DEAD SHOT
bedeutete, dass das Team in einem kleinen weiß-roten Übertragungswagen würde arbeiten müssen, den der Sender zu günstigen Konditionen gemietet hatte.
Kimberley war das egal. Als sie in London die Räumlichkeiten des eigens für die königliche Hochzeit eingerichteten Pressezentrums verließ – den laminierten Presseausweis trug sie an einer Kette um den Hals – und zum Medienbereich im Kensington Park ging, fühlte sie sich zum ersten Mal in ihrem Leben wie eine richtige Reporterin.
Erst spät am Abend holte sie die Realität ein. Da Kim für keinen der großen Sender arbeitete, hatte man ihren Ü-Wagen weit von der Paradestrecke entfernt platziert, buchstäblich in der letzten Reihe. Von der Kamera aus, die oben auf dem Dach des Wagens installiert war, überblickte man den abgesperrten Bereich der unzähligen Vans. Es ärgerte Kim, dass ein zweiter weißrot lackierter Wagen derselben Firma, den ein italienischer Kabelsender gemietet hatte, einen besseren Platz fünfzig Meter weiter links ergattert hatte.
Noch nie hatte sie so viele verschiedene Medienvertreter gesehen. Britische Journalisten waren so aggressiv wie Pitbulls, hieß es. Für das große Ereignis trafen Reporter und Fernsehleute aus aller Welt ein, alle zu erkennen an den Presseausweisen. Hunderte von Berichterstattern drängten sich an den Übertragungswagen; viele der Leute kannte Kim vom Sehen, doch niemand kannte sie. Die Leute der großen Fernsehstudios hatten Plätze in der ersten Reihe bekommen! Mediengelder flossen in Strömen. Anwohner in Kensington hatten die Stadt verlassen und vermieteten ihre Wohnungen zu exorbitanten Preisen. Die Preise in den Restaurants der umliegenden Viertel verdoppelten sich, da die Reporter Spesenkonten besaßen.
Kim Drake stand oben auf ihrem Van, trank eine Tasse Kaffee und starrte hinaus auf das Meer aus Medienleuten. Sie musste sich eingestehen, dass sie hier wirklich nur ein kleiner Fisch war. Ein Guppy in einem Haifischbecken. Ich werde es denen zeigen. Ich werde es ihnen allen zeigen.
Kapitel fünf
Mittelmeer
W ie selbstverständlich und ohne Vorbehalte betrat Master Gunnery Sergeant Dawkins das makellos saubere Deck der Vagabond. Er hatte die meiste Zeit seines Lebens auf Booten und Schiffen verbracht. Es tat gut, wieder auf dem Wasser zu sein und an diesem sonnigen Montagmorgen nicht in Washington sitzen zu müssen. Dawkins war gekommen, um seinen besten Kumpel, Kyle Swanson, auf einen neuen Jagdtrip mitzunehmen. Das Gepäck ließ er gleich an Bord der Maschine, da sie bald aufbrechen würden.
Swanson, Lady Pat und Sir Jeff warteten schon am Rand der Hubschrauberlandefläche auf Dawkins und nahmen ihn mit nach achtern. Dort hatte man neben dem Pool einen Tisch gedeckt, stilecht mit weißem Porzellan, silbernem Besteck und blütenweißen Servietten. Der Schiffskoch hatte bereits zu kochen begonnen, als der Hubschrauber noch gar nicht zu sehen gewesen war, und nun trug ein weibliches Crewmitglied in weißer Schürze eine enorme Auswahl an köstlichen Speisen auf.
Dawkins machte sich über das Essen her und merkte kaum, dass die anderen nur an den Köstlichkeiten knabberten, da sie bereits das Frühstück hinter sich hatten. Während des Essens plauderte man über dies und das, doch im Grunde warteten alle nur darauf, dass Dawkins aufaß und endlich zur Sache kam. Die vier Personen am Tisch waren in vielerlei Hinsicht eine Familie, obwohl keiner mit dem anderen blutsverwandt war. Special Operation Kämpfer verband stets eine tiefe Freundschaft, und die beiden Männer kannten einander seit Jahren. Lady Pat war so etwas wie die Mutter der Kompanie.
Bereits als Teenager war Swanson den Marines beigetreten, und damals war Dawkins aufgefallen – zu jener Zeit noch Staff Sergeant –, dass der etwas linkische Junge nicht nur eine bemerkenswerte Fähigkeit im Präzisionsschießen auf große Entfernungen besaß, sondern obendrein auch im Nahkampf ein Naturtalent war. Über die Jahre hinweg, als beide nach und nach im militärischen Rang aufstiegen, blieb Dawkins Kyles Mentor und fädelte es schließlich so ein, dass sein Schützling auch außerhalb des Marine Corps für Spezialaufträge nichtmilitärischer Regierungsbehörden zum Einsatz kam.
Bei einem der interessanteren Aufträge griff Kyle gar nicht ins Kampfgeschehen ein, sondern arbeitete als Sonderberater des Pentagons einige Zeit für Sir Jeff Cornwell. Gemeinsam entwickelten sie eine neue Generation von Scharfschützengewehren, das Sir Jeff
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