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Deadline 24

Deadline 24

Titel: Deadline 24 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A John
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dann, dass sie nur noch sehr wenig Zeit in ihrem Spielleben hatten, bevor ihnen die Welt in einem Strudel wegkippte, sie selbst mitgerissen, ins Nichts katapultiert wurden und sich mit verkrampften Muskeln und schmerzendem Kopf in der Wirklichkeit wiederfanden. Noch heute habe ich Kates Stimme im Ohr: ›Verdammt, Donny‹, rief sie. ›Verdammt, das Mistding ist ausgebrochen!‹
    Natürlich wusste ich sofort, was sie damit meinte, dass unser Programm, unsere Deadline 24, die digitale Welt verlassen hatte, aber ich weigerte mich, ihr zu glauben! Das konnte nicht, das durfte nicht sein! Und doch muss auch ich die Wahrheit erkannt haben, damals schon, in der allerersten Sekunde. Ich erinnere mich noch, wie mir das Herz raste, wie ich binnen Augenblicken in Schweiß gebadet war und kein zusammenhängendes Wort mehr herausbrachte. Stammelnd faselte ich etwas von einem weiteren Reklame-Gag, einer Werbe-Show, die man lediglich vergessen hatte, uns anzukündigen. Kate hörte nicht hin, sie stürzte aus dem Wagen, der hoffnungslos im Stau verkeilt war, bahnte sich zu Fuß ihren Weg durch die Menge. Ich folgte ihr mit weichen Knien. Wir erreichten das Firmengebäude, erklommen die über hundert Stufen bis zum Konferenzsaal – die Aufzüge funktionierten nicht mehr –, und als wir völlig außer Atem oben ankamen, sahen wir uns den schreckensbleichen Gesichtern der gesamten Firmenspitze gegenüber.
    Kates böser Verdacht bestätigte sich. Das Programm, Deadline 24, hatte sich verselbstständigt. Schon seit Tagen dominierte es die Rechner, es ließ sich nicht mehr abschalten. Im Gegenteil, es breitete sich aus wie das schlimmste Virus aller Zeiten. Die Geschwindigkeit potenzierte sich von Sekunde zu Sekunde, der GAU stand bevor, der Größte aller Anzunehmenden Unfälle – dass nämlich sehr bald alle intelligenten Maschinen der Welt nur noch Deadline 24 enthalten würden.
    In Windeseile hatten die Ingenieure andere Virusprogramme geschaffen, jedoch vergeblich, Deadline 24 hatte sie sofort erkannt und vernichtet. Nun konzentrierten sich die letzten Hoffnungen auf Kate. Sie war die genialste Entwicklerin weit und breit und hatte ein Virus geschaffen, von dem sie behauptete, es mache allem und jedem den Garaus, vorausgesetzt, es sei digital. Sie hatte ihm den Namen Taifun gegeben und es in ihren privaten Dateien unter geheimen Sicherheitscodes versteckt. Wie durch ein Wunder war es noch intakt. Wir luden Taifun in unsere Chips und gingen ins Netz. ›Lasst uns das Mistding grillen!‹, rief Kate. Das war das Letzte, was ich hörte für eine sehr, sehr lange Zeit.« Windmann schwieg.
    Als er endlich weitersprach, klang Carlitas Stimmchen brüchig: »Was geschehen war, wusste ich nicht. Ich war gestorben, so viel schien klar. Aber das Leben nach dem Tod fühlte sich ganz anders an, als ich gedacht hatte. Ich war immer noch da, zersplittert in Millionen von Teilchen, zerstreut in alle Winde. Jedes dieser Teilchen machte unabhängig von den anderen seine Erfahrungen. Und alle waren ich. Und ich war allein. Zeit gab es nicht mehr. Ich kann unmöglich sagen, wie lange es währte, bis mir, oder einem Teil von mir, die Wahrheit dämmerte. Ich hatte als Einziger überlebt, besser gesagt, überdauert. Warum? Vielleicht war es ein Wunder, vielleicht hatte das Schicksal oder Gott mich in diesen Zustand versetzt, weil ich eine Aufgabe zu erfüllen hatte. Ich, nur ich, hatte die eine winzige Nanosekunde erwischt, in der die Deadline sich über die Welt warf, in der sie das gewaltige Netz der Maschinen infiltrierte, sie umdrehte, sie fortan für sich arbeiten ließ. Mein Körper war nicht mehr da, doch mein Bewusstsein, meine Erinnerungen hatten überdauert und darin eingebettet war Kates mörderisches Virus Taifun. Ich existierte in Millionen winziger, staubkornkleiner Maschinchen, die Taifun in dieser Nanosekunde erobern konnte, unbemerkt von den Wächterprogrammen der Deadline. Ich war Taifun. Und langsam, unendlich langsam, lernte ich mich zusammenzufinden, wieder eins zu werden. Der Wind wurde mein Freund und mein Versteck, mit ihm reiste ich über die Erde. Die Welt, wie sie einmal gewesen war, gab es nicht mehr. Fast alle Menschen waren tot.«
    Er schwieg. Um die Mauern brauste der Wind.
    »Wie sind sie gestorben?«, flüsterte Sally endlich.
    Windmann wischte sich die Augen. »Die meisten«, fuhr er heiser fort, »erwischte es, als sie im Netz waren, sich einklinkten, um zu erfahren, was vorging, oder als ihre Chips sich ungefragt

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