Dead Souls: Horror (German Edition)
befand sich also die Seele von Faith Conroy oder von Benjamin Conroy selbst, nach 17 Jahren jenseitiger Gefangenschaft befreit, um die Seele des eigenen Sohnes zu retten, damit die Familie sich ihrem Ziel des ewigen Lebens im Jenseits nähern konnte. Johnny erinnerte sich daran, was Henry gesagt hatte: Es handelt sich um eine Verkleidung, die das Böse für seinen selbstsüchtigen Zweck angelegt hat . Und er hatte seltsamerweise Mitleid mit ihnen, trotz ihrer Absicht, ihn zu töten. Sie haben vor, mich zu töten, weil … weil sie mich lieben und wollen, dass ich bei ihnen bin.
Rechts von ihm kämpfte sich Andrew Judson seinen Weg in das Zimmer, indem er sich mit der zerbrochenen Fensterscheibe abmühte. Er war völlig nackt, und sein Torso war eine leere Grube, die wie ein gewaltiger Mund schwarz aufgerissen war. Seine Beine waren mit getrocknetem Blut, Knorpel und Schmutz bedeckt. Henry zielte mit der Waffe auf Judson, aber seine Augen waren auf Ed und Mary Petrie gerichtet, sein entsetzter Gesichtsausdruck war eine Mischung aus Verwirrung und Angst. Henry wusste, wer diese beiden Toten waren (da er viele Jahre damit verbracht hatte, Johnny genau zu beobachten), und er war genauso verdutzt wie Johnny, wie sie so tot wie Andrew Judson hier in Wellfield landen konnten.
Johnny schluckte einen Schrei hinunter und stand auf, aber durch seine verdeckte Sicht konnte er keinen eindeutigen Weg aus dem Zimmer erkennen. Ed und Mary blockierten den Eingang, Judson das Fenster. Er nahm die einigen Meter weit entfernten Türen zum Wohnzimmer ins Visier, aber das war jetzt zu spät: Mrs. D., mit ihrem zur Seite geneigten Kopf, stand dort und griff stumpfsinnig nach dem Türpfosten, und ihr vertikaler Mund schnappte auf und zu, sie flüsterte: »Bruder.«
Andrew Judson drehte seinen Hals in Richtung Johnny. Ein Geräusch wie eine verrostete Türangel. » Bruder «, stöhnte er.
Ed und Mary Petrie sprachen gleichzeitig mit tiefen und flüsternden Stimmen: »Sohn …«
Johnny trat zitternd einen Schritt nach vorn, einigen Abstand zu den von den Toten auferstandenen Conroys haltend. Ganz kurz richtete er seine Augen auf die Blutlache. Jetzt konnte er die schlängelnden Linien erkennen, die sich aus der zackigen Kreislinie verzweigten, um zwei Wörter zu bilden:
Fünfter Nagel
»Henry!«, schrie Johnny und deutete. »Das Blut! Schauen Sie!« Sein Herz pochte jetzt so schnell, dass er die einzelnen Schläge nicht erkennen konnte, und er war sich sicher, dass es jeden Moment explodieren würde.
Henry, der versuchte, überall gleichzeitig hinzuschauen, feuerte mit der Waffe auf Andrew Judson. Die Kugel trat in seine hohle Bauchgegend ein und aus dem Rücken wieder aus, ein Loch in die Wand hinter ihm schlagend. Putz und Staub flogen überall herum.
Aber es hielt ihn nicht auf.
»Jesus Christus!«, brüllte Henry panisch und feuerte die Waffe erneut ab, dieses Mal riss sie ein Loch in Judsons Hals. Judson fiel zu Boden und schlug wie eine auf dem Rücken liegende Kakerlake um sich. Ein Schwall eitriges Sekret, so schwarz wie Öl, sickerte aus seinem Hals auf den Boden.
Johnny schrie: »Fünfter Nagel! Dort steht ›fünfter Nagel!‹« Beim Aussprechen dieser Worte schien er unter den Kleidern Gänsehaut zu bekommen.
Henry gab einen Würgelaut von sich, seine Augen richteten sich auf Johnny. »Wo, Johnny? Wo steht das?«
Johnny spürte, wie eine eindeutige und unverwechselbare Frustration in ihm aufstieg. Er drehte sich um, und seine Augen starrten Ed und Marys Augen an. Fast augenblicklich nahm er die wahren Gefühle der Seelen in den verrotteten Schalen des Paares wahr, das ihn großgezogen hatte. Er fühlte, dass sie verletzt waren, dass sie all die Jahre schrecklich gelitten hatten, inmitten der Domäne irgendeiner schrecklichen bösen Kraft gefangen, die mit dem Versprechen auf selige Ewigkeit über sie gekommen war. Sogar nach dem Tod waren sie für dumm verkauft worden und obwohl sie für das Spielen mit dem Feuer des Bösen ihre wohlverdiente Strafe erhalten hatten, hatten sie sich in Wahrheit nichts mehr gewünscht, als ihr letztes Blut mit sich ins Leben nach dem Tod zu nehmen.
Johnny rief erneut: »Dort steht ›fünfter Nagel‹! Es muss eine Nachricht sein, von Eddie! Im Blut!«
»Eddie ist nicht gekommen!«, brüllte Henry, der jetzt niedergeschlagen zu seiner von den Toten auferstandenen Frau blickte, die sich immer noch an der Tür zum Wohnzimmer festkrallte. Unerwartet drehte sich Henry um, Hass und Wut
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