DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition)
Menhaus und sah zum ersten Mal wütend aus. »Das ist doch Blödsinn. Bescheuertes Seemannsgarn, mehr ist das nicht, und ihr werdet mich nicht dazu bringen, diesen Scheiß zu glauben. Was ist mit dir, Saks? Du glaubst das doch auch nicht, oder?«
Saks sah ihn an. »Ich sage nur eins: Wo auch immer wir sind, in was für eine Scheiße uns Crycek und seine dämlichen Matrosenkumpels auch immer reingeritten haben – wenn wir hergekommen sind, dann kommen wir auch wieder weg.«
Darin lag eine simple kindliche Logik, die alle nachvollziehen konnten. Sogar Fabrini nickte.
»Du hast recht«, gab er zu. »Wir müssen nur zusammenhalten und am Leben bleiben, bis wir einen Ausweg gefunden haben. Das ist es, was wir tun müssen.«
»Ganz genau«, nickte Cook.
Aber Crycek kicherte nur. »Am Leben? Am Leben? « Er sah sie an, als wären sie verrückter als er, und wahrscheinlich waren sie das ja auch. Sein grässliches Gekicher hielt an und seine gelben Zähne klapperten dazu. »Glaubt ihr tatsächlich, dass das, was da im Nebel ist, uns leben lässt? Auch ihr habt Erscheinungen gesehen, genau wie ich – monströs, bösartig, fremdartig. Sie sind da im Nebel, jetzt in diesem Moment, sie warten, sie belauschen uns. Albträume sind sie, genau wie das hier die Hölle ist. Wesen mit Zähnen und leeren Bäuchen und gelben Augen und ...«
Menhaus verpasste ihm eine Ohrfeige. Menhaus . Der sanfte, schwache, gutmütige, Witze erzählende, keiner Fliege etwas zuleide tuende Menhaus. Und es geschah fast unbeabsichtigt. Seine Hand schoss vor und schlug Crycek ins Gesicht, und es war schwer zu sagen, wen es mehr schockierte – Crycek oder Menhaus.
»Gut gemacht«, grinste Saks.
Crycek sah aus, als wollte er auf ihn losgehen und zuschlagen, aber Cook hielt ihn zurück. Das ließ er nicht zu. Er gönnte Saks nicht die Genugtuung, die anderen Männer wie Tiere aufeinandergehetzt zu haben.
»Okay«, sagte Fabrini. »Wir wissen alle, dass hier einige verrückte Sachen laufen, da sind wir uns einig. Aber ...«
»Aber was? « Crycek tobte jetzt geradezu. »Hast du es nicht kapiert? Hat es denn keiner von euch kapiert? Dieses märchenhafte Nimmerland, in dem wir uns befinden, ist eine Art Mülldeponie. Kreaturen, die zu grässlich sind, um irgendwo anders zu existieren, landen hier. Kreaturen, die Gott zu abscheulich findet oder bei denen er nicht zugeben will, dass er sie erschaffen hat, weil er sich schämt. Also landen sie hier, in dieser beschissenen Kloake. Sie leben und paaren und vermehren sich – in diesem dreckigen Loch, diesem Kessel voller Scheiße!« Wieder begann er gackernd zu lachen, doch diesmal hatte niemand die Courage, ihn zum Schweigen zu bringen. Seine Augen wirkten riesig und blutunterlaufen, die Lippen bebten, Sehnen zuckten an seinem Hals. »Das hier ist die Hölle. Hier leben böse Wesen, krabbelnd und kreischend! Ungeboren und unmenschlich! Kreaturen ohne Augen, ohne Seelen! Schleichende, gleitende, kriechende Albträume, und sie sind hier draußen, direkt bei uns! Spürt ihr sie nicht im Nebel? Spürt ihr sie nicht? Spürt ihr nicht ihren Hunger? «
»Das reicht«, sagte Fabrini. »Großer Gott, es reicht ...«
Aber es reichte noch nicht. Sie hatten Crycek dazu angestachelt, sie hatten es herausgefordert, und jetzt bekamen sie es. Sie hatten die Büchse des Wahnsinns geöffnet, und jetzt schüttete er den Inhalt über ihnen aus, besudelte sie mit der stinkenden, abscheulichen, kranken Realität, wie er sie sah. »Diese Geschöpfe ... oh Gott, ich spüre, wie sie hungern ... sie werden kommen. Daran besteht nicht der geringste Zweifel. Heute oder in der nächsten Nacht werden sie einen weiteren von uns verschlingen und dann morgen Nacht und übermorgen Nacht und in der Nacht danach! Einen nach dem anderen werden sie uns holen, und wenn ihr der Letzte seid – dann steh euch Gott bei, denn wenn ihr der Letzte seid, dann werdet ihr euch lieber die Kehle durchschneiden, als ihnen ins Gesicht zu sehen, ihnen nur ins Gesicht zu sehen ...«
Sein Verstand hatte ihn endgültig verlassen, das war unübersehbar, aber der Wirkung seiner Worte konnten sich die anderen nicht entziehen. Denn sie alle hatten Dinge gesehen und gehört. Sie hatten etwas gespürt und sich anderes eingebildet. Und was Crycek ihnen erzählte, war genau das, was auch durch ihre eigenen Köpfe spukte.
»Ihr glaubt, ich bin verrückt? Ist es das? Ihr haltet mich für verrückt?«, schäumte er, zitternd und bebend, mit wild umherzuckenden Augen.
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