DEAD SHOT
längst auf eigenen Beinen stand, gut ausgebildet und präsent war, wann immer es Schwierigkeiten gab. Die neue Regierung im Land war stolz auf dieses Prestigeprojekt, und genau deshalb war die Polizeiwache ein willkommenes Ziel für Juba. Den aufkeimenden Gefühlen von Zuversicht und Sicherheit würde er einen schweren Schlag versetzen.
Gut einen Kilometer von der Wache entfernt stand ein dreistöckiges Eckhaus mit Läden und kleinen Büros. Juba parkte an der Rückseite und lief über die Treppe in das Gebäude. Keine Tür war verriegelt, da die Kaufleute ihre Kunden nicht mit geschlossenen Türen vergraulen wollten.
Die Tür zur Nähstube im oberen Stockwerk war nur angelehnt; da auch die Fenster offen standen, sorgte ein leichter Luftzug für Bewegung in den stickigen Räumen. An einer Nähmaschine saß eine Frau mittleren Alters mit faltigem Gesicht. Juba grüßte sie beim Eintreten höflich, drückte die Tür zu und schoss der ahnungslosen Frau mit der schallgedämpften Pistole zwei Kugeln in den Kopf. Schnell hängte er das handgeschriebene Schild »Geschlossen« draußen an die Tür, schloss ab, schaffte die Tote aus dem Weg und stapelte bunte Stoffballen aufeinander, um eine gute Unterlage für das Gewehr in der Nähe des geöffneten Fensters zu bekommen. Dann holte er in aller Seelenruhe das Steyr aus dem Auto, bezog Stellung in der Nähstube und spähte durch das Zielfernrohr: Groß und deutlich tauchte die Polizeistation vor ihm auf. Vor den Toren parkten einige amerikanische Humvees. Vermutlich verhandelten gerade Militärs mit der Polizei, und vermutlich ging es sogar um ihn.
Er nahm das große Gebäude am Ende der Straße in Augenschein und legte eine Entfernungstabelle an, während er abwartete. Eine Stunde später trank er einen Schluck Wasser, schaute wieder durch das Fernrohr und beobachtete die Leute, die durch das verzierte Portal der Wache kamen und gingen. Amerikanische Soldaten, wahrscheinlich die Fahrer der Humvees, plauderten mit den irakischen Polizisten. Sie lachten herzlich. Benahmen sich wie gute Freunde.
Schließlich kam Bewegung in die kleine Gruppe. Die Soldaten gaben den Polizisten zum Abschied die Hand und setzten sich hinter die Steuer der Humvees. In diesem Augenblick verließen zwei Männer die Wache, standen auf der obersten Treppenstufe am Eingangsportal. Juba zielte auf den irakischen Offizier, der eine dunkelblaue Hose und ein hellblaues Hemd mit Epauletten an den Schultern trug. Dann warf er einen letzten Blick auf die Entfernungstabelle, schaute wieder durchs Zielfernrohr und betätigte den Abzug. Der Knall hallte in der kleinen Stube wider, als Juba den heftigen Rückstoß der Waffe mit der Schulter abfederte.
Ohne weiter auf das erste Opfer zu achten, lud Juba schnell nach und zielte dann auf den zweiten Mann, einen Offizier der US Army. Er trug eine kugelsichere Weste, aber das würde ihm auch nicht helfen. Juba zielte mittig auf die Brust und schoss. Zwei Ziele am Boden.
Während er die dritte Patrone nachlud, schaute er sich nach dem nächsten Opfer um. Der Bodyguard mit der Sonnenbrille vielleicht? Der junge Wachmann in dem Unterstand? Oder eher einer der Amerikaner, die jetzt mit gezogenen Waffen aus dem Gebäude eilten? Juba ließ ein paar Sekunden verstreichen, um zu sehen, wie die Dinge sich entwickelten, ganz so, als blicke er auf die noch nicht fixierten Aufnahmen in einem Fotolabor. Ein Soldat zog den angeschossenen Offizier in die Wache. Die Waffe baumelte nutzlos von seiner Schulter, da er den Mann an beiden Handgelenken über die Stufe schleifte. War das ein Sani? Juba schoss ihm ins Herz.
Diesmal ließ er das Gewehr in dem kleinen Raum liegen, als er ging. Die Soldaten und Polizisten würden jetzt alle Leute verfolgen, die irgendetwas Verdächtiges bei sich trugen. Juba hatte Zugang zu anderen Gewehren. Draußen mischte er sich unter die Menge, die sich nun mehr und mehr auflöste, da die Leute in ihrer Angst nach Hause eilten.
COB Speicher
In gedrückter Stimmung unterhielten sich die Soldaten leise in den Kantinen und den Kasernen. Die meisten hatten das Gefühl, dass die Truppen die Kontrolle in der Region verloren. Es war längst kein Geheimnis mehr, dass der gefährliche Terrorist und Scharfschütze Juba – einst eine böse Legende unten in Bagdad – irgendwo da draußen mit einer gottverdammten Waffe umherstreifte. Inzwischen kannte zwar jeder den Namen und die Herkunft dieses berüchtigten Killers, aber allein der Name Juba wirkte
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