Deadline 24
seine geliebte Kuppel als Käfig bezeichnest! Die Kuppel ist sein ganzer Stolz!«
Auch Josie begann zu kichern. »Kuppel-Schnuppel!«, blödelte sie.
»Die Kuppel ist mir schnuppel«, fiel Paul ein und konnte kaum noch aufhören zu lachen.
»Scht!«, machte Josie. »Sonst wecken wir noch deinen Großvater auf. Es würde ihm bestimmt nicht gefallen, wenn er uns hier fände.«
»O nein, o nein!« Paul schüttelte den Kopf und prustete wieder los.
»Er hält euch an der kurzen Leine, was? – Aber ich sage dir«, Josie hob den Zeigefinger wie ein Lehrmeister, »Leinen muss man zerschneiden, auch wenn sie einen an geliebte Menschen fesseln. Besonders dann. Man muss gehen und sich nehmen, was man will, sonst kriegt man es nicht!«
»Genau!« Paul legte seine Hand auf ihr Bein und sah ihr tief in die Augen. »Ich will dich«, sagte er.
Das darf doch nicht wahr sein, dachte Sally, knappe vierzig Meilen weiter lag Monnia Terleben in ihrem Bett und träumte von einem neuen Hochzeitskleid.
Josie lachte. »Alle wollen mich, aber ich wähle meinen Gefährten mit Sorgfalt.«
»Hast du was mit einem aus der Crew, mit Caleb vielleicht?«
Sally spitzte die Ohren, das Gleiche hatte sie sich auch schon gefragt.
»Nö«, erwiderte Josie. »Mit keinem von denen. Denn wenn«, wieder hob sie den Zeigefinger, »wenn ich mit einem von denen was hätte, wären die anderen sauer und unsere Gemeinschaft würde zerbrechen.«
»Aber wenn Caleb kein Crew-Mitglied wäre, würdest du ihn dann zum Gefährten wählen?«
»Vielleicht«, raunte Josie und näherte ihr Gesicht dem seinen. »Vielleicht würde ich aber auch dich wählen, mein blonder Farmerjunge mit den Sternenaugen!«
Schluss jetzt, dachte Sally. Diesem verwirrten Drogengesülze muss ich ein Ende setzen!
»Seid ihr wahnsinnig?«, zischte sie und tauchte hinter dem Fass auf wie ein Rachegeist. »Teufelsgras rauchen und turteln im Hinterhof, wo Großvaters Zimmer keine zehn Meter weit entfernt ist?«
Zu Tode erschrocken und schlagartig nüchtern sprangen die beiden auf. Paul grapschte nach den Zigarettenstummeln, warf sie zu Boden und trat auf ihnen herum, als wolle er sie auf die andere Seite des Erdballs treten. Erst dann wurde ihm klar, dass es bloß seine kleine Schwester war, die da vor ihm stand.
»Sally!«, fauchte er voller Wut. »Was machst du hier mitten in der Nacht? Du solltest längst im Bett sein!«
»Willst du mich bei Großvater verpfeifen, Teufelsgrasraucher? Und was ist mit Monnia? Erinnerst du dich noch an sie? – Er ist nämlich verlobt«, wandte sie sich an Josie. »Mit Monnia Terleben.«
»Wirklich?«, fragte Josie.
Paul nickte betreten.
»Ist sie hübscher als ich?«
Paul wand sich wie ein Aal. Was er nun auch antworten würde, es wäre das Falsche. Josie lächelte spitzbübisch, ihre Augen funkelten im Mondlicht.
Sie genießt es, dachte Sally, sie ist ein Biest.
»Monnia ist in Ordnung«, kam sie ihrem Bruder zu Hilfe. »Und jetzt sammelt die Zigarettenkippen auf, sonst findet Großvater sie, wenn es hell wird, und dann ist mein Geburtstag versaut.«
»Du hast heute Geburtstag? Wie alt bist du?«
»Vierzehn«, antwortete Sally mürrisch.
»Vierzehn«, wiederholte Josie träumerisch. »Als ich vierzehn wurde, hat mir meine …« Sie brach ab und schüttelte den Kopf. »Egal. Sei mir nicht böse, Sally. Ich kann’s nicht leiden, wenn jemand böse auf mich ist. Weißt du was? Du bekommst von mir ein Geschenk, du wirst es lieben! – Später, wenn es hell ist«, fuhr sie nach einer kurzen, die Erwartung steigernden Pause fort, »nehmen wir dich im Helikopter mit, dich und Paul. Eigentlich wollten wir weiter ins Ödland hinein, aber das verschieben wir um einen Tag und machen stattdessen einen Ausflug zu dieser, äh …«
»Monnia?«
»Genau. Dann kann Paul seine Verlobte wiedersehen und wir feiern alle zusammen ein Fest. Vielleicht«, fügte sie augenzwinkernd hinzu, »ist dort ja niemand gestorben und wir dürfen tanzen. Na, was hältst du davon?«
Sally konnte gar nicht antworten, so glücklich war sie. Sie würde die Kuppel verlassen, sie würde fliegen, über das weite Land bis zu den Nachbarn. Was würden die für Augen machen, du lieber Gott im Himmel! Was würden die für Augen machen!
»Na also!«, lachte Josie.
Später, als Sally wieder im Bett lag, dachte sie, dass Josie doch kein Biest war, jedenfalls nicht ganz und gar. Manche Seiten an ihr waren schon biestig, aber andere waren total nett.
Kapitel 6
Wer Geburtstag hatte,
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