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Deadline 24

Deadline 24

Titel: Deadline 24 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A John
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Großvater,
Du hältst mich an der kurzen Leine. Aber man muss die Leinen zerschneiden, auch wenn sie einen an geliebte Menschen binden. Besonders dann. Man muss sich nehmen, was man haben will, weil man es nämlich sonst nicht kriegt. Ich will frei sein. Die Kuppel ist ein Käfig. Ich gehe fort mit Josie und den anderen. Bitte sei nicht böse, ich komme zurück. Bald.
Dein Enkel Paul.
    »Paul«, stöhnte Großvater.
    Sally war fassungslos. Wie hatte Paul das gemacht? Und wann? Bestimmt hatte er geholfen, das große Tor zu öffnen. Und dann hatte er sich irgendwie an Bord des Helikopters geschmuggelt. Vielleicht mit Josies Unterstützung, sicher sogar. Ohne Hilfe wäre ihm das nie geglückt: Wo ist Paul? – Ach, den habe ich gerade zum Haus laufen sehen, Herr Hayden. Auf Wiedersehen und schönen Tag noch!
    Biest, dachte Sally, und Paul war ein gemeiner, gewissenloser Dummkopf. Ließ sie allein, flog davon. Großvater bekam vor Kummer einen Herzanfall und sie und Mutter waren nun für die Farm verantwortlich. Wie sollte das gehen? Sie schafften es ja noch nicht einmal, Großvater auf sein Bett zu heben. Was war mit der Kuppel? Sollte Sally sie alleine überwachen und instand halten? Das war ganz und gar unmöglich! Ich bring ihn um, dachte sie grimmig. Bitte, Gott, mach, dass er heil und gesund wiederkommt, damit ich ihn umbringen kann! Unwillkürlich mussten ihre Hände stärker zugepackt haben, Großvater stöhnte schmerzvoll auf.
    »Oh, entschuldige, bitte entschuldige!« Sie versuchte, ihren Fehler wiedergutzumachen, indem sie alle Zuversicht, die sie aufbringen konnte, in ihre Stimme legte. »Er kommt zurück«, behauptete sie fest. »Vielleicht sind sie heute Abend schon wieder da. Bestimmt, ganz bestimmt sogar!«
    Sie glaubte es selbst. Caleb und die anderen würden sie nicht hängen lassen, Paul auch nicht. Was war denn schon geschehen? Paul hatte einem plötzlichen Impuls nachgegeben und flog nun ein bisschen über das Ödland. Sah sich die Kuppeln aus der Höhe an, winkte den Hybriden, flirtete mit Josie. Bald, sehr bald schon würde sein Gewissen sich melden und ihm klarmachen, wie sehr er hier auf der Farm gebraucht wurde. Selbst wenn Großvater nicht krank darniederläge, wäre die tägliche Arbeit ohne Paul nicht zu bewältigen. Das wusste er und er würde schleunigst und reuevoll zurückkommen.
    Wer Mutter nicht kannte, hätte vermuten können, Pauls Verschwinden ließe sie völlig kalt. Sie hielt nur kurz inne, als Sally ihr die Nachricht ins Ohr flüsterte, und ihre Schultern sanken etwas tiefer. Dann nahm sie ihre Tätigkeit wieder auf – massierte Großvater und flößte ihm schlückchenweise Tee ein. Aber Sally wusste, dass ihre Mutter das seltene Talent besaß, sich ganz auf das zu konzentrieren, was im Augenblick Vorrang hatte. Paul war fort, Großvater war sterbenskrank, Letzteres konnte sie vielleicht ändern. Sie gab ihm Tee, verabreichte ihm Herzmassagen, versuchte, ihn mit der geballten Kraft ihres Willens am Leben zu halten. Und sie schaffte es. Großvater starb nicht. Gegen Ende dieses langen Nachmittags durften sie es sogar wagen, ihn vom Boden auf sein Bett zu hieven. Grau und zerknittert lag Großvater zwischen den makellosen Laken, weit davon entfernt, gesund zu sein, da machte Sally sich nichts vor. Bestimmt würde er noch tagelang das Bett hüten, sich wochenlang schonen müssen, doch die schlimmste Gefahr schien vorerst gebannt. Sie erlaubte sich, vorsichtig aufzuatmen, ging in die Küche hinunter und setzte sich ans Funkgerät.
    Dann kam die nächste Enttäuschung dieses schwarzen Tages – das Funkgerät funktionierte nicht. Es lieferte Störgeräusche aller Sorten, es pfiff und schrillte, es jaulte und knatterte, aber es brachte keinen einzigen, nicht mal einen sekundenkurzen Kontakt zustande. Sally hätte schreien mögen und konnte sich gerade noch bremsen, das Mistding zu einem Haufen Schrott zusammenzutreten. Ausgerechnet heute, wo sie es so dringend brauchte, versagte es mal wieder! Sie hatte gehofft, die anderen Farmen zu erreichen, damit sie den Helikopter, wenn er über irgendeiner Kuppel auftauchte, über ihre Notlage informierten. Dann würde Paul kommen, daran zweifelte Sally keine Sekunde. Wenn Paul und die anderen wüssten, was hier los war, würden sie sofort kehrtmachen und Kurs auf die Hayden-Farm nehmen.
    Aber sie wussten es nicht. Paul dachte, er könne sich Zeit lassen. Vielleicht würde er erst in ein paar Tagen heimkommen, vielleicht erst in Wochen! Und bis

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