DEAD SHOT
Schützen. Fünf Mann kommen schnell voran und können untertauchen, während du uns Rückendeckung gibst und die Leute zur Hölle schickst, die uns in die Quere kommen.«
»Das kann ich machen«, sagte sie und nickte leicht. »Aber ich würde lieber als Schütze mitkommen.«
»Wir haben alle unsere Probleme.«
Damaskus, Syrien
Juba war noch angeschnallt und schaute aufgeregt aus dem Fenster, als wäre er zum ersten Mal geflogen. Nachdem die Durchsagen für die Ankunft verklungen waren, setzte der Flieger sanft zur Landung an. Die Räder wurden mit einem Summen ausgefahren und arretierten. Dann berührten die Reifen die Landebahn, und die Schnauze der Maschine senkte sich, die Turbinen heulten und die Bremsen entfalteten ihre volle Wirkung. Normal, normal, alles ist normal . Seine Sinne waren hellwach, und der Druck in seinem Enddarm kam ihm gewaltig vor. Die Gefahr war noch nicht gebannt, aber er war wieder auf freundlichem Boden. Und wenn nicht freundlich, so doch gewiss nicht unfreundlich.
Als der Flieger zum Stehen kam, schnallte Juba sich wie gewohnt ab, da er sich nicht eingeengt fühlen wollte. Er wusste, dass die Passagiere am Abreiseterminal lange Wartezeiten in Kauf nehmen mussten. Reisende nach Damaskus bekamen selten Schwierigkeiten, zumal Juba das Erste-Klasse-Ticket mit Bedacht gekauft hatte, denn so durfte man als Erster von Bord und in die Zollabfertigung. Sobald er die Zollkontrolle hinter sich hatte, würde er wieder frei durchatmen können.
Die Crew öffnete nun die Türen. Die überdachte Rampe, die vom Terminal an die Maschine reichte, erinnerte an einen riesigen Wurm. »Bitte bleiben Sie auf Ihren Plätzen, bis die Türen ganz geöffnet und sicher sind«, ertönte es in drei Sprachen aus den Lautsprechern. »Die Fahrgäste in der ersten Klasse können in wenigen Augenblicken aussteigen …«
Den Rest der Durchsage bekam Juba nicht mehr mit. Drei große Männer in Zivil, die Pistolen im Anschlag, und zwei uniformierte Soldaten mit Maschinenpistolen kamen an Bord und drängten in die erste Klasse. Das Bordpersonal machte unaufgefordert Platz. Schnell war Jubas Sitz umstellt. »Sie kommen mit uns«, sagte der Anführer in einem bedrohlichen Ton, der keinen Widerspruch zuließ. Mukhabarat , schoss es Juba durch den Kopf. Geheimpolizei.
Die Männer nahmen Juba in ihre Mitte und führten ihn ab. Auf dem Weg durch den Flughafen schlossen sich ihnen noch weitere Sicherheitsbeamte an und eskortierten den Gefangenen zu einem wartenden Konvoi aus Landrovern. Polizisten auf Motorrädern fuhren mit Sirenengeheul voraus, als die Wagen den Terminal verließen und die achtzehn Meilen in die Stadt zurücklegten. Juba hörte die charakteristischen Geräusche eines Hubschraubers in der Luft. Man überließ nichts dem Zufall.
Im Fond des Wagens lehnte Juba sich zurück und dachte nach. Zwei Wachen flankierten ihn. Wollte man nun verhindern, dass er floh, oder war es vielmehr so, dass die Amerikaner ihn nicht zu fassen bekommen sollten? Die Festnahme war ein Rückschlag, aber man hatte ihn nicht grob behandelt. Der internationale Flughafen von Damaskus war eine bekannte Anlaufstelle für junge Männer, die aus anderen Ländern als Märtyrer in den Irak geschickt wurden, um Sprengladungen am Körper zu zünden oder mit Bomben bestückte Autos vor den Zielen hochgehen zu lassen. In Damaskus würde die Ankunft eines weiteren Terroristen nicht viel Besorgnis auslösen. Aber Juba rief sich in Erinnerung, dass er nicht mehr länger nur ein einfacher Terrorist war, sondern der meistgesuchte Verbrecher der Welt. Nichts war mehr sicher, nichts kalkulierbar.
Während die Landrover in die Stadt rauschten, suchte Juba nach Anhaltspunkten und konnte sich rasch orientieren, da er schon oft in Damaskus Zwischenstopp gemacht hatte. Vor einem hässlichen grauen Bürogebäude hielten die Wagen, gegenüber von einem Platz mit Palmen, einem hohen Monument und einer kleinen Moschee: der Sahat al Marje, der Platz der Märtyrer. Uniformierte Wachen rissen die Autotüren auf und bildeten einen Kordon, während die drei Agenten in Zivil Juba ins Innenministerium scheuchten. Dort führten sie ihn zwei Treppen hinauf, brachten ihn in ein nichtssagendes Büro und befahlen ihm, Platz zu nehmen und zu warten. Er fragte nach etwas Wasser, aber die Bitte wurde ignoriert.
Fast eine halbe Stunde lang saß er ruhig auf dem Stuhl vor dem Schreibtisch, blickte zum Fenster hinaus und meditierte, um seine Herzfrequenz unter Kontrolle zu
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