Deadline - Rache, wem Rache gebuehrt
doch.«
»Wir müssen reden.« Sie war verzweifelt. Mit wild hämmerndem Herzen fuhr sie über die Golden Gate Bridge. Der Verkehr war dicht, die Pendler ergossen sich zur Rushhour aus der Stadt, und Elyse konnte kaum einen klaren Gedanken fassen. In ihrem Kopf pochte es, während sie sich sagte, sie brauche nur nach Hause zu fahren, ihn wiederzusehen, ihn … ihn …
Der Wagen vor ihr bremste scharf, sie bremste ebenfalls und wäre trotzdem beinahe auf den roten Pontiac aufgefahren. Ihre Reifen rutschten auf dem nassen Pflaster. »Du Idiot!«, schrie sie, obwohl sie nur den Hinterkopf ihres Vordermanns sah, wenn die Scheibenwischer den Regen weggefegt hatten. Der Fahrer war ein Halbwüchsiger, das Handy am Ohr, und natürlich konnte er sie nicht hören. Riesige Boxen vibrierten, Rap-Musik dröhnte in die Nacht hinaus. Und er telefonierte immer noch.
»Was?«, fragte ihr Liebhaber atemlos, als wäre er eine Treppe hinaufgestiegen oder schnell gelaufen.
»Wir müssen uns treffen. Heute Abend.«
»Ich sagte doch, es ist unmöglich.«
»Du kommst«, verlangte sie, während das dämliche Kind wieder zu heulen begann. Der Kleine trieb sie in den Wahnsinn. »Ich brauche Hilfe, verdammt noch mal, und wir stecken gemeinsam in dieser Sache. Es war deine Idee.«
»Nicht alles.«
»Du warst es doch, der meinte, wir schaffen das. Sei jetzt ein Mann, um Gottes willen.« Sie war wütend, sog nervös die Wangen ein und krallte die Finger so fest ums Lenkrad, dass sie sich anfühlten, als wären sie mit dem Plastik und Metall verschmolzen.
»Du gehst zu viele Risiken ein.«
»Ich habe keine andere Wahl!«
»Wir müssen uns jetzt mal für eine Weile bedeckt halten.«
»Bedeckt halten?«, sagte sie, und ihre Stimme war fast ein Kreischen. »Bist du wahnsinnig? Wir können uns jetzt nicht bedeckt halten.«
»Du bist doch diejenige, die verrücktspielt!«
»Weil ich diejenige bin, die sich all diesen verdammten Risiken aussetzen muss. Wenn du wüsstest, was ich durchmache mit dieser Zicke! Heb gefälligst deinen Arsch zu unserem Haus«, beharrte sie, während ihr Taurus über die Brücke kroch.
»Um Himmels willen, reiß dich zusammen.«
»Ich kann nicht!«, schrie sie und hörte die Panik und die Wut in ihrer eigenen Stimme. Sie sah flüchtig ihr Gesicht im Rückspiegel und bemerkte zu ihrer Verwunderung, dass ihr Haar strähnig und unfrisiert aussah, ihr Make-up zerfloss und ihr Blick starr war, wie unter Schock. Himmel Herrgott, was war los mit ihr? Nichts. Überhaupt nichts. Es lag an allem anderen. Ja, sie war ein bisschen angespannt und nervös, aber wer wäre das nicht in ihrer Lage? Sie stand eben unter immensem Druck, und er, der Waschlappen, stand ihr nicht bei. Wo war der starke, intelligente, sexy Mann, in den sie sich verliebt hatte? »Hör gut zu, Liebster«, fauchte sie höhnisch. »Du tust besser daran, dich mit mir zu treffen, oder du siehst den Jungen nie wieder. Basta.« Sie unterbrach die Leitung, beschimpfte den Fahrer vor ihr, und als das Handy klingelte und sie auf dem Display sah, dass Jack anrief, nahm sie den Anruf nicht an. Sollte er ruhig im eigenen Saft schmoren.
Scheißkerl!
Cissy hatte sich die Scheidung also aus dem Kopf geschlagen.
Na und?
Dadurch musste sich doch nicht alles ändern!
Paternos Handy klingelte, als er den Cadillac rückwärts in eine enge Parklücke vor dem Maklerbüro manövrierte. Sybil Tomini auf dem Beifahrersitz schnappte nach Luft, weil sie schon damit rechnete, dass er mit der Stoßstange den Kühlergrill eines Range Rovers streifen würde. Er brachte den Schalthebel in Parkstellung und griff nach seinem Handy. In den letzten paar Stunden hatte er keine Anrufe entgegengenommen und musste noch ein halbes Dutzend beantworten, doch auf dem Display sah er, dass Quinn ihn zu sprechen verlangte.
»Paterno«, meldete er sich, während Sybil Tomini auf dem Nebensitz die Arme um ihren eigenen Oberkörper schlang. Er sagte: »Moment noch, Janet.« An die Maklerin gewandt, hob er einen Finger. »Ich komme gleich nach.«
Sybil kramte bereits in ihrer Tasche nach Zigaretten und Feuerzeug und nickte. »Ich suche schon mal die Akte.« Sie stieg aus dem Wagen und hatte, noch bevor die Tür zufiel, schon ihre Zigarette angezündet.
»Da bin ich wieder«, sagte Paterno zu Quinn. Es begann von neuem zu regnen.
»Ich habe vor einiger Zeit deine Nachricht erhalten«, sagte Quinn. »Du hast Marla Cahill gefunden, und sie ist tot?«
»Schon seit einiger Zeit. Kann in unseren
Weitere Kostenlose Bücher