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Deadlock

Deadlock

Titel: Deadlock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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Paige besser angezogen war als Sie. Folglich haben Sie Ihren Mann unter Druck gesetzt. Er wusste, dass sein mühsam verdientes Geld niemals ausreichen würde, und beschloss, von den Umsätzen seiner Firma den Rahm schon abzuschöpfen, ehe es in der Buchhaltung auffallen konnte. Machte er sonst noch irgendwelche krummen Touren?« »Nein, nur das mit den Rechnungen. Das hat ihm ungefähr - ungefähr hunderttausend pro Jahr eingebracht. Er - er hat's nicht bei allen Aufträgen gemacht, nur bei etwa zehn Prozent. Und dafür hat er noch Steuern gezahlt.« »Steuern gezahlt?«, wiederholte ich ungläubig.
    »Ja. Wir wollten kein Risiko mit dem Finanzamt eingehen. Es lief unter Einkünfte aus Provisionen«
    »Aber dann hat mein Vetter den Betrug entdeckt. Er studierte die Unterlagen, um sich ein Bild von der Arbeit des Geschäftsführers eines Regionalbüros zu machen, und dabei verglich er auch einige Rechnungen mit den Originalen der Aufträge.«
    »Es war entsetzlich«, schluchzte sie. »Er drohte damit, es David Argus zu sagen, und das wäre das Ende von - von Claytons Karriere gewesen. Wir hätten alles aufgeben müssen. Es wäre -«
    »Hören Sie auf«, sagte ich grob. In meiner rechten Schläfe pochte eine Ader. »Sie hatten die Wahl zwischen dem Maritime Club und dem Leben meines Vetters.«
    Sie schwieg. Ich packte sie bei den Schultern. »Antworten Sie, verdammt noch mal! Sie beschlossen, ihn umzubringen, damit Sie sich weiter Ihre teuren Fummel leisten konnten! So war es doch - oder nicht?«
    In meiner Erbitterung hatte ich sie aus dem Ohrensessel hochgezogen und schüttelte sie. Mrs Carrington stürzte ins Zimmer. »Was ist denn hier los?«, rief sie. Sie packte mich am Arm. »Höchste Zeit, dass Sie gehen. Meiner Tochter muss jede weitere Aufregung erspart werden.«
    Es gelang mir, meiner Erregung Herr zu werden. Ich entschuldigte mich bei ihr für meine Unbeherrschtheit und wandte mich an Jeannine: »Noch eine Frage, bevor ich Sie Ihrer Trauer überlasse: Welche Rolle hat Paige bei der Sache gespielt?«
    »Paige?«, flüsterte sie, während sie sich die Schultern rieb. Wieder erschien dieses kleine Lächeln auf ihrem Gesicht. »Paige sollte auskundschaften, was Champ im Schilde führte. Aber fragen Sie sie doch selbst. Nachdem sie nichts über mich ausgeplaudert hat, werde ich auch nichts über sie verraten.« »So ist's recht«, warf Mrs Carrington ein. »Ihr Mädels müsst jetzt zusammenhalten. Ihr habt ja nur noch euch.«
    »Abgesehen von einer Jacht und einer Eigentumswohnung am Astor Place«, fügte ich hinzu.

24
    Eine Frage der Taktik
    Am Straßenrand, gleich hinter der Einfahrt, musste ich mich übergeben. Terri kam auf ihrem Peugeot-Zehngang-Rennrad vorbeigesaust, während ich dastand und mir den Mund mit einem Kleenex abwischte. Champ, du bist nicht umsonst gestorben, wenn dieses Gör jetzt sein französisches Fahrrad behalten darf!
    Langsam ging ich zu meinem Auto. Ich saß lange da, ohne den Motor anzulassen.
    Champs Tod hatte ich jetzt aufgeklärt. Oder zumindest hatte sich bestätigt, was ich bereits seit Tagen vermutet hatte. Ich spürte ein scharfes Stechen im Zwerchfell. Bei jedem Atemzug schienen sich kleine Nadeln hineinzubohren. Mein Gesicht war ganz nass. Ich strich mir mit der Hand darüber - es waren Tränen.
    Nach einiger Zeit sah ich auf die Uhr: Es war eins. Im Rückspiegel gewahrte ich mein bleiches Gesicht, aus dem dunkel die grauen Augen blickten. Ich hatte schon mal besser ausgesehen! Ich startete den Wagen und wendete langsam auf der schmalen Straße. Meine Arme waren bleischwer; ich konnte sie kaum am Lenkrad halten. Vielleicht sollte ich doch Bobbys Rat befolgen und ein paar Wochen Urlaub machen. Aber vorher kamen die Grafalks dran. Die Garage befand sich links hinter dem Haus, sodass ich nicht sehen konnte, ob jemand daheim war. Ich stieg die breiten, flachen Stufen zum Eingang hinauf und klingelte. Niemand öffnete. Schon wollte ich nochmals auf den Klingelknopf drücken, da wurde die Tür von Karen, dem robusten Hausmädchen, geöffnet. Sie sah mich missmutig an. Offenbar hatte sie meinen letzten Besuch in schlechter Erinnerung.
    Ich reichte ihr meine Karte. »Ist Mrs Grafalk zu sprechen?« »Werden Sie erwartet?«
    »Nein. Ich bin Detektivin und möchte wegen Clayton Phillips mit ihr reden.« Sie schien unschlüssig, ob sie mich anmelden sollte, aber ich war nach dem Zusammenstoß mit Jeannine zu erschöpft, als dass ich es auf einen Krach mit ihr ankommen lassen wollte.

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