spiegel gegangen, und jetzt gibt es keinen Weg zurück. Keinen Weg zurück!«
»Halt die Fresse«, fuhr Saks ihn an. »Verdammter Vollidiot.«
»Nein, nein«, widersprach Fabrini. »Lass ihn. Er soll es sich von der Seele reden. Es ist höchste Zeit, dass jemand endlich ausspricht, was er wirklich denkt – dass jemand die Wahrheit sagt!«
»Wir sind alle überreizt«, meinte Cook.
»Halt die Klappe, Idiot«, schnauzte Saks. »Okay, Crycek. Raus damit. Seit wir an Bord gekommen sind, kaust du auf irgendwas rum, also spuck’s aus. Was willst du uns für eine bekloppte Scheiße erzählen?«
Das gefiel Crycek nicht. Es gefiel ihm nicht, als bekloppt bezeichnet zu werden, genauso wenig wie eine Prostituierte es mochte, wenn man sie Nutte nannte. Denn manchmal tut die Wahrheit nicht nur weh, manchmal verletzt
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