DEAD SHOT
Anschläge folgen müssen, solange die Vereinigten Staaten schutzlos, verunsichert und schwankend dastanden. Warum wurden nicht überall im Land in größeren Städten Bomben gezündet, um den Feind ins Straucheln zu bringen? Angriffswille war gefragt! Nie hätte das US-Militär Zeit haben dürfen, zu Atem zu kommen. Alles Lügen und leere Versprechen. El Kaida hatte ihm nichts als Lügen aufgetischt. Für Juba konnte man militärische Erfolge nur mit beharrlicher Gewaltanwendung erreichen, aber bin Laden und al-Zawahiri glaubten an … an was eigentlich?
Juba verspürte nicht den Wunsch, im bitterkalten afghanischen Winter in irgendeiner Höhle im Tora-Bora-Komplex zu hocken und auf eine Cruise Missile zu warten. Aus dem Feldzug gegen den Westen war ein gigantisches Versteckspiel geworden, und darauf verstand sich der ehemalige Color Sergeant Jeremy Osmand, seines Zeichens Master Sniper der Royal Marines, besser als alle anderen. Er wollte nicht mehr länger in der Nähe der Taliban sein. Vielmehr beschloss er, auf einem rücksichtslosen und blutigen Pfad bis ins Herz des Feindes vorzudringen.
Nach dem Desaster auf der biochemischen Anlage im Iran schwelgte Juba zwei Tage lang im Luxus des Four Seasons Hotels in Katar und ließ sich verwöhnen, bis die Angst vor dem tödlichen Gel langsam aus seinem Bewusstsein schwand. Zu seinem Erstaunen blieb er am Leben.
Er buchte einen Lufthansaflug nach Paris mit einem kurzen Zwischenstopp in Frankfurt und nahm ein Taxi zu dem Haus im 19. Arrondissement.
Saladin war besorgt, als er Juba erblickte. Sein Ziehsohn sah aus, als habe er ein Jammertal durchschritten. »Sprich mit mir, mein Sohn«, sagte er. »Was ist geschehen?«
Juba reichte Saladin den Aktenkoffer. »Das Experiment war erfolgreich, und ich muss zugeben, dass es mir schwerfiel, hinzuschauen. Doch danach wurden wir angegriffen, und die Gasbehälter explodierten. Ich bin gerade noch mit dem Leben davongekommen.«
»Wer hat angegriffen?«
»Das weiß ich nicht. Vielleicht irgendwelche Oppositionelle, die einige der Versuchspersonen befreien wollten.« Er rieb sich die Augen. »Entkommen sind nur ich und der Hubschrauberpilot. Es war zu riskant, ihn am Leben zu lassen.«
Saladin trat ans Fenster und schaute hinaus. Es war ein heller, warmer Tag. »Kannst du weitermachen?«
»Natürlich«, sagte Juba. »Kurzzeitig hatte ich Panik, das Gas habe auch mich vergiftet. Jetzt bin ich aber wieder bereit.«
Saladin öffnete den Aktenkoffer. »Hat das alles mit der Formel zu tun?«
Juba nickte. »Ja. Die Anlage war fast leer geräumt. Die Computer und Unterlagen wurden während des Angriffs zerstört. Wir sollten diese Daten zur Einrichtung in Mexiko übermitteln. Um genug Gas für den nächsten Einsatz zu produzieren.«
»Und du bist sicher, dass du den Zeitplan einhalten wirst?«
»Ohne Zweifel«, antwortete Juba. »Ende der Woche kann ich in den USA sein.«
Das zauberte Saladin ein zufriedenes Lächeln auf die Lippen. Der Wille seines Schützlings war immer noch ungebrochen. Jeder geriet von Zeit zu Zeit einmal ins Straucheln. »Du brauchst dich nicht so zu beeilen. Ich würde dich gern eine Weile um mich haben. Wir werden uns unseren Studien widmen und uns unterhalten, damit du dich in aller Ruhe auf die nächste Mission vorbereiten kannst. Ich werde die Formel heute noch schicken, aber unser Labor in Mexiko wird Zeit brauchen, um das Gas herzustellen und zu transportieren.«
»Danke, Vater.«
»Du siehst aus, als könntest du ein paar gute Neuigkeiten gebrauchen, mein Sohn. Hör daher gut zu: Wir haben bereits sechs Interessenten für die Versteigerung. Das sind sechzig Millionen Dollar, ehe die richtige Auktion beginnt. Und ich rechne noch mit mehr Geld.«
»Sie werden uns alle aufspüren wollen.«
»Das sollen sie ruhig versuchen.« Saladin lachte. »Natürlich werden sie das tun, aber wenn du für unsere Sicherheit sorgst, werden sie alle das Nachsehen haben. Wir werden dieses Haus gemeinsam verlassen und in ein paar Tagen nach Amerika fliegen. Wenn unsere Feinde uns also haben wollen, dann müssen sie erst in die USA einreisen, doch dort wird man sehr wachsam sein. Wenn wir dann das Geld an uns genommen haben, werden wir von der Bildfläche verschwinden.«
Kapitel fünfzehn
Camp Baharia, Irak
B ei der Ankunft auf dem Stützpunkt der Marines bei Fallujah übergab Swanson das erbeutete Material an einen Spezialisten vom Geheimdienst, der schon am Hubschrauberlandeplatz wartete. Sybelle Summers war
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