Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Deadline 24

Deadline 24

Titel: Deadline 24 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A John
Vom Netzwerk:
Funkgerät stand, kamen ihr schwere Bedenken. Sollte sie wirklich mitten in der Nacht die Terlebens anfunken und sie aus dem Schlaf reißen? Die würden sich doch bestimmt furchtbar erschrecken, wenn das Funkgerät zu solch später Stunde losging. Besser gesagt, zu solch früher Stunde. Mitternacht war mit Sicherheit längst vorüber, ein neuer Tag hatte begonnen, ihr Geburtstag! Sie war vierzehn! Herzlichen Glückwunsch, Sternchen, dachte sie, heute früh hättest du keine verschimmelte Pflaume darauf gewettet, dass du diesen Moment erlebst. Sie gähnte, bis ihr die Augen tränten, löschte das Licht und verließ die Küche.
    Ein Luftzug strich durch den Korridor und ließ die Hintertür klappern. Die stand offen, was ungewöhnlich war. Obwohl auf einer Kuppelfarm im Ödland nächtliche Einbrüche naturgemäß selten vorkamen, achtete Großvater stets darauf, dass alle Türen und Fenster während der Nacht verschlossen wurden. Hatte er es heute vergessen, weil ihm nicht wohl war? Sally wollte die Tür verriegeln, aber dann fiel ihr ein, dass dies unklug wäre. Vielleicht war einer der Gäste spät noch hinausgegangen, dann würde sie ihn aussperren. Sie zog die Tür ein wenig weiter auf und spähte hinaus.
    Der Hinterhof lag bleich im Mondlicht, Zikaden zirpten in der verkrüppelten Kiefer, zwei Glühwürmchen tanzten im Mondschatten, es roch süß nach Mutters nachtblühendem Jasmin und nach etwas anderem, etwas Bitterem, Harzigem. Teufelsgras, dachte Sally, dort sitzt jemand und raucht Teufelsgras. Die Glühwürmchen waren natürlich Zigarettenglut. Oje, wenn Großvater das wüsste! Teufelsgras zu rauchen war der schlimmste Frevel, den man auf der Farm begehen konnte. Jeden, den er dabei erwische, drohte er oft, werde er den Hybriden zum Fraß vorwerfen. Nicht mal Vigo hatte gewagt, sich davon zu bedienen. Großvater baute das Gras nur an, um es bei den Händlern gegen hochwertige Güter einzutauschen. Von allen Kostbarkeiten, die die Farm hervorbrachte, Früchte, Eier, Milchprodukte, Fleisch, war das Teufelsgras bei den Karawanenhändlern am begehrtesten. Sallys Müdigkeit war verflogen, auch sie konnte schleichen wie eine Katze, und sie wollte unbedingt wissen, wer so kühn war, gegen Großvaters heiliges Gebot zu verstoßen. Geduckt huschte sie am Kellermäuerchen entlang und kauerte sich hinter ein leeres Weinfass. Die beiden Frevler bemerkten sie nicht, obwohl sie nur die Hand hätte ausstrecken müssen, um sie zu berühren. Sally wusste genau, wer die beiden waren, hatte längst ihre raunenden Stimmen erkannt: Josie und Paul. Ihr Bruder Paul, Monnia Terlebens Verlobter, rauchte Teufelsgras mit einer fremden Frau. Na wartet, dachte sie, jetzt kriege ich meine Rache für die Frechheit am Nachmittag mit dem Eimer und den Kussgeräuschen. Sie holte tief Luft, öffnete schon den Mund, um mit tiefer, großvatermäßiger Stimme »Hab ich euch!« zu brummen, als Josie etwas sagte, das sie innehalten ließ.
    »War sie schon immer so?«, fragte Josie.
    Über wen sprachen die beiden? Etwa über Sally? Ihre Neugier war erwacht. »Nein«, antwortete Paul und sog den Rauch seiner Zigarette tief in die Lungen. »Es war eine Spuckviper«, fuhr er nach einer langen Pause fort. »Vermutlich die letzte des Ödlands. Das Mistvieh hatte sich halb tot in unsere Tunnels geflüchtet. Sie ist darüber gestolpert, und es hat sie angespuckt, nur ein bisschen, weil es schon fast tot war, aber es hat trotzdem gereicht. Es hat sie voll in die Augen getroffen.«
    Mutter! Sie sprachen von Mutter!
    »Seitdem hat sie diesen schwarzen Schleier über den Augen. Man kann nichts dagegen tun.«
    »Und euer Vater?«, fragte Josie.
    »Tot.«
    »Hybride?«
    »Hm«, sagte Paul. Sonst nichts. Dafür war Sally ihm dankbar. Niemand auf der Farm sprach über Vaters Tod.
    »Ihr habt es nicht leicht«, sagte Josie. »Immer Auge in Auge mit diesen Monstern. In Esperanza und seiner nahen Umgebung ist das Leben auch nicht unbedingt angenehm, jedenfalls für die meisten nicht, aber wenigstens gibt es keine Hybride. Die See vertreibt sie, die Gesänge der Mermaiden.«
    »Aber in Esperanza muss man sich den Lords unterwerfen«, entgegnete Paul.
    »Und ihr seid unter der Kuppel, euer ganzes Leben lang. Fühlst du dich nicht manchmal wie in einem Gefängnis?«
    »Was heißt hier manchmal«, erwiderte Paul. »Ständig fühle ich mich so.«
    »Von oben, aus der Luft, sehen die Kuppeln wie Käfige aus.«
    Paul kicherte. »Käfige! Wenn Großvater wüsste, dass du

Weitere Kostenlose Bücher