DEAD SHOT
Sicherheitsvorkehrungen missachtete und von seinem privaten Anschluss aus telefonierte.« Die Echse drückte eine Taste auf dem Keyboard und stellte die Lautstärke höher. Ein zorniger und drohender Wortschwall auf Französisch drang aus den Lautsprechern, aber der Mann sprach so schnell, dass Kyle kaum etwas verstand. Der Sprecher war so aufgebracht, dass sich seine Stimme überschlug.
Die Echse reichte Sybelle und Kyle die ausgedruckte Übersetzung des Telefonats. »Wie es aussieht, hatte Ahmad einen Bruder namens Youcef, der die El-Kaida-Machenschaften in Frankreich organisierte. Youcefs Leiche wurde vor einigen Tagen in einem Kanal in Paris gefunden. Daraufhin rief Ahmad an.«
Kyle las den Text aufmerksam. Ahmad sagte, sein Bruder sei zuletzt vor einem wichtigen Treffen in seinem Haus in Paris lebend gesehen worden. Zu dem Treffen seien die Abtrünnigen Saladin und dessen Bodyguard Juba erschienen. »Sie haben ihn und die Leibwächter in seinem eigenen Haus umgebracht!«, spie Ahmad Hikmat Aseer entrüstet. »Aber damit nicht genug. Diese Schweine haben kurzerhand das Haus konfisziert und es zu ihrem eigenen erklärt.«
Er war auf Vergeltung aus und bestand darauf, dass El Kaida ein Killerkommando entsenden müsse. Erst da erkannte der andere Sprecher die Gefahr des Telefonats, warf Ahmad vor, zu unvorsichtig zu sei und hängte auf.
»Aber da war es schon zu spät. Die Jungs von der NSA hatten alles aufgezeichnet. Sie leiteten das Gespräch weiter an die CIA, und die fanden die Adresse des toten Youcef Aseer in Paris heraus.«
»Aber warum bekommen wir das Green Light? Soll sich doch die CIA damit befassen.« Sybelle überflog die Transkription erneut.
»Keine Ahnung«, sagte Freedman. »Liegt weit über meiner Gehaltsklasse. Ich könnte mir aber denken, dass es in Washington zu peinlichen Fragen kommen wird, wenn die CIA die Festnahme von Saladin vermasselt. Wie dem auch sei, General Middleton trug mir auf, Sie auf den neuesten Stand zu bringen und in die Spur zu schicken. An der Küste steht ein Militärjet bereit. Sie fliegen nach Paris.« Die letzten Worte waren an Kyle gerichtet.
»Und was ist mit mir?«, fragte Sybelle.
»Wir begeben uns an einen anderen Ort, von wo aus wir den Auftrag unterstützen können. Kyle kommt dann dorthin, sobald er die Mission erfüllt hat.«
»Wann brechen wir auf?«
»Jetzt«, antwortete die Echse.
Paris
Die Echse hatte Kyle eine Unterkunft in einem zweitklassigen Hotel in der Peripherie besorgt. Für gewöhnlich stiegen dort Firmenvertreter ab, deren Spesenkonten keine Übernachtungen in Nobelhotels erlaubten. Über den Zimmerservice bestellte sich Kyle Steak mit Salat und eine Flasche Wasser. Die Sonne ging bald unter, und er könnte aufbrechen. Dann entledigte er sich der Kleidung und duschte abwechselnd heiß und kalt.
Fünf Minuten blieb er unter dem Schwall aus dem Duschkopf. Als er sich kurz darauf abtrocknete, schaute er in den hell erleuchteten Badezimmerspiegel und stellte fest, dass er die Person, die ihn aus dem Glas ansah, nicht besonders mochte. Der Mann sah übermüdet aus, der Mund bildete eine schmale Linie, der Blick aus den blaugrauen Augen war hart und streng. Die sonnengebräunte Haut war übersät von Narben und wulstigen Stellen, an denen Schusswunden verheilten. Das zuvor von der Sonne aufgehellte Haar hatte wieder die normale braune Farbe angenommen. Er spritzte sich Wasser ins Gesicht und ging ins Bett, die Glock-17-Pistole griffbereit auf dem Nachttisch. Sind die Waffen immer noch Werkzeuge, die für mich arbeiten, oder bin ich längst zum Werkzeug der Waffen geworden? Warum stelle ich mir eigentlich diese bescheuerten Fragen? Er verschränkte die Hände hinter dem Kopf und spürte das flauschige Kissen. Ein Psychiater hätte vermutlich gesagt, er leide unter starken Depressionen. Aber Swanson glaubte, dass die Sache tiefer ging als die Diagnose der Seelenklempner. Ich glaube, ich bin nur einen Schritt davon entfernt, den Verstand zu verlieren. Ein kleiner Schritt für den Menschen, ein riesiger Sprung für mich.
Es klopfte an der Tür, und Kyle schlüpfte in einen Bademantel, griff nach der Glock und rief: »Herein.« Ein Kellner schob den Servierwagen ins Zimmer. Kyle ließ den Griff der Pistole in der Bademanteltasche los und gab dem Mann ein großzügiges Trinkgeld. Dann hängte er das Schild »Bitte nicht stören« draußen an die Zimmertür und schloss ab.
Beim Essen zappte er sich durch die Programme, schaute sich englische
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