DEAD SHOT
Opfer, ein Bodyguard.« Dann zeigte sie ihm ein weiteres Foto. »Der dritte Tote war der Fahrer. Sie haben drei Menschen massakriert und sind in die Villa gelaufen. Was folgte, waren Schüsse und die gewaltige Explosion.«
Schließlich hielt sie ihm das letzte Foto vor die Nase. »Dies hier war der Mann, der noch als Einziger im Haus war, noch ein Bodyguard. Und ich vermute, dass Sie auch ihn ausgeschaltet haben, da Sie wieder herauskamen, er aber nicht.« Carolyn Walker hörte auf zu reden und starrte Swanson an. Beim letzten Foto hatte er geblinzelt. »Was ist? Erkennen Sie diesen Mann?«
Kyle sagte kein Wort. Oh ja, den kenne ich . Während der Ruhepause nach der letzten Maßnahme hatte er ganz gleichmäßig geatmet, um genug Sauerstoff zu haben, da er ahnte, dass noch mehr Wassermassen auf ihn warteten. Als Scharfschütze hatte er gelernt, seinen Organismus in kritischen Phasen herunterzufahren. Insbesondere bei Stress kam es darauf an, ruhig zu atmen und nicht in Panik zu geraten. Das Foto hatte ihn allerdings aus seinem Atemrhythmus gebracht.
»Sie werden schon noch reden«, sagte Walker. »Früher oder später reden sie alle.« Auf ihr Handzeichen hin wurde der Stuhl wieder nach hinten gekippt, und jemand legte Kyle das Handtuch übers Gesicht.
Er hörte Wasser schwappen, als der Eimer hochgehoben wurde, holte tief Luft und zwang sich, sich zu entspannen anstatt sich zu wehren. Es geht vorüber. Es geht vorüber. Sein Gehirn zählte die Sekunden, als die Eimer ausgeschüttet wurden und das Wasser in das große Becken floss. Das Opfer sollte bei dem nassen Handtuch Angst bekommen, keine Luft mehr zu kriegen, aber das Wasser konnte nicht in Nase und Lungen dringen. Kyle hörte und fühlte alles um sich herum, aber nach der ersten Minute beschloss er, die Geräusche ganz auszublenden und nur in der Welt in seinem Kopf zu leben.
Hawaii gehörte zu seinen schönsten Erinnerungen. Für einen Moment stand er sicher auf dem Board, hatte die warme Sonne im Rücken und spürte, wie die riesige Welle sich aufbäumte, ehe die Strömung ihn einfing und nach unten riss. Hinab ging es in den tosenden, starken Sog, und eine kräftige Unterströmung drückte ihn unter einen Fels. Er glaubte, er könne nie wieder aus diesem Loch heraus, wo das grüne Wasser ihn zu töten versuchte. Zwei Minuten. Enge in der Brust. Er atmete etwas alte Luft aus, um den Druck zu lindern. Zweieinhalb Minuten.
Als das Handtuch fortgerissen wurde, schaltete Swanson seinen eigenen Rhythmus nicht aus. Nichts hatte sich geändert, außer dass er wieder frei atmen konnte. Er schaute zu den Agenten auf und brach dann in lautes, schallendes Lachen aus, während das Wasser ihm über das ganze Gesicht strömte. Wenn er in der Klemme saß, verwandelte er die schier aussichtslose Sache in ein Spiel, dem er seine Regel aufzwang. Reine Verteidigungsmaßnahme. »Kommt schon, ihr Trottel! Habt ihr nichts Besseres auf Lager? Schon Mitleid mit dem Gefangenen? Ihr verfluchten Amateure.«
Hunt und Walker stürmten aus dem Verhörzimmer. »Hast du gesehen, dass er sich diesmal nicht mal bewegt hat? Beim ersten Mal zitterte er noch wie Espenlaub«, stieß Hunt hervor.
Walker zog die Windjacke aus und warf sie verärgert über die Lehne ihres Stuhls. »Er spielt mit uns«, sagte sie. »Ich hole jetzt den Arzt, für den Fall, dass der Kerl wiederbelebt werden muss. Diesmal ersäufe ich den Bastard, wenn es sein muss.«
»Mir ist da noch etwas aufgefallen, Carolyn. Wir haben ihn fast einen ganzen Tag in der Mangel, und er hat nicht einmal nach seinem Anwalt verlangt. Jeder normale Amerikaner hätte längst nach Rechtsbeistand geschrien.«
»Jeder normale Mensch wäre längst eingeknickt. Er ist zu gut trainiert, um Stress und Schmerzen zu widerstehen. Mich beunruhigt, dass er lieber sterben will anstatt zu reden.«
»Wir setzen Chemikalien ein, um seinen Willen zu brechen.«
»Könnte tödlich enden.«
»Vielleicht.«
»Ich wünschte, wir hätten die Genehmigung.«
Dreißig Minuten vergingen, ehe die Agenten wieder den Raum betraten, diesmal gefolgt von einigen Herren in weißen Kitteln.
Medizinisches Personal, wie Kyle gleich begriff. Sofort atmete er laut ein und aus, um seine Lungen mit genügend Sauerstoff zu versorgen. Ein Arzt füllte eine Spritze mit Propofol, einer weißlichen Flüssigkeit, die Kyles Erinnerungsvermögen beeinträchtigen würde. Sobald er das Bewusstsein verlor, würde man ihm die »Milch der Amnesie« verabreichen. Dann wäre er
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