Deadline - Toedliche Wahrheit
meine Leute zu dem Schluss kommen, dass sie sich lange genug zivilisiert verhalten haben.«
»Ihr wisst wirklich, wie man mit Gästen umgeht«, sagte Kelly. Sie klappte die Testeinheit auf und steckte die Hand hinein.
»Wir bemühen uns«, sagte ich.
Becks hatte recht bezüglich der Hand-Auge-Koordination: Das hat etwas damit zu tun, dass das Virus im Prinzip das Gehirn beiseiteschubst und die Kontrolle übernimmt. Sobald Kellis-Amberlee sich vermehrt, verlieren die Opfer erstaunlich schnell die motorische Kontrolle. Viren – selbst gentechnisch erzeugte Viren, die entwickelt werden, um das Los des Menschen zu bessern – sind nicht besonders schlau, und sie müssen keine Fahrprüfung bestehen, bevor sie bei uns ans Steuer dürfen. Zombies wissen also nicht so genau, wie man seine Finger einsetzt, und die meisten sind selbst dann etwas tollpatschig, wenn es um Aufgaben wie »Laufen« oder »Sich nicht in den Kopf schießen lassen« geht.
So ziemlich das Einzige, was ein Zombie mit verlässlicher Genauigkeit beherrscht, ist Beißen, Spucken und Kratzen. Die einfachsten Infektionswege.
Die Lichter an Kellys Testeinheit begannen gerade zu blinken, als mein Telefon erneut klingelte. Ich nahm ab, ohne extra nachzusehen, wer dran war. »Hi, Mahir!«
»Ist sie noch da?«
»Ja, sie ist noch da.« Ich beobachtete, wie die Lichter rot und wieder grün wurden und widerstand dem Drang wegzuschauen.
»Ist die Situation unter Kontrolle?«
Rot, Grün, Pause. Rot, Grün, Pause. »Ich bin mir nicht sicher. Dave und Becks zielen derzeit mit ihren Waffen auf Kellys Kopf.«
»Wie, nur die beiden?«
»Alaric hat hinter dem Sofa zu tun … «
»He!«
»… und ich dachte mir, dass ich zur Abwechslung mal versuche, der Vernünftige zu sein.«
»Wirklich? Und, wie läuft’s?«
Nicht gut , brummte George.
»Nicht schlecht«, sagte ich und wünschte mir dabei, dass ich irgendwie einen bösen Blick in meinen eigenen Kopf hätte schicken können. Die Lichter blinkten langsamer und verharrten immer länger bei Grün. »Wir sind hier drüben praktisch fertig mit dem Bluttest. Möchtest du eine Videokonferenz oder so? Langsam wird’s nämlich Zeit für die Fragestunde mit dem Doc, und vielleicht willst du ja auch was wissen.«
»Ich kann nicht.« Sein Tonfall klang ehrlich bedauernd. Als Kopf des Newsie-Ressorts war Mahir immer scharf auf Neuigkeiten, und diese Schlagzeilen wurden uns sogar frei Haus geliefert. Unter anderem deshalb war er so gut in dem, was er tat. »Das ist eine sichere Verbindung, aber wenn ich einen Videokanal aufmache, wird das Aufmerksamkeit erregen, und dann wird man mir Fragen stellen.«
»Deinem Tonfall entnehme ich, dass das derzeit keine gute Idee wäre?«
Die Lichter an Kellys Einheit verharrten bei einem klaren, steten Grün. Sie hielt sie mit einem kleinen Lächeln empor und wirkte, als hätte sie ohnehin nie Zweifel an dem Ergebnis gehabt. Dave ließ seine Waffen sinken und steckte sie zurück in die Halfter. Becks nahm erst eine ihrer Pistolen herunter, zögerte und ließ dann auch die zweite sinken. Ich bedachte sie mit einem wohlwollenden Nicken. Die Masons haben mir vielleicht nicht viel über den Umgang mit Gästen beigebracht, aber sie haben mir immerhin gesagt, dass man sie nicht erschießen sollte, solange es nicht unbedingt nötig ist.
Mahir seufzte. »Ja. Eine sehr schlechte Idee.«
»Ich habe dir gesagt, dass du sie nicht heiraten sollst, Mahir.«
»Über das Thema wird nicht mehr diskutiert.«
»Ich sage ja nur, dass du dir nicht über diesen Scheiß den Kopf zerbrechen müsstest, wenn du ein fröhliches Junggesellenleben führen würdest. Hör mal, ich muss Schluss machen – Doc Kelly hat sich gerade als sauber erwiesen, also ist es wohl an der Zeit rauszufinden, was sie hier will.«
»Ruf mich an, wenn du weißt, was los ist.«
»Alles klar«, sagte ich und legte auf.
Kelly ließ die Testeinheit sinken, da sie offenbar davon ausging, dass alle sie gesehen hatten, und sagte: »Ich bin sauber. Habt ihr einen Sondermüllbehälter, in den ich das tun kann?«
»Neben der medizinischen Ausrüstung.« Ich ging Richtung Küche. »Ich brauch eine Cola. Will sonst noch jemand was vor der Märchenstunde?«
Niemand meldete sich.
In der Küche hatte ich gerade genug Privatsphäre, um leise sagen zu können: »Könntest du dich mit deinen Einwürfen vielleicht etwas zurückhalten? Ich will nicht, dass Kelly mich für verrückt hält.« Ich hielt inne. »Zumindest noch nicht.«
Hast
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